Die Welt sucht verzweifelt nach einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2. Was für uns heute selbstverständlich ist – das Prinzip des Impfens – nahm seine ersten Anläufe jedoch ganz zaghaft. Es war ein langer und erfolgreicher Weg, den Vakzinen bislang beschritten – doch wie fing eigentlich alles an?
Wie die „Corona-Pandemie“ anschaulich zeigt, gilt die Entwicklung eines Impfstoffes als eine Art Königsweg zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Wenig verwunderlich sind daher die entsprechenden Anstrengungen, die derzeit auf der ganzen Welt und mit großem Nachdruck unternommen werden. Die forcierte Impfstoffsuche zeigt aber auch: Wir leben in einem weitgehend immunisierten Zeitalter – ein Zeitalter, in dem die Möglichkeit einer Schutzimpfung den meisten Seuchen ihren Schrecken genommen hat – mit einigen Ausnahmen wie AIDS.
Von Mensch zu Mensch übertragen und (bleibende) Immunität
Dies unterscheidet unsere Gegenwart grundlegend von früheren Epochen. Seuchen wie die Pest, die Pocken oder die Cholera galten lange Zeit als unheilvolle Geißeln, die die scheinbar schutzlos ausgelieferte Menschheit in wiederkehrenden Epidemien heimsuchten und nicht selten zu unzähligen Toten und Entstellten führten.
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Obschon über die Ursache der Infektionskrankheiten bis weit ins 19. Jahrhundert gerätselt und gestritten wurde, wusste man doch seit langer Zeit um zwei wichtige Aspekte: Zum einen wurden Seuchen von Mensch zu Mensch übertragen. Dies machte sie zu politisch wie sozialmoralisch höchst aufgeladenen Krankheiten, war ihre Verbreitung doch mit den Formen menschlichen Zusammenlebens untrennbar verwoben. Zum anderen war auch bekannt, dass das Überstehen einer Seuche, etwa der Pocken, gegen eine erneute Ansteckung (weitgehend) immun machte.
Isolation und absichtliche Infizierung mit Pockenschorf
Aus diesen basalen Kenntnissen entwickelten sich zwei wesentliche Strategien der Seuchenbekämpfung: Einerseits wurden Erkrankte isoliert (etwa in Leprahäusern), um sie als Infektionsquelle auszuschalten. Andererseits wurde bereits vor unserer Zeitrechnung versucht, Personen durch absichtliche Infektionen zu immunisieren. Wirksame Impfungen auf diesem Wege erfolgten nachweislich gegen 200 v. Chr. in China und Indien, wo man infektiösen Pocken-Schorf schnupfte oder in die Haut ritzte. Diese auch als „Variolation“ bezeichnete Technik gelangte spätestens zu Beginn des 18. Jahrhunderts nach Europa und Nordamerika, wohl über Kulturkontakte zu den Türken, die Körperflüssigkeiten leicht Infizierter nutzten, um sich auf ähnlichem Wege zu immunisieren. In der Folge wurden solche Immunisierungsstrategien wiederholt eingesetzt, zum Beispiel während der Pockenepidemie 1721 in Boston.
Infektion mit Kuhpocken schützt vor „echten“ Pocken
Nachdem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bekannt geworden war, dass auch eine überstandene Infektion mit Kuhpocken (eine milde pockenartige Erkrankung, die vor allem Rinder befällt) gegen die echten Pocken immunisiert, führte der britische Mediziner Edward Jenner ab 1796 die Impfung mittels Kuhpockenlymphe zwar nicht als erster, dafür aber mit einer gewissen Breitenwirkung ein. Von seinem tierischen Ursprung, der Kuh (lat. vacca) abgeleitet, nannte Jenner seinen Impfstoff vaccine und die Impftechnik vaccination. Noch heute wird die Impfung im Englischen allgemein als vaccination genannt, während Vakzine im Deutschen heute einen Impfstoff bezeichnet. Dies verwundert nicht weiter, wenn man sich vor Augen führt, mit welchem medizinischen Forschungseifer Jenners Beobachtungen an der Wende zum 19. Jahrhundert in Kontinentaleuropa geradezu aufgesogen und bald auch nachgeahmt wurden.
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