Großbritannien will mit einem neuen nationalen Antikörpertestprogramm ein bisschen mehr Licht ins Dunkel des Infektionsgeschehens mit dem neuartigen Coronavirus bringen. Zuerst sollen Gesundheits- und sonstiges Pflegepersonal sowie Heimbewohner in den „Genuss“ der Testungen kommen. Daneben laufen in UK mehrere Bevölkerungsstudien, die den jeweiligen Status quo auch mittelfristig im Blick behalten sollen.
Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock hat ein umfassendes Testprogramm auf Antikörper gegen das neuartige Coronavirus angekündigt. Dabei sollen zunächst bevorzugt das NHS- und das Pflegepersonal in der Sozialfürsorge sowie Heimbewohner zum Zuge kommen. Außerdem sollen Ärzte die Tests für Patienten anfordern können, wenn sie dies für angemessen halten. Das neue Programm verwendet nach Angaben des Ministeriums nur laborbasierte Antikörpertests mit CE-Kennzeichnung, die von Public Health England (PHE) bewertet wurden und nachweislich zuverlässige Ergebnisse liefern. Sie sollen nicht nur feststellen, ob jemand das Virus bereits hatte, sondern auch, welche Antikörper er als Reaktion darauf entwickelt hat.
„Heute haben wir Verträge über die Lieferung von über zehn Millionen Tests von Roche Diagnostics und Abbott Laboratories in den kommenden Monaten unterzeichnet“, gab Hancock vor einigen Tagen bekannt. Weitere Vereinbarungen mit Lieferanten über die Lieferung von Millionen von Antikörpertests auf Laborbasis sollen ausgehandelt werden.
Epidemiologische Studien zu COVID-19 in UK
Unabhängig von dem neuen Antikörpertestprogramm laufen in Großbritannien unter der Säule 4 der britischen Teststrategie bereits mehrere Forschungsarbeiten, die Erkenntnisse zur Prävalenz des Virus in der britischen Bevölkerung liefern sollen:
- Eine Studie von Public Health England (PHE) mit Namen SIREN soll feststellen, ob Antikörper auf eine Immunität gegen COVID-19 hinweisen. Hierzu wird eine Stichprobe von 10.000 Beschäftigten im Gesundheitswesen mindestens ein Jahr lang untersucht. Einzelpersonen werden regelmäßig Nasen- und Rachenabstriche sowie Blutproben entnommen, um neue akute Infektionen zu bestimmen und ihre Antikörperantwort zu messen. Die gesammelten Daten erfassen die Infektionsgeschichte und alle neuen Symptome, die im Verlauf der Studie auftreten.
- Eine weitere große Langzeitstudie des Office for National Statistics (ONS) soll die Ausbreitung von COVID-19 in der allgemeinen Bevölkerung verfolgen. Insgesamt sollen über zwölf Monate bis zu 300.000 Menschen daran teilnehmen.
- Das Imperial College und IPSOS MORI befassen sich auch mit Selbsttests auf Antikörper und zwar nach dem folgenden Protokoll: Im ersten Teil des REACT-1-Programms (Real-Time Assessment of Community Transmission) werden 100.000 zufällig ausgewählte Personen aus rund 300 lokalen Behörden in ganz England aufgefordert, Nasen- und Rachenabstriche bereitzustellen, die auf Virus-Antigene getestet werden. Im zweiten Teil des Programms (REACT-2) sollen verschiedene Antikörpertests auf ihre Genauigkeit und Benutzerfreundlichkeit zu Hause untersucht werden. Wenn sich herausstellt, dass ein Selbsttest auf Antikörper mit einem hohen Maß an Genauigkeit, Akzeptanz und Verwendbarkeit funktioniert, soll er im späteren Verlauf des Jahres 100.000 Personen zur Nutzung an die Hand gegeben werden, um die Ergebnisse zu erfassen und auszuwerten.
- Eine andere große Langzeitstudie, die die Ausbreitung des Coronavirus in der Allgemeinbevölkerung verfolgen soll, ist die von der britischen Biobank geleitete und vom Department for Health and Social Care (DHSC) unterstützte Biobank-Studie. Die bis zu 20.000 Studienteilnehmer sind Freiwillige der britischen Biobank sowie deren erwachsene Kinder und Enkel. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Regionen, Altersgruppen und sozioökonomischen Gruppen vertreten sind. Die Teilnehmer werden jeden Monat gebeten, mit einem Fingerabdruckgerät eine Blutprobe zu entnehmen und einen kurzen Fragebogen über relevante Symptome auszufüllen.
Jeder mit Symptomen kann einen Akuttest bekommen
Neben dem Antikörpertestprogramm und den Studien hat die britische Regierung auch den Zugang zu Testungen auf eine akute Infektion verbessert. Wie am 18. Mai mitgeteilt wurde, kann sich nun jedermann in England, Schottland, Wales und Nordirland testen lassen, sofern er Symptome hat. Als Schlüsselsymptom gilt dort jetzt auch eine Veränderung oder der Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns. Die Erweiterung der Testberechtigung wurde möglich, nachdem die Regierung die Kapazität des Labornetzwerks NHS/Public Health England (PHE) mehr als verdoppelt hat. Mittlerweile können 200.000 Tests pro Tag durchgeführt werden.
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