Warum der Super Bowl in Coronazeiten ganz anders werden wird

Mehr als 100 Millionen Zuschauer, eine spektakuläre Halbzeitshow, Parties im ganzen Land und jede Menge Chickenwings: Normalerweise ist der Super Bowl das Sport-Event der Superlative – und für die Amerikaner ein inoffizieller Feiertag. Doch wie schon an den Feiertagen im vergangenen Jahr – Fourth of July, Thanksgiving, Weihnachten – gibt es wenig Grund zu feiern.

Seit dem letzten Super Bowl hat die Corona-Pandemie mehr als 450.000 Menschen in den USA das Leben gekostet. Allein vergangene Woche starb rund alle 30 Sekunden ein Amerikaner infolge einer Infektion. Diese Ausnahmesituation wird den Super Bowl LV von allen 54 zuvor unterscheiden. Doch es gibt auch aus sportlicher Sicht Besonderheiten: Die Tampa Bay Buccaneers sind – im Finale gegen die Kansas City Chiefs – das erste NFL-Team, das in seinem Heimatstadion in Tampa, Florida spielen wird. Während am Sonntag auf dem Spielfeld alles ungefähr so wie immer aussehen wird, wird fast alles andere rund um den Super Bowl anders sein.

Unterwegs in den USA


Football wichtiger als Impeachment – das erlebte unser Reporter auf der Reise durch die USA

Teams zweimal täglich getestet

Schon die gesamte NFL Saison wurden Spieler, Trainer und Mitarbeiter jedes Teams täglich auf Covid-19 getestet. Seit sich die Buccaneers und die Chiefs am 24. Januar für das Endspiel qualifiziert haben, müssen beide Teams zweimal pro Tag einen Test machen. Die Strategie scheint jedenfalls aufzugehen: Seit mehr als drei Wochen hatten beide Mannschaften keinen positiven Fall mehr.

Wege Corona wurde auch die übliche Routine vor dem großen Tag geändert. In den vergangenen Jahren trafen die beiden gegnerischen Teams bereits eine Woche vor dem Spiel in der Super-Bowl-Stadt ein – für letzte Trainingseinheiten und Interviews mit den Medien. Um das Infektionsrisiko jedoch möglichst gering zu halten, kommen die Chiefs erst am Samstag nach Tampa – Gespräche mit Journalisten finden via Videokonferenz statt.

Super Bowl


Die erfolgreichsten Quarterbacks aller Zeiten

Wenige Zuschauer – Tribut an Medizinpersonal

Normalerweise ist der Super Bowl bereits Wochen vor Anpfiff bis auf den letzten Platz ausverkauft – selbst die Tickets, die 10.000 US-Dollar oder mehr kosten. Und das bevor überhaupt klar ist, welche Teams gegeneinander antreten. Aufgrund der Social-Distancing-Konzepte der Organisatoren wird das Raymund James Stadion jedoch mit weniger als 25.000 zugelassenen Fans nur knapp ein Drittel gefüllt sein. Damit ist es das am wenigsten besuchte Finalspiel in der Geschichte des Super Bowls.

Dafür sind dieses Jahr ganz besondere Fans mit dabei: Als Tribut an die Menschen, die in der Pandemie an vorderster Front sind, hat die NFL 7.500 Eintrittskarten an geimpfte Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen verteilt. NFL-Kommissionsmitglied Roger Goodwell sagte dazu: "Diese [Menschen] setzen weiterhin ihr eigenes Leben aufs Spiel, um anderen zu dienen, und wir schulden ihnen unsere fortwährende Dankbarkeit."

Weitere 14.500 Sitzplätze wurden regulär an Fans verkauft, 2.700 werden das Spiel in den Luxus-Logen verfolgen. Im Gegensatz zu den Teams müssen die Fans jedoch keinen Negativ-Test vorweisen. Dafür erhält jeder Fan am Eingang ein Corona-Goodie-Bag – inklusive Mundschutz und Desinfektionsmittel. Als Puffer zwischen Zuschauern und Spielfeld sind die ersten sieben Sitzreihen gesperrt und mit LED-Lichtern umwickelt. Zudem werden die Lücken zwischen den Fans mit Pappaufstellern von Menschen verschönert.

Pandemie in den USA


Mehr als an 9/11, mehr als am Omaha Beach: Was 3054 Corona-Tote an einem Tag bedeuten

Pre-Show mit Miley Cyrus und Armanda Gorman

Auch der Ablauf vor Anpfiff steht ganz im Zeichen von Corona. Bei der berühmten Pre-Show der NFL, zu der normalerweise Zehntausende Fans kommen, sind dieses Jahr nur die 7500 geimpften medizinischen Mitarbeiter zugelassen. Das Ganze wird jedoch live auf TikTok ausgestrahlt werden.

