600.000 Menschen bräuchten Masern-Schutz bei Impfpflicht

Von der umstrittenen Impfpflicht gegen Masern wären etwa 600.000 Menschen in Deutschland betroffen. Dies bestätigte das Bundesgesundheitsministerium gegenüber dem SPIEGEL. Die Impfpflicht soll für Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen sowie für Mitarbeiter in Krankenhäusern und Arztpraxen gelten. Zunächst hatte die „Bild“-Zeitung darüber berichtet.

Laut den Schätzungen sind 361.000 Kinder in Kitas und Schulen nicht ausreichend gegen Masern geimpft. In Krankenhäusern und Arztpraxen kommen laut Gesundheitsministerium 220.000 Angestellte hinzu, die zu einer Impfung verpflichtet werden könnten.

Gesetz soll am 1. März 2010 in Kraft treten

Der Gesetzentwurf soll noch vor der Sommerpause vom Kabinett beschlossen werden und am 1. März 2020 in Kraft treten. Wer sein Kind nicht gegen Masern impfen lassen will, soll mit einer Geldstrafe von 2500 Euro belegt werden und das betreffende Kind vom Kita-Besuch ausgeschlossen werden, fordert Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der Koalitionspartner SPD unterstützt die Pläne – anders als die oppositionellen Grünen.

Um die Verbreitung von Masernviren zu verhindern, sind Impfraten von mehr als 95 Prozent erforderlich. Diese Raten werden in Deutschland aktuell nicht erreicht. Jüngst veröffentlichten Daten zufolge sind rund sieben Prozent der Schulanfänger in der Bundesrepublik nicht ausreichend gegen Masern geschützt, etwa weil sie nur eine Impfdosis erhalten haben. Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut empfiehlt jedoch, Kinder innerhalb der ersten zwei Jahre zweimal gegen Masern impfen zu lassen: das erste Mal zwischen dem 11. und 14., das zweite Mal zwischen dem 15. und 23. Lebensmonat.

Die Impfpflicht sei eine Frage des allgemeinen Gesundheitsschutzes, sagte Spahn der ARD. Trotz intensiverer Aufklärung seien die nötigen Impfquoten bisher nicht erreicht worden. Die Debatte über eine Impfpflicht schärfe das Bewusstsein dafür. „Gleichzeitig regeln wir, dass Erzieherinnen, Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Personal in Krankenhäusern, in öffentlichen Gemeinschaftseinrichtungen, geimpft werden müssen“, sagte Spahn.

Jüngste Ausbrüche wie in Bayern, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen seien auf „fortschreitende Impfmüdigkeit“ zurückzuführen, heißt es in dem Gesetzentwurf. Bis Anfang März 2019 sind dem Robert-Koch-Institut 170 Masernfälle gemeldet worden.

Ärztepräsident will Ausnahmen

Auch Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery befürwortet Spahns Pläne. Er hält Strafen für Verstöße generell für gerechtfertigt, kann sich aber Ausnahmen vorstellen. Eine Impfpflicht lasse sich leicht verlangen, sei aber schwer umzusetzen, sagte Montgomery. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Kinder mit der Polizei zum Impfen schleppt.“

Maßnahmen müssten an die Vernunft appellieren – das bedeute vor allem bessere Aufklärung. Montgomery spricht sich jedoch für Ausnahmen von der Impfpflicht aus, da Impfungen etwa bei bestimmten Grunderkrankungen gefährlich werden können. Eltern, die schwerwiegende Gründe gegen eine Impfung haben, sollen daher von der Impfpflicht befreit werden. „Mir schwebt da so was vor wie früher bei der Wehrpflicht“, sagte Montgomery. „Die galt auch für alle, aber es gab Kommissionen, die die Verweigerer anerkannten. So etwas brauchen wir auch für Impfungen.“

Kritiker der Impfpflicht monieren dagegen, die Debatte drehe sich vor allem um Kinder. Dabei sei auch ein Großteil der Erwachsenen nicht ausreichend gegen Masern immunisiert. Forscher wie Cornelia Betsch, Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt, warnen, die Pflicht für bestimmte Impfungen könnte dazu führen, dass Impfskeptiker auf andere freiwillige Impfungen verzichten.

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