Delta und die Wirksamkeit der Impfstoffe – was wir darüber wissen

In den Zulassungsstudien zeigten alle derzeit verfügbaren Impfstoffe einen hohen Schutz vor dem Coronavirus: Eine doppelte Impfung mit Biontech/Pfizer reduzierte demnach das Risiko, an Corona zu erkranken, um 95 Prozent. Für den Impfstoff von Moderna lag die Schutzwirkung bei rund 94 Prozent. Zu rund 60 Prozent schützte die doppelte Impfung mit Astrazeneca – der Wert liegt etwas niedriger, ist aber ebenfalls gut. (Das bedeutet nicht, dass 60 Prozent aller Geimpften gesund bleiben, während 40 Prozent erkranken. Mehr zu der Bedeutung der Risikoreduktion lesen Sie hier.)

Allerdings: Eine Zulassungsstudie entspricht nicht immer eins zu eins der Realität. Das liegt unter anderem am Auftreten neuer Virusvarianten. Die Studien entstanden 2020 und bilden die Schutzwirkung gegen damals zirkulierende Virustypen ab. Doch mittlerweile kursieren teils andere Varianten, besonders stark verbreitet ist Delta.

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Wie gut wirken die Impfstoffe gegen Virusvarianten?

"Aktuelle Studien zeigen, dass die verfügbaren Impfstoffe auch gegen Virusvarianten wirksam sind", schreibt dazu das Robert Koch-Institut (RKI). Für die Virusvariante Alpha (B.1.1.7) seien die Auswirkungen auf die Effektivität der Impfstoffe im Vergleich zum Virus-Wildtyp "gering bis mäßig". In Deutschland lag der Anteil dieser Variante zuletzt bei zwölf Prozent. Vorherrschend ist auch hierzulande längst Delta mit 84 Prozent. 

Die Datenlage zu dieser Variante ist noch recht dünn, da sie das Infektionsgeschehen vielerorts erst seit ein paar Wochen dominiert. Einige Hinweise stimmen zuversichtlich, doch das Bild ist nicht einheitlich.

Die gute Nachricht zuerst: Kürzlich publizierte Daten aus Großbritannien zeigen, dass eine vollständige Impfung mit Biontech/Pfizer zu 88 Prozent vor einer symptomatischen Erkrankung mit Delta schützt (Alpha: 93,7 Prozent). Die vollständige Impfung mit Astrazeneca schützt zu 67 Prozent (Alpha: 74,5 Prozent).

Nach zwei Impfstoffdosen wurden bei der Delta-Variante im Vergleich zur Alpha-Variante "nur geringe Unterschiede in der Impfstoffwirksamkeit" festgestellt, schreiben die Forschenden im "New England Journal of Medicine". Deutlich reduziert war die Schutzwirkung dagegen nach nur einer Impfdosis – sie lag für beide Impfstoffe bei etwa 35 Prozent. "Eine vollständige Impfserie ist für eine gute Schutzwirkung unerlässlich", betont auch das RKI.

Daten aus Alberta, Kanada, einem Land mit einer der höchsten Impfquoten weltweit, weisen in eine ähnliche Richtung: Sie liefern Hinweise auf eine gute Wirksamkeit der Impfstoffe auch gegen Delta. Die Effektivität gegen Erkrankungen wird dort pauschal mit 91 Prozent gegen Alpha und 85 Prozent gegen Delta angegeben. In Kanada kamen vorrangig die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna zum Einsatz.

Daten aus Israel deuten in andere Richtung

Bleibt noch Israel, das Land, das bereits Ende 2020 eine groß angelegte Biontech-Impfkampagne startete. Dort deuten die Daten in eine andere Richtung: In dem Land sackte die Wirksamkeit der Impfung gegen Sars-CoV-2-Erkrankungen zeitgleich mit der Ausbreitung der Delta-Variante von zuletzt 94 Prozent auf 64 Prozent im Juni ab. Schwere Symptome oder Krankenhausaufenthalte konnten zuletzt aber immerhin noch mit einem hohen Schutz von 93 Prozent abgewehrt werden.

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Frischere Daten weisen auf ein neuerliches Absacken der Schutzwirkung in Israel hin. Sollten sich die Daten bestätigen, läge der Schutz vor schweren Verläufen aber noch immer bei hohen 91 Prozent.

Warum unterscheiden sich die Daten der Länder offenbar so stark? Andy Slavitt, US-Gesundheitsberater, sieht einen möglichen Grund in sinkenden Antikörperspiegeln. Es gebe "klare Anzeichen" dafür, dass die Spiegel etwa sechs Monate nach der zweiten Injektion abnähmen, so Slavitt auf Twitter. Unklar sei aber, ob weitere Zellen des Immunsystems – etwa B-Gedächtniszellen und T-Zellen – weiterhin Schutz böten. 

Er verwies auch darauf, dass in Israel zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt geimpft wurde. "Die Daten, die den längsten Zeitraum abdecken, stammen von den ursprünglichen 35.000 Studienteilnehmern und der israelischen Bevölkerung", so Slavitt.

Geringere Antikörperspiegel bei Älteren

Experten hatten zuletzt immer wieder die Möglichkeit von Drittimpfungen als sogenannte "Booster" ins Spiel gebracht, vor allem für bestimmte Risikogruppen und Ältere. Möglicherweise könnten davon auch Personen profitieren, die bereits zu einem frühen Zeitpunkt aufgrund ihrer Impfpriorisierung geimpft wurden. Noch lässt sich das aber nicht sicher abschätzen. Biontech plant, in Kürze umfangreichere Daten zu dieser Frage vorzulegen.

"Es gibt Gruppen, wo wir wissen, dass die Impfung nicht ganz so hohe Antikörperspiegel erzeugt hat. Das betrifft unter anderem Ältere", hatte der Immunologe Carsten Watzl kürzlich im Gespräch mit dem stern erklärt. "Sollte sich jetzt zeigen, dass die Antikörperspiegel bei diesen Personen auch noch recht schnell abfallen, müsste man sicher prüfen, ob man diese Gruppe im Herbst ein drittes Mal impft, um während des Winters einen guten Schutz zu haben."

Für das Gros der Geimpften wird eine zeitnahe Booster-Impfung nach Ansicht des Experten voraussichtlich nicht nötig sein. "Man kann davon ausgehen, dass die Mehrheit der Personen, die dieses Jahr geimpft wurde, gut durch den Winter kommt."

Wichtig wird nun sein, weitere Daten zur Effektivität der Impfstoffe gegen Delta zu erheben und zu prüfen, ob sich im zeitlichen Verlauf auch in anderen Ländern ein Absinken der Wirksamkeit abzeichnet. Beruhigend bleibt, dass die Impfstoffe weiterhin einen hohen Schutz vor schweren Verkäufen bieten. 

Quelle: RKI über Wirksamkeit der Impfstoffe

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