Videotranskript
„So jetzt haben wir 1,2,3,4… so, welchen Arm krieg ich denn?
Corona-Impfung in der Hausarztpraxis – für den Berliner Allgemeinmediziner Wolfgang Kreischer bedeutet das Ausnahmezustand. Er hat Sonder-Sprechstunden nur fürs Impfen eingerichtet, um den Ansturm zu bewältigen.
OT Patient 1
„Für mich ist das besser jetzt , ich hab eine Erkrankung und fühl mich sicherer. Ich bin Engländer und ich sage zu meinen Freunden in UK: Guck mal, es geht auch in Deutschland!”
„Geht auch, aber leider ein bisschen langsamer.”
An Ärzten wie Kreischer liegt das nicht. Allein 42 Impfungen verabreicht er an diesem Tag, damit ist das Wochen-Kontingent an Biontech für seine Praxis allerdings auch aufgebraucht. Kreischer und die anderen rund 1.500 impfenden Hausärzte in Berlin wollen die Dosen so schnell wie möglich verabreichen – doch planen ist schwierig.
OT Wolfgang Kreischer, Arzt
„Das Dilemma ist, dass wir die Zeiten, an denen geimpft wird, festgelegt haben, dass wir aber erst am Montagvormittag erfahren, welchen Impfstoff wir bekommen und in welcher Menge, das heißt, wir müssen dann eventuell alles noch mal verschieben oder auch vorziehen, und das ist ein großer Verwaltungsaufwand. Das bringt uns an die Grenze der Leistungsfähigkeit, aber wir schaffen das.”
Besonders seit für den Astrazeneca-Impfstoff in Berlin die Priorisierung in Risikogruppen aufgehoben wurde, kommen viele Anfragen. So viele, dass die Praxis inzwischen zeitweise einen Anrufbeantworter geschaltet hat, damit die Angestellten sich überhaupt um den Praxisbetrieb kümmern können. Auf der Warteliste stehen bereits Hunderte Impfwillige, nun muss der Arzt für die Priorisierung sorgen.
Eine starre Reihenfolge befolgt Kreischer dabei nicht, er sieht sich den Einzelfall an und versucht dabei, Vordrängel-Versuche zu erkennen.
OT Wolfgang Kreischer, Arzt
„Leider ist der Egoismus bei manchem Patienten vorherrschend. Es wird dann eine pflegebedürftige Großmutter in Leipzig erfunden, damit man als Kontaktperson früher geimpft werden kann. Wir versuchen da einen kühlen Kopf zu bewahren und die tatsächlich zu priorisierenden Patienten dranzunehmen.”
Gruppen-Aufklärung im Wartezimmer.
(frei „…. Astrazeneca ist natürlich nicht schlecht, … paar mehr Nebenwirkungen entstanden.”)
Die Frage nach Risiken und Nebenwirkungen ist für den Arzt derzeit Dauerthema, ebenso wie für seine PatientInnen.
OT Patientin 2
„Also ich fühl mich schon erleichtert. Durch die ganzen „Skandale” bei Astrazeneca war man, gerade als junge Frau, eingeschüchtert. Deswegen war es auf jeden Fall eine Erleichterung.”
OT Patient 3
„Es kam natürlich viel Hin und Her von der Regierung mit Astrazeneca, erst Ja, dann Nein, erst nur die Jungen, dann wieder zurück.”
OT Wolfgang Kreischer, Arzt
„Es ist natürlich unfair, dass die Impfzentren grundsätzlich alle mit Biontech impfen, auch die Älteren und das haben wir dann hier auszubaden, weil dann wird uns gesagt: Sie verweigern uns die Biontech-Impfung, im Impfzentrum würde ich sie bekommen, aber da bekomme ich sie erst in vier Wochen, ich will sie aber jetzt… diese Diskussion haben wir dann in den Praxen und das ist sehr unschön.”
Kreischer, zugleich Vorsitzender des Hausärzteverbandes Berlin-Brandenburg, beklagt neben dem Liefer-Chaos auch die Bezahlung der Ärzte fürs Impfen. 20 Euro pro verabreichter Dosis seien bei dem hohen Organisationsaufwand viel zu wenig. Die Pandemie hat seine grundsätzlichen Zweifel am Gesundheitssystem verstärkt.
OT Wolfgang Kreischer, Arzt
„Dieses Land erstickt in Bürokratie, das liegt am Perfektionismus, ich sag dann immer süffisant: Ein Land, das die Enigma erfunden hat, lässt sich nicht lumpen, wenn es um Bürokratie geht. Bloß keinen Fehler machen, es geht ja heute darum, Fehler zu vermeiden und nicht, was Richtiges zu tun. Sehr seltsame Einstellung aber die ist in diesem Land vorherrschend, das ist meine Erkenntnis.”
Die Impfzentren seien am Anfang der Impfkampagne der richtige Weg gewesen, so Kreischer, aber nun könnten und wollten die Hausärzte übernehmen. Für viele von ihnen dürften zusätzliche Impflieferungen allerdings Fluch und Segen sein, denn für die Impforganisation braucht es viel Zeit, die im übrigen Praxisalltag fehlt.
alternatives Ende – Vorschlag:
Die Impfzentren seien am Anfang der Impfkampagne der richtige Weg gewesen, so Kreischer, aber nun könnten und wollten die Hausärzte übernehmen. Auch wenn die Organisation der Impfungen viel Zeit braucht, die für andere Patienten fehlt – die Eindämmung der Pandemie ist nun das wichtigste Ziel.
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