Neben Popstar Miley Cyrus dürfen sich die Fans auf Amanda Gorman freuen – die junge Poetin, die seit ihrem Auftritt bei US-Präsident Bidens Amtseinführung in aller Munde ist. In ihrem Gedicht am Sonntag soll es um die herausragenden Leistungen der "essenziellen Arbeiter" in der Pandemie gehen.

Die amerikanische Nationalhymne "Star-Spangled Banner" wird von Jazmine Sullivan und Eric Chruch gesungen und die R‘n’B-Musikerin H.E.R. wird "America The Beautiful" performen.

Lyrikerin


Gedichte beim Football – Amanda Gorman tritt beim Superbowl auf

Halbzeitshow mit „The Weeknd“ und Social Distancing

Wer es als Künstler in die Pause des Super Bowl schafft, hat eigentlich alles erreicht. Mehr Menschen als bei der kurzen Show werden ihnen vermutlich niemals wieder auf einmal zuschauen. Jedes Jahr sind es um die 100 Millionen alleine in den USA – und meistens steigt die Einschaltquote im Vergleich mit dem eigentlichen Spiel sogar noch an.

Dieses Jahr wird der kanadische Superstar-Sänger The Weeknd ("Blinding Lights") auftreten, der die Musikindustrie in den vergangenen Jahren maßgeblich mitgeprägt hat. Der 30-Jährige tritt die Nachfolge von Shakira und Jennifer Lopez an, die das Stadion beim letzten Super Bowl zum Beben gebracht haben. Dieses Jahr werden jedoch keine Menschenmengen um die Bühne auf dem Spielfeld tanzen. Aus Social-Distancing-Gründen haben die Organisatoren die Anzahl der Personen, die in der Halbzeit auf das Spielfeld dürfen, erheblich reduziert. 

Halbzeitshow


"Einfach nur WOW!": Twitter feiert den Superbowl-Auftritt von Shakira und J.Lo

Große Marken verzichten auf teure Werbespots

Grundsätzlich heißt es im US-Sport: Wenn irgendwo noch ein Sponsorenname oder eine Reklame hinpasst, wird es gemacht. Im Profi-Football richten sich sogar der Spielablauf und die Pausen zwischen den Spielzügen nach der Länge der eingeblendeten Werbungen. Doch in Pandemiezeiten gibt es auch hier Veränderungen.

Normalerweise lassen sich die größten Unternehmen ihre eigens für den Super Bowl produzierten Reklamen Millionen kosten – nicht zuletzt müssen sie schon für 30 Sekunden Sendezeit über fünf Millionen Dollar hinlegen. Doch für das 55. Football-Finale hat eine Reihe von Konzernen angekündigt, keine Spots ins Rennen zu schicken.

Unter ihnen ist neben Coca-Cola und Pepsi auch der Bierhersteller Budweiser, der das Geld eigenen Angaben zufolge lieber für Aufklärung zur Covid-19-Impfkampagne ausgeben will. Das Unternehmen kündigte den Schritt passenderweise in einem eigenen Werbevideo an, das die Widerstandsfähigkeit der USA in der Pandemie preist.

Spot mit Andy Warhol


Diese Burger-King-Werbung ist eine Sensation – und anders als alle anderen

Super Bowl LV – das nächste Superspreading-Event?

Bleibt also die Frage, ob so ein riesiges Sport-Event während eine Pandemie stattfinden muss – und damit auch für viele den Anreiz gibt sich zu treffen, um gemeinsam das Spiel zu schauen.

Laut einer repräsentativen Umfrage der Seton Hall University gaben 58 Prozent an, dass sie den Super Bowl gucken werden. Ein Viertel davon gab an, dies mit Menschen außerhalb ihres Haushalts tun zu wollen. Eine Studie der National Retail Federation ergab ebenfalls, dass 28 Prozent derjenigen, die den Super Bowl sehen wollen, planen, entweder eine Party auszurichten oder daran teilzunehmen – oder das Spiel in einer Bar zu sehen.

Sean McManus, Chef des US-Senders CBS Sports, hat dennoch eine klare Meinung: "Ich denke, Amerika braucht diesen Super Bowl. Ich denke, es ist eine Gelegenheit für das Land, zusammenzukommen. Ich denke, es wird die Menschen vereinen. Und ich denke, es kommt zur richtigen Zeit. "

Das Einzige, was jedoch sicher ist: Während Millionen von Amerikanern ein Football-Spiel verfolgen, wird die Zahl der Corona-Toten im Land weiter ansteigen.

Weitere Quellen: "The New York Times", mit dpa

Quelle: Den ganzen Artikel lesen