Corona-Mutanten breiten sich aus: Hier grassieren sie in Deutschland schon

Nach Mutationen des Coronavirus sucht das Robert Koch-Institut derzeit gezielt. Denn diese Virus-Mutationen könnten das weitere Infektionsgeschehen beeinflussen. Wir geben einen Überblick, welche Mutanten bekannt sind und wo in Deutschland sie bereits nachgewiesen wurden.

Sie tragen komplizierte Namen und doch haben viele Menschen sie nun schon oft gehört: B.1.1.7, B.1.351, B.1.1.28 P.1 und E484K. Alle sind Mutationen des Coronavirus. Im Dezember 2020 ist bekannt geworden, dass eine möglicherweise ansteckendere Mutation von Sars-CoV-2 in Großbritannien für das dortige starke Ausbruchsgeschehen verantwortlich sein soll. Beinahe zeitgleich kam eine weitere Mutation in Südafrika auf, kurz darauf noch eine in Brasilien.

Politiker und Wissenschaftler beobachten die Verbreitung der Mutationen mit Sorge – könnte es doch passieren, dass sie die Wirkung von Impfstoffen beeinflussen, sich schneller verbreiten oder tödlicher als das bislang bekannte Virus sind. FOCUS Online gibt einen Überblick über die verschiedenen Sars-CoV-2-Varianten – und wo sie in Deutschland bereits nachgewiesen wurden.

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B.1.1.7: Die Virus-Mutante aus Großbritannien

Ende 2020 berichteten britische Behörden erstmals von der Sars-CoV-2-Virusvariante B.1.1.7, die sich seit September 2020 in Großbritannien ausbreitet. In ersten Schätzungen hieß es, sie verursache 50 bis 70 Prozent mehr Infektionen im Vergleich zu früheren Formen. Mittlerweile sei anhand einer robusteren Datenbasis davon auszugehen, dass der Zuwachs eher bei circa 22 bis 35 Prozent liege, sagte der Charité-Virologe Christian Drosten kürzlich. Experten sind sich allerdings einig: Auch dieser geringere Prozentsatz kann die Eindämmung der Pandemie massiv erschweren.

Kürzlich hatte der britische Premierminister Boris Johnson auch von einer möglicherweise erhöhten Sterblichkeit gesprochen. Die Datenlage wird von vielen Fachleuten aber als zu dünn erachtet. Auch bei gleicher Schwere dürfte jedoch eine starke Ausbreitung der ansteckenderen Variante zu mehr Intensivpatienten und Todesfällen führen, weil eben mehr Menschen infiziert werden.

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Das Robert-Koch-Institut (RKI) schreibt über die Variante: „Hinweise auf eine verringerte Wirksamkeit der Impfstoffe gibt es bislang nicht.“ Virologe Ralf Bartenschlager versichert: „Wer eine Corona-Infektion durchgemacht hat oder geimpft ist, hat nach aktueller Datenlage eine Immunantwort, die in der Lage ist, die britische Variante zu kontrollieren und zu neutralisieren.“ Auch um die Verlässlichkeit der Tests mache er sich derzeit keine Sorgen.

Die britische Mutation ist die bislang am meisten verbreitete neue Variante in Deutschland. Neben zahlreichen Berichten über Nachweise in der gesamten Bundesrepublik weist das RKI auf folgende offizielle Zahlen hin: Mit Stand 03.02.2021 habe es Kenntnis über 77 Covid-19-Fälle mit der Linie B.1.1.7 in Deutschland. Die Fälle stammten aus zehn Bundesländern:

  • Brandenburg: 3
  • Berlin: 10
  • Baden-Württemberg: 7
  • Bayern: 6
  • Hessen: 25
  • Hamburg: 3
  • Niedersachsen: 4
  • Nordrhein-Westfalen: 7
  • Schleswig-Holstein: 1
  • Sachsen: 11

Hinweis: Die vom RKI offiziell angegebenen Zahlen weichen teilweise stark von den bislang zirkulierenden Nachweisen der Virus-Mutationen ab. Das Institut erklärt dazu:

Das RKI berichtet seit dem 2.2.2021 nur noch die Fälle, die mittels Sequenzierung bestätigt wurden. Nach einer Datenüberprüfung wurden Fälle, bei denen das Vorliegen neuer Varianten lediglich möglich oder wahrscheinlich ist, z.B. weil der Nachweis über PCR erfolgte, aus der Zählung genommen. Daher sind die aktuell berichteten Zahlen niedriger als die in den vergangenen Tagen berichteten Zahlen.

  • Lesen Sie dazu auch: Nach Berliner Mutations-Hotspot: Wo sich die Corona-Varianten hierzulande verbreitet haben

B.1.351: Die Virus-Mutation aus Südafrika

Auch über die Variante aus Südafrika wurde im Dezember erstmals berichtet. Vermutet wird, dass sie entstand, weil ein hoher Anteil der Bevölkerung schon eine Corona-Infektion durchgemacht hatte. Drosten erklärte im NDR-Podcast einmal die Infektionslage in Townships, wo Menschen in Armut eng zusammenleben und ein hoher Anteil von ihnen bereits Antikörper aufweist: „Das ist langsam eine Herdenimmunität. Das ist etwas, wo das Virus gegen Antikörper kämpfen muss, wenn es wieder neue Leute infizieren will, wenn es eine Zweitinfektion setzen will, beispielsweise. Gegen diesen Immundruck würde sich so ein Virus möglicherweise mit so einer Mutation verteidigen.“ Fachleute sprechen von einer sogenannten Escape-Mutation (Fluchtmutation).

Erste Studien zu der Mutante lassen nun vermuten, dass der Schutz durch neutralisierende Antikörper gegenüber dieser Variante reduziert sein könnte bei Personen, die an der ursprünglichen Variante erkrankt waren oder einen Impfstoff erhalten haben, der auf dieser beruht.

Laut Robert-Koch-Institut gibt es bislang zehn offiziell nachgewiesene Covid-19-Fälle mit der Mutation aus Südafrika. Sie stammen aus fünf Bundesländern:

  • Baden-Württemberg: 2
  • Bayern: 1
  • Hamburg: 1
  • Nordrhein-Westfalen: 3
  • Sachsen-Anhalt: 1
  • Sachsen: 2

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    B.1.1.28 P.1: Die Virus-Mutation aus Brasilien

    Über die brasilianische Variante existieren relativ wenige Daten. Sie zirkulierte zunächst im Amazonas. Laut RKI ähnelt sie der südafrikanischen Variante. Dass auch sie besser übertragbar ist, werde „als denkbar erachtet“. Auch eine mögliche Reduktion der Wirksamkeit neutralisierender Antikörper bei Genesenen und Geimpften bei dieser Variante steht laut RKI im Raum. Der Intensivmediziner Uwe Janssens sprach in Interviews von großen Sorgen wegen der Variante, weil sich Genesene offenbar erneut ansteckten.

    Am 22.1.2021 berichtete das Land Hessen erstmals über einen Nachweis der Variante B.1.1.28 P.1. Dieser Nachweis konnte laut RKI jedoch bislang nicht durch eine ausführliche Genomsequenzierung bestätigt werden. Weitere Fälle und Ausbrüche würden allerdings erwartet, heißt es auf den Seiten des RKI.  

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    B 1.1.6: Die Virus-Mutation aus Norwegen und Luxemburg

    Eine als norwegisch oder auch luxemburgisch bezeichnete Variante des Coronavirus ist in Deutschland erstmals in Halle entdeckt worden. Die Mutation B 1.1.6. sei bei einer Mitarbeiterin des Krankenhauses St. Elisabeth und St. Barbara nachgewiesen worden, teilte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) am Donnerstag mit. Diese Virusvariante gelte als schneller ansteckend als andere.

    Sie sei erstmals Ende 2020 in Luxemburg aufgetreten, sagte Amtsärztin Christine Gröger. Ob der Krankheitsverlauf schwerer ist als bei anderen Varianten sei nicht bekannt. Die Klinikmitarbeiterin befinde sich in häuslicher Quarantäne. Wo sie sich angesteckt hat, sei noch unklar. Als Konsequenz gälten bis auf Ausnahmen wie für die Kinderstation Quarantäneregeln sowie Besuchsverbote für das Krankenhaus, erklärte Wiegand.

    E484K: Die Mutation der Mutationen

    Mit Sorge haben britische Wissenschaftler auf eine Mutation der zunächst in England entdeckten Variante des Coronavirus reagiert. Ein Bericht der Gesundheitsbehörde Public Health England habe ergeben, dass die E484K genannte Mutation spontan in einer Handvoll Fälle aufgetaucht sei, meldete die Nachrichtenagentur PA am Dienstag.

    „Dies deutet darauf hin, dass die britische Variante nun selbstständig die E484K-Änderung entwickelt“, sagte Jonathan Stoye vom Francis Crick Institute. Nach Informationen des Senders Sky News waren 11 von 200.000 Proben betroffen. Die Mutante war zuvor bereits in der Variante aus Südafrika festgestellt worden. In Deutschland wurde E484K bislang noch nicht nachgewiesen.

    Nach Angaben des Virologen Alexander Kekulé stärkt E484K das Coronavirus gegen die Abwehrmechanismen im menschlichen Körper. „Das Virus entkommt dem Immunsystem einfacher“, sagt der Professor der Universität Halle-Wittenberg. Die Mutation betrifft wie auch andere Mutationen das sogenannte Spike-Protein, das dem Coronavirus die kronenhafte Form verleiht.

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    Antikörper gegen E484K weniger wirksam

    Antikörper seien deutlich weniger wirksam gegen die E484K-Variante, sagte Kekulé mit Verweis auf Angaben aus Brasilien und bislang weniger belastbare Berichte aus Südafrika. „Das Virus wird schlechter neutralisiert.“ Wer nach einer Corona-Infektion Antikörper gebildet habe, könne an Viren mit der E484K-Mutation leichter als am herkömmlichen Coronavirus ein zweites Mal erkranken. Die gute Nachricht sei aber, dass die Krankheitsverläufe dann in der Regel milder seien. „Wir haben dann zwar nicht das volle Sortiment, das das Virus abfängt“, erklärte der Mediziner. „Aber wir können es bremsen.“

    Die Gefahr einer Erkrankung bestehe bei E484K zwar auch nach einer Impfung, sagte Kekulé. Die mRNA-Impfstoffe böten aber deutlich besseren Schutz als eine natürliche Immunreaktion. Wie stark der Schutz durch die Impfstoffe bei E484K sinke, wisse man noch nicht, sagte der Virologe. „Vielleicht geht die Wirksamkeit nur von 95 auf 90 Prozent zurück.“ Er sei sich aber sicher, dass spätestens im Herbst neue Impfstoffvarianten nötig würden.

    Dass das Virus unabhängig an verschiedenen Orten die Mutation E484K gebildet habe, spreche dafür, dass diese einen Vorteil für das Virus habe, erklärte Kekulé. Aus seiner Sicht wäre es daher hilfreich, jetzt schnell die Risikogruppen einmal zu impfen. „Damit wir das Virus überholen.“ Die offiziellen Empfehlungen des Ständigen Impfkommission sehen aber eine zweifache Impfung pro Person vor.

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