Erwachsene unter 50 Jahren bekommen immer häufiger Darmkrebs – das fanden allein 2019 bereits mehrere Studien heraus. FOCUS Online erklärt, wer besonders auf sich achten sollte, welche Warnzeichen es gibt und wie Sie Ihr Risiko deutlich mindern können.
Darmkrebs trifft in einer Reihe von Ländern immer häufiger jüngere Erwachsene im Alter von unter 50 Jahren. Das ist das Ergebnis einer Studie der US-amerikanischen Krebsgesellschaft, die im Fachblatt „Gut“ veröffentlicht wurde. Die Untersuchung erfasst erstmals das Vorkommen von Darmkrebs bei 20- bis 49-Jährigen sowie bei ab 50-Jährigen weltweit. Es flossen Daten aus insgesamt 43 Ländern in die Ergebnisse ein.
Schon zuvor gab es Hinweise auf steigende Darmkrebsraten bei Erwachsenen unter 50. „Die bisherigen Studien zum Thema haben sich aber nur mit einzelnen Ländern oder Regionen beschäftigt“, erklärt der Epidemiologe und Ernährungswissenschaftler Michael Hoffmeister vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, der selbst nicht an der Studie beteiligt war.
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Deutschland liegt im oberen Mittelfeld – Zahlen "beunruhigend"
Die Anzahl der Erkrankungen in Deutschland liegt mit 7,7 erkrankten jungen Erwachsenen auf 100.000 Einwohner im oberen Mittelfeld. Damit ist das Risiko jüngerer Menschen allerdings noch immer gering im Vergleich zu dem älterer Menschen, erklärt die Studienleiterin Rebecca Siegel von der American Cancer Society in Atlanta in einer Mitteilung der Krebsgesellschaft. Dennoch: „Die Zahlen bei jüngeren Erwachsenen sind sehr beunruhigend“, sagt Hoffmeister.
Aufhorchen lässt vor allem die Entwicklung innerhalb eines Jahrzehntes, die in der Studie für 36 Länder gezeigt wurde. In 14 Ländern blieb die Darmkrebsrate bei unter 50-Jährigen stabil, in drei Ländern ging sie zurück und in 19 Ländern stieg sie an. Neun dieser 19 Länder – allesamt Staaten mit vergleichsweise hohen Einkommen – verzeichnen gleichzeitig mit dem Anstieg bei Jüngeren sinkende oder konstante Fallzahlen bei Älteren: Australien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Kanada, Neuseeland, Schweden, Slowenien und die USA.
Westliche Lebensweise als Grund für Veränderung der Zahlen?
Über die Ursachen des Trends bei Jüngeren weiß man noch wenig. Die Studienautoren diskutieren veränderte Lebens- und Ernährungsstile, weil in vielen Ländern westliche Lebensweisen angenommen werden und stark verarbeitete Lebensmittel und Fastfood sich zunehmend verbreiten. Auch häufige Antibiotikagaben an Kinder stehen unter Verdacht.
„Besonders plausibel ist unter den diskutierten Ursachen das Übergewicht“, sagt Epidemiologe Hoffmeister. Dennoch sei auch das noch Spekulation. „Im Moment sind aber begründete Vermutungen in alle Richtungen hilfreich, weil auf ihnen weitere Studien aufbauen können, um die zugrundeliegenden Faktoren zu identifizieren und Maßnahmen zu ergreifen.“
Junkfood plus Sitzen fördern den Darmkrebs
Bereits Anfang des Jahres untersuchten Wissenschaftler ebenfalls den Anstieg der Darmkrebsrate bei jungen Erwachsenen. In ihren in den Fachzeitschriften „Lancet Gastroenterology & Hepatology“ und „Gut“ veröffentlichten Studien haben auch sie sich nicht mit den Ursachen für diese Entwicklung beschäftigt. Naheliegend scheint den Experten jedoch ebenfalls die Kombination aus ungesunder Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel schon in der Kindheit als Nährboden für Darmkrebs in jungen Jahren.
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass ein hoher Fleischkonsum, Fast Food, Fertiggerichte und alle stark verarbeiteten Lebensmittel der Darmgesundheit schaden – besonders dann, wenn sie frische Lebensmittel mit Vitaminen, Antioxidantien und Ballaststoffen vom Speiseplan verdrängen.
Darmkrebs bei älteren Menschen rückläufig – dank guter Vorsorge
Den Rückgang bei Älteren in vielen Industrieländern erklärt sich Hoffmeister so: „Das Darmkrebs-Screening, das in vielen Ländern für ältere Erwachsene etabliert ist, spielt bei diesem Rückgang eine große Rolle.“
Werden durch die Stuhluntersuchungen und Darmspiegelungen, zu denen beispielsweise in Deutschland ab dem Alter von 50 Jahren aufgerufen wird, Krebsvorstufen festgestellt und entfernt, so lassen sich Darmkrebsfälle vermeiden.
