Expertenstreit um Bluthochdruck: Ab welchem Wert behandelt werden muss – Video

Der ideale Blutdruck liegt bei 120/70. Da sind sich Mediziner einig. Doch welcher Blutdruck als zu hoch gilt und wann er mit Blutdrucksenkern behandelt werden sollte, darüber gehen die Meinungen zwischen den USA und Europa auseinander. Eine neue Studie stärkt die europäische Position.

Hoher Blutdruck gilt als einer der größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aber was genau „hoher“ Blutdruck ist, darüber streiten die Experten seit Jahren. Es herrscht Uneinigkeit darüber, welche Werte erstrebenwert, noch normal oder behandlungsbedürftig hoch sind. In den USA wird Bluthochdruck früher behandelt als bei uns. Aber ist das auch sinnvoll?

Europäische Ärzte sehen das anders

Als Idealwert eines gesunden Blutdrucks gilt für Erwachsene 120 zu 70. US-Mediziner streben diesen Wert für alle Altersstufen an, obwohl die meisten Menschen über 50 zu höherem Blutdruck tendieren. Die europäischen Ärzte sind daher toleranter: Für ältere Menschen sind auch Werte von 140 zu 90 noch in Ordnung. Individuellen Risikofaktoren für Herz- und Gefäßerkrankungen spielen dabei eine Rolle. Erst bei Werten von über 140 zu 90 sollten Tabletten oder ein gesünderer Lebensstil den Blutdruck absenken.  

Für das American College of Cardiology liegt diese Therapieschwelle viel zu hoch. In deren Leitlinien gibt es die Kategorie „Hypertonie Stufe 1“, die behandelt werden sollte. Es handelt sich um systolische Werte zwischen 130 und 139 sowie diastolische Werte zwischen 80 und 89. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie spricht bei diesen Werten von „erhöht normalem Blutdruck“. Also: keine Therapie erforderlich.

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Leichter Bluthochdruck ist keine Gefahr

Eine Studie, die im „European Heart Journal“ publiziert wurde, stärkt die europäische Haltung und warnt vor der Übernahme der US-Leitlinie. Das Team vom Helmholtz-Zentrum München untersuchte dafür die Daten von rund 12.000 Patienten und kam zu dem Schluss: Die Behandlung von Stufe-1-Hypertonie bietet keinen Vorteil gegenüber der Nichtbehandlung. Der leichte Hochdruck birgt nach zehn Jahren kein höheres Sterberisiko als ein normaler Blutdruck unter 130 zu 80.

Studienleiter Karl-Heinz Ladwig sieht sogar eine Gefahr, wenn plötzlich sehr viel mehr Menschen als Blutdruckpatienten gelten: „Wird man offiziell mit dem Etikett ‚krank‘ versehen, wirkt sich das auf die psychische Gesundheit aus.“ Depressive Verstimmungen könnten zunehmen.

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