Ein Proteinhormon namens „Klotho“ könnte dem geistigen Abbau im Alter entgegenwirken, wie ein Test mit Rhesusaffen nahelegt. Dabei reichte schon eine einmalige Injektion dieses Proteins unter die Haut aus, um die Gedächtnisleistungen der alternden Primaten mehr als zwei Wochen lang signifikant zu verbessern. Dieses Ergebnis bestätigt frühere Studien mit Mäusen und eröffnet die Chance, dass dieses „Jungbrunnen“-Protein auch beim Menschen wirkt, wie die Forschenden in „Nature Aging“ berichten.
Auch ohne neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson lassen im Alter die geistigen Leistungen und das Gedächtnis nach. Zwar kann man diesem Abbau durch Hirntraining, eine gesunde Lebensweise und ein reges soziales Leben entgegenwirken. Ganz verhindern lässt er sich aber nicht. Die Komplexität sowohl der Alterungsprozesse wie unseres Denkorgans erschweren es Wissenschaftlern, wirksame und konkrete Ansatzstellen für effektive pharmakologische Gegenmaßnahmen oder Therapien zu finden.
Proteinhormon mit vielversprechender Wirkung
Doch in den letzten Jahren ist das sogenannte Klotho-Protein in den Fokus der Alternsforschung gerückt. Dieses körpereigene Protein sitzt in der Zellmembran verschiedener Organe, wird aber auch als Hormon ans Blut abgegeben. Es beeinflusst unter anderem
- den Insulinhaushalt
- die Signalketten für bestimmte Wachstumsfaktoren sowie
- verschiedene Rezeptorfunktionen.
Es wird bei Neugeborenen und Kleinkindern noch reichlich produziert, sein Spiegel nimmt dann aber im Laufe des Lebens kontinuierlich ab.
Das Interessante jedoch: Obwohl dieses Protein-Hormon die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann, scheint es auch das Gehirn und die geistigen Leistungen zu beeinflussen: „Studien zeigen, dass Menschen mit aus genetischen oder anderen Gründen erhöhten Klotho-Werten im Alter bessere geistige Leistungen, verzögerte neuropathologische Symptome und ein geringeres Risiko für Altersdemenz und Alzheimer haben“, berichten Stacy Castner von der Yale University in New Haven und ihre Kollegen.
Tests mit Mäusen haben zudem ergeben, dass auch eine Gabe des Klotho-Proteins mittels Spritze eine geistig verjüngende Wirkung hat: Die alten Tiere zeigten bessere geistige Leistungen, eine erhöhte synaptische Plastizität und ein verringertes Risiko für Alzheimer und andere Demenzen.
Alternde Rhesusaffen als Testfall
Könnte dieses „Jungbrunnen“-Protein demnach auch beim Menschen gegen den geistigen Abbau helfen? Um das herauszufinden, haben Castner und ihr Team dies nun zunächst an Rhesusaffen untersucht. „Rhesusaffen stimmen phylogenetisch zu 93 Prozent mit uns Menschen überein, haben also eine ähnliche genetische Diversität und demonstrieren höhere kognitive Funktionen“, erklärt das Team. „Wie der Mensch erleben Rhesusaffen mit dem Älterwerden geistigen Abbau und synaptische Veränderungen in verschiedenen Hirnregionen, darunter dem Hippocampus und dem präfrontalen Kortex.“
Für ihre Studie verabreichten die Forschenden 18 älteren Rhesusaffen eine einmalige, unter die Haut gespritzte Dosis von zehn Mikrogramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Vorher und in regelmäßigen Abständen danach ließen sie die Rhesusaffen Gedächtnistests absolvieren. Dabei mussten sich die Affen merken, in welchem von bis zu neun gleich aussehenden Behältern ein Futterstück platziert worden war. Diese Tests wurden in verschiedenen Schwierigkeitsstufen durchgeführt.
Anhaltende Wirkung schon nach einmaliger Gabe
Das Ergebnis: Schon vier Stunden nach der Klotho-Spritze zeigten sich bei den Rhesusaffen-Senioren erste Effekte. Affen schnitten in den Gedächtnistests signifikant besser ab als vorher. Bei Kontrolltieren, die nur eine Kochsalzlösung erhalten hatten, war dies hingegen nicht der Fall. Die positive Wirkung auf die Gedächtnisleistungen der Rhesusaffen hielt zudem mindestens zwei Wochen lang an. Besonders deutlich zeigte sich dies bei den Aufgaben, die das Gehirn der alternden Tiere stärker forderten.
„Zusammen belegen unsere Daten damit, dass die Gabe von Klotho die geistigen Leistungen alternder Rhesusaffen verbessern kann“, schreiben Castern und ihre Kollegen. Diese Wirkung halte weit über die Halbwertszeit des Proteins im Blut an. Dies könnte darauf hindeuten, dass dieses Protein länger wirksame Veränderungen im Hirnstoffwechsel und anderen für die kognitiven Leistungen wichtigen Funktionen verursacht.
Ähnlich positive Wirkung auch beim Menschen möglich
Nach Ansicht von Castern und ihrem Team legen diese Ergebnisse nahe, dass auch Menschen von einer Behandlung mit dem Klotho-Protein profitieren könnten. Dabei scheint es besonders vielversprechend zu sein, wenn man den für die Kindheit natürlichen Spiegel dieses Hormons im Blut wiederherstellt. Denn ergänzende Tests mit einer höheren Dosis von 20 und 30 Mikrogramm Klotho pro Kilogramm Körpergewicht brachten keine Verbesserungen gegenüber der niedrigeren Dosierung.
„Eine systemische, niedrigdosierte Klotho-Behandlung könnte sich bei alternden Menschen als therapeutisch wirksam erweisen“, so die Forschenden. Bevor dies allerdings geschieht, müssen erst noch weitere Fragen geklärt werden, betonen sie. So ist bisher ungeklärt, über welche „Boten“ das Klotho-Protein die Hirnfunktionen beeinflusst, denn selbst dringt es ja nicht bis ins Gehirn vor. Außerdem sollte untersucht werden, ob möglicherweise auch noch niedrigere Konzentrationen dieses Proteins wirken und wie lange die Wirkung maximal anhält.
Von Nadja Podbregar
Das Original zu diesem Beitrag „„Jungbrunnen-Protein“ verjüngt alterndes Gedächtnis“ stammt von scinexx.
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