In den meisten Industrieländern wird das Screening ab einem Alter von 50 bis 60 Jahren angeboten. „Eine Vorverlegung des Screenings wird international intensiv diskutiert“ sagt Hoffmeister. FOL
Junge Menschen mit erhöhtem Risiko sollten früher zum Screening gehen
Die Autoren der aktuellen Studie empfehlen, dass Ärzte Patienten unter 50, bei denen Darmkrebs in der Familie aufgetreten ist oder die selbst Symptome zeigen, vorsorglich mit den etablierten Screeningmethoden untersuchen sollten. Diese Empfehlung gilt auch schon offiziell in vielen Ländern, etwa in Deutschland.
Darmkrebs erkennen: Das sind die ersten Anzeichen
Erste Symptome einer Darmkrebserkrankung sind – wie bei den meisten Krebserkrankungen – eher unspezifisch. Immer wiederkehrende Bauchschmerzen können ein erstes Signal sein, ebenso wie anhaltende Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Auch Blut im Stuhl oder eine Verfärbung dessen sind erste Zeichen. Äußerlich kann sich der Darmkrebs durch Blässe und Abgeschlagenheit bemerkbar machen sowie durch einen Gewichtsverlust.
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Lebensstil senkt das Risiko, überhaupt Krebs zu bekommen
Um generell das Risiko zu verringern, an Krebs zu erkranken, ist der Lebensstil besonders wichtig. Bis zu 50 Prozent aller Krebserkrankungen gehen auf einen ungesunden Lebensstil zurück, schätzen Experten des Deutschen Krebsforschungsinstituts (DKFZ). Das heißt: Jeder kann einiges tun, um vorzubeugen.
Experten sprechen von 40 bis 50 Prozent vermeidbaren bösartigen Tumoren durch Faktoren, die jeder verändern kann. Krebsexperten aus ganz Europa haben dafür den „Europäischen Krebs-Kodex“ erstellt. Hier sind einige der wichtigsten Regeln:
1. Rauchen Sie nicht
Der Gefahrenfaktor Nummer eins ist Tabakrauch. Seine karzinogenen Stoffe erhöhen nicht nur das Lungenkrebsrisiko. Mit jeder Zigarette steigt die Gefahr für andere Tumore, etwa in Mund- und Rachenraum, Magen oder der Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse, Harnblase oder Niere.
2. Vermeiden Sie Übergewicht
Fast ebenso schwerwiegend wie Rauchen ist der Risikofaktor Übergewicht. Dass ein erhöhter Körperfettanteil das Risiko für mindestens elf Krebsarten erhöht, sehen die Experten des Deutschen Krebsforschungsinstituts (DKFZ) als erwiesen an.
3. Bewegen Sie sich täglich
Es ist außerdem sicher, dass körperliche Aktivität das Risiko für Dickdarmkrebs und wahrscheinlich für Brust- und Gebärmutterkörperkrebs senkt. Der Kodex rät täglich zu mindestens 150 Minuten moderater Bewegung oder 75 Minuten intensiver körperlicher Aktivität.
4. Essen Sie Obst und Gemüse, vermeiden Sie stark verarbeitete Fleischwaren
„Fünf am Tag“ – diese Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die uns zu fünf Portionen Obst und Gemüse rät, ist gleichzeitig eine einfache Anti-Krebs-Regel. Wurst sowie stark verarbeitetes und rotes Fleisch finden sich seit 2015 auf der Liste der potenziell krebserregenden Stoffe. Die Wissenschaftler der Krebsforschungsagentur der WHO raten deswegen dazu, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu essen.
5. Trinken Sie wenig Alkohol
Zwei Drinks am Tag für Männer, ein Drink für Frauen – mehr genehmigt der Europäische Krebs-Kodex nicht. Wer regelmäßig mehr Alkohol trinkt, erhöht sein Risiko für Leberkrebs und alle Tumorarten des Verdauungstrakts.
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6. Meiden Sie krebserregende Stoffe
Umweltschadstoffe wie Feinstaub oder manche Chemikalien können Tumore der Lunge, der Blase oder der Haut auslösen. Auch Röntgenstrahlen sind riskant. Vermeiden Sie daher häufige Röntgen-Untersuchungen, verzichten Sie auf lange Spaziergänge, wenn die Feinstaub-Werte hoch sind, und achten Sie zum Beispiel auf Mineralöl in Kosmetika, verbranntes Fleisch beim Grillen oder Ihren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln.
So sorgen Sie für einen gesunden Darm
Wer sich langfristig falsch ernährt, macht sich anfälliger für Infekte. Darüber hinaus können chronische Entzündungen des Darms entstehen, das Risiko für Darmkrebs und auch Leberzirrhose steigt.
Das heißt: Im Idealfall vermehrt das richtige Essen die guten Bakterien und dämmt die schlechten ein.
„Denn Bakterien im Darm sprechen mit dem Immun- und Nervensystem“, sagt Thomas Frieling, Leiter der Klinik für Innere Medizin und Neurogastroenterologie an der Helios Klinik Krefeld. Diese Struktur werde durch die Nahrung beeinflusst. Gesunde Ernährung stärkt also die Darmschleimhaut.
Diese Lebensmittel zerstören die Darmschleimhaut
- Einfacher Zucker aus Weißmehl und raffiniertem Zucker: Die meisten Menschen lieben Brezen, Schokolade oder Gummibärchen. Das Problem: Auch die Bakterien tun das. Und gerade die, die den einfachen Zucker aufspalten, vermehren sich mit diesen Leckereien sehr schnell. „Das verdrängt wiederum die Spezialisten für die komplizierteren Zucker“, erklärt Andreas Schwiertz, Leiter Forschung und Entwicklung, Molekularbiologie am Institut für Mikroökologie.
- Vermeiden Sie zu viel Gepökeltes, Geräuchertes und stark verarbeitete Wurstwaren: Diese Lebensmittel sind auf der Liste der krebserregenden Stoffe gelandet, weshalb generell gilt, nicht mehr als 500 Gramm rotes Fleisch pro Woche zu essen. Dennoch dämpft der Neurogastroenterologe Frieling die „vorhandene Hysterie“: „Eine geräucherte Wurst ist ja auch ein Stück Lebensqualität, aber Sie sollten nicht einseitig essen. Einmal pro Woche wird sie noch keine schädigende Wirkung haben.“ Wenn die Darmschleimhaut gereizt wird, merken Sie das: Sie bekommen Bauchweh, Blähungen oder Krämpfe.
- Schlechte Fette: Seien Sie zurückhaltend mit Margarine, Mayonnaise und Schmalz, denn sie können den Darm belasten.
Diese Lebensmittel schützen die Darmschleimhaut
Ballaststoffe sind die besten Freunde einer intakten Darmschleimhaut. Da gibt es die eine Sorte, die wasserunlöslichen Fasern, welche die Bakterien nicht verdauen. Sie wischen aber quasi einmal gründlich durch.
Dann gibt es anderen, die wasserlöslichen Ballaststoffe, die Bakterien im Dickdarm aufspalten. So entstehen unter anderem Fettsäuren, welche die guten Mitbewohner füttern.
Bananen: Bananen enthalten viel Inulin. Dieser Ballaststoff wirkt sich, Andreas Schwiertz zufolge, besonders günstig auf das Wachstum von entzündungshemmenden Darmbakterien aus.
Fisch: Fisch punktet mit vielen ungesättigten Fettsäuren. Diese stärken die Schleimproduktion, das Zellwachstum und dass die Schutzfunktion gestärkt wird.
Obstbrei: Hier geht es um die Quellstoffe: Bakterien des Darms bauen Quellstoffe zu kurzkettigen Fettsäuren ab. Diese wiederum ernähren die Schleimhaut. Quellstoffe finden sich beispielsweise im geriebenen Apfel- oder Möhrenbrei.
Pellkartoffeln: Besonders die Buttersäure ist ein wichtiger Darm-Schützer. Als kurzkettige Fettsäure liefert sie den Darmzellen, genauer den Epithelzellen, Energie. Diese regen das Wachstum der Darmschleimhaut an.
Für ein darmgesundes Essen heißt das: Entscheiden Sie sich für Pellkartoffeln. Während des Abkühlens entsteht resistente Stärke, die zu Buttersäure abgebaut wird.
Sauerkraut: „Entscheidend sind nicht direkt die Lebensmittel, die wir essen, sondern das, was die Bakterien in unserem Darm daraus produzieren“, erklärt Andreas Schwiertz weiter. „Wenn die Fermentationsprozesse gefördert werden, hält das die Darmschleimhaut gesund.“ Alles was fermentiert ist, verdrängt krankmachende Bakterien und schützt so die Darmschleimhaut.
Graubrot: liefert wichtige Ballaststoffe und wertvolle Kohlenhydrate.
Setzen Sie außerdem viele Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen, Linsen und Kichererbsen auf Ihren Speiseplan, empfiehlt Thomas Frieling, dazu Gemüsesorten wie Spinat, Wirsing, Möhren. Auch sie enthalten viele Ballaststoffe für eine gesunde Darmschleimhaut.
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