Wie geht man in der Apotheke vor, wenn man den Verdacht hat, dass einem ein gefälschtes Impfdokument zur Digitalisierung vorgelegt wird? Welche Möglichkeiten hat man dann? Diese Fragen werden derzeit vermehrt an die Kammern herangetragen. Der Justiziar der Landesapothekerkammer Uwe Kriessler gab am gestrigen Mittwoch bei der Kammerversammlung in Stuttgart einen Überblick über die aktuelle Lage.
Laut § 22 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz haben die Apotheken bei der Erstellung der digitalen Impfzertifikate eine Prüfpflicht. Sie müssen demnach sowohl die Identität der mutmaßlich geimpften Person überprüfen als auch die Authentizität der vorgelegten Impfdokumente – unter Verwendung geeigneter Maßnahmen. Die ABDA-Handlungshilfe empfiehlt im Zweifel die Rücksprache mit dem Impfarzt. Doch wie geht es weiter, wenn sich der Fälschungsverdacht so nicht ausräumen lässt? Diesbezügliche Anfragen landen derzeit verstärkt in den Rechtsabteilungen der Kammern, auch in Baden-Württemberg. Die einfache und rechtssichere Variante ist laut Kammerjustiziar Uwe Kriessler, kein Zertifikat auszustellen und die vorgelegten Dokumente zurückzugeben. Er räumte allerdings ein, dass dies gegebenenfalls unbefriedigend sein kann. Was also tun? Ganz klar abgeraten wird seitens der Kammer davon, wissentlich ein falsches Impfzertifikat auszustellen. Das ist laut Infektionsschutzgesetz strafbar.
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Offensichtlich fordern Polizeidienststellen Apotheken zur Meldung auf, teils mit dem Hinweis, dass die Apothekenteams dazu verpflichtet seien. Letzterem widersprach der Jurist: Eine solche Pflicht bestehe nicht. Das BKA empfehle Medienberichten zufolge, das Impfbuch einzubehalten, die Personalien zu notieren und die örtliche Polizeidienststelle zu informieren. Aus Sicht der Polizei sei das eine nachvollziehbare Empfehlung, die Dokumente einzubehalten, konstatiert der Jurist – und als Gefahrenabwehr wohl auch rechtlich vertretbar. Er rät aber dringend dazu, eine Risikobeurteilung vorzunehmen. Jeder in dieser Situation solle sich fragen, wen er da vor sich hat und ob er sich traut, das Impfbuch zu behalten. Er wisse von einem Fall, wo der Kunde dem Apotheker das Dokument hinter dem HV einfach wieder entrissen habe.
„Höchsten Respekt vor jedem, der nicht den einfachen Weg gehen will, einfach nur das Zertifikat zu verweigern“
Zudem gebe es eine ganze Reihe praktischer Probleme, die man berücksichtigen muss. Einmal die Schweigepflicht. In seinen Augen stellt sich aber in diesem Fall die Lage etwas anders dar als beispielsweise bei einer Rezeptfälschung: „Es geht nicht nur um einen Süchtigen, der etwas für sich will, sondern um den Schutz der Allgemeinheit“, so Kriessler. Man müsse sich aber trotzdem bewusst sein, dass man möglicherweise selbst im Fokus von Ermittlungen steht. Diesbezügliche Anfragen der Kammer bei Ministerien hätten bislang noch keine befriedigende Antwort ergeben. Er habe zwar die Aussage von zwei Strafrichter:innen, dass sie solche Fälle einstellen würden, aber nichts Schriftliches. Die Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft in Niedersachsen, dass eine solche Anzeige, keinen Verstoß gegen die apothekerliche Schweigepflicht darstellt, ist laut Kriessler nicht unbedingt auf Baden-Württemberg übertragbar: „Baden-Württemberg ist nicht Niedersachsen“, erklärt der Kammerjustiziar. Er gab noch zu bedenken, dass die Schweigepflicht ein hohes Gut sei, das man nicht einfach weggeben solle. In der Beratung beispielsweise ist die Schweigepflicht für das Verhältnis zum Patienten in seinen Augen immens wichtig. Aber da gehe es eben nicht um Begehung einer Straftat.
Sein Fazit: „Ich kann keine Empfehlung geben, habe aber höchsten Respekt vor jedem, der nicht den einfachen Weg gehen will, einfach nur das Zertifikat zu verweigern. Eigentlich hat man nichts in der Hand, aber eben das Risiko.“ Zuletzt müsse man sich dann auch noch überlegen, wohin eine Anzeige vor dem Hintergrund der noch bestehenden Strafbarkeitslücken führt. Hier hofft er nun auf die Damen und Herren in Berlin.
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