Christian Drosten rechnet für die nächste Zeit mit einem größeren Virus-Ausbruch an Schulen und schlägt vor, Schnelltests im öffentlichen Leben einzusetzen. Der Virologe äußerte sich in einem Medien-Podcast über die aktuelle Lage in der Corona-Krise und blickt in die Zukunft.
Christian Drosten von der Berliner Charité hat sich in einer Podcast-Ausgabe der „F.A.Z.“ über die gesellschaftliche Diskussion in der Corona-Krise zu Wort gemeldet. Obwohl die Fallzahlen wieder steigen, müsse die Lage jetzt anders eingeschätzt werden, als noch im März und April. Die Einordnung der neuen Corona-Zahlen sei problematisch: „Das ist nicht ganz so einfach.“ Es gebe zwei unterschiedliche Bereiche, wie Daten zustande kommen – über das bestehende Meldesystem und die „Flughafentestung“, wie Drosten es nennt. Bei den Anlaufstellen für die Reiserückkehrer werde weniger symptomgerecht getestet, weshalb auch viele mildere Infektionsfälle entdeckt werden: „Was zählt, ist, wo habe ich mich infiziert.“
Drosten: „Das RKI macht das nicht so schlecht“
Die vorhandenen Daten betrachtet Drosten durchaus positiv: „Ich glaube schon, dass eine gewisse Datenbasis da ist. Das RKI macht das nicht so schlecht.“ In der öffentlichen Diskussion seien aber ein paar Dinge durcheinander geraten. Beim Anschauen bestimmter Histogramme würden Sondereffekte nicht berücksichtigt. Die Rückkehrer haben sich nicht in Deutschland infiziert. Dadurch müsse man diese Personen nicht zur „Infektionsmasse“ im Land zählen.
Mehr Tests, weniger Todesfälle
Durch das vermehrte Testen und spezifischere Diagnostik in Deutschland benötige man mehr Tests, um Todesfälle zu erhalten. Auch milde Fälle würden so in die Statistik kommen. Das müsse man einrechnen, aber man könne nicht sagen, „das Virus hat sich abgeschwächt oder irgendwas hat sich grundsätzlich geändert“.
Drosten ärgert sich über Verschwörungstheorien über ihn
Angesprochen auf die zahlreich kursierenden Verschwörungstheorien sagte Drosten: „Ich ärgere mich am meisten über die, die sich auf meine Person zuspitzen.“ Wenn dort vom „Drosten-Test“ gesprochen werde oder „Der Drosten-Test ist falsch“. Da gerieten einfach zu viele Dinge durcheinander. Es handele sich dann meist um einfach zu erklärende Fehlwahrnehmungen. „Aber die werden so aufgebauscht und gegen meine Person gerichtet, dass ich mich frage, was hier eigentlich los ist.“ Man komme nicht mehr gegen die Verschwörungstheoretiker an.
Drosten schwärmt für Masken-Theorie
In der Diskussion um das Tragen von Masken kursiert aktuell die Theorie „Weniger Viren fördern einen besseren Krankheitsverlauf“. Drosten: „Ein interessantes Gedankenkonstrukt, das nicht von der Hand zu weisen ist. Wir testen jetzt auch die milden Verläufe und wir haben die Infektionen auch bei den Jungen.“
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Das erkläre aber noch nicht alles. „Und da könnte man sagen: Geringere Virusdosis, wenn man eine Maske aufhat. Vielleicht kommt dann weniger Virus in der Nase an.“ Wenn nur ein Krankheitspartikel ankomme, sei das besser als zehn. Diese These müsse aber noch belegt werden. „Es gibt auch andere Hinweise, dass Masken wirksam sind.“ Deswegen dürfe man aber nicht andere Schutzmaßnahmen vernachlässigen.
Inzidenzen werden steigen
Außerdem prognostiziert der Virologe, dass in den kommenden Wochen und Monaten, die Inzidenzen steigen werden – bei geringer Auslastung der Intensivkapazitäten. Da müsse man sich als Gesellschaft einigen, wenn es tatsächliche brenzlig werde. „Man will keinen Lockdown“ – auch keinen lokalen. Als Vorschlag, was man noch gegen eine Ausbreitung des Virus unternehmen könnte, schlägt Drosten das „Fokussieren auf die Quell-Cluster“ vor. Man müsse diese Gruppen schnell untersuchen und viel in die „Rückwärtskontaktverfolgung“ investieren, um diese Menschen in Quarantäne zu bringen.
Noch keine Schul-Hotspots: „Hoffe, dass das so bleibt, erwarte das aber nicht“
Bisher gibt es dort noch keine Hotspots, aber „die Schulen werden eine Rolle spielen“. „Ich hoffe, dass das so bleibt, ich erwarte das aber nicht.“ Die Gesundheitsämter seien noch in der Lage, den Fällen hinterherzugehen. Ein großer Aufbau eines Ausbruchs dauere aber vier, fünf Wochen. „Wir müssen uns da rüsten.“ Helfen würde eine „Anker“ – eine Woche frei zwischendurch, wie zum Beispiel in den Weihnachtsferien, um die Kette zu unterbrechen.
Schnelltests „gar nicht mal so schlecht“
Etwas überraschend spricht sich Drosten für den vermehrten Einsatz von als ungenau geltenden Schnelltests aus. Die seien „gar nicht mal so schlecht“ – allerdings nur angewandt von Fachpersonal. „Wenn man da entschlossen ist, kann man viel bewegen.“ Für denkbar hält er den Einsatz des Tests im öffentlichen Leben – an der Theaterkasse beispielsweise. Hoffnung auf eine Umsetzung hat der 48-Jährige aber nicht: „So wird es nicht kommen. Da gibt es gesetzliche Regularien.“ Man sollte diese Tests aber erlauben, so Drosten. Cluster könnten verhindert werden.
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