Zu den kombinierten hormonalen Kontrazeptiva, deren Risiko für venöse Thromboembolien bislang noch unsicher ist, gehören jene mit den Gestagen-Komponenten Chlormadinon oder Nomegestrel. Eine Studie legte kürzlich nahe, dass diese „Pillen“ ein deutlich höheres Thromboserisiko mit sich bringen könnten als Levonorgestrel-Präparate, was allerdings noch zu bestätigen ist. Währenddessen gibt es neue Sicherheitsbedenken anderer Art für die beiden Gestagene: Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat eine Überprüfung des Meningeomrisikos bei nomegestrol- und chlormadinonhaltigen Arzneimitteln gestartet.
Im Juli dieses Jahres hatte die DAZ über neue Daten zum VTE-Risiko (venöse Thromboembolie) unter der Einnahme kombinierter hormonaler Kontrazeptiva berichtet – erstmals gab es auch Daten zu den Gestagen-Komponenten Chlormadinon und Nomegestrol. Diese müssen für ein abschließendes Urteil allerdings noch bestätigt werden, dafür würden aktuell weitere Studien durchgeführt, heißt es in einem aktuellen Rote-Hand-Brief zu kombinierten hormonalen Kontrazeptiva (KHK).
Während also noch Unsicherheit hinsichtlich des VTE-Risikos besteht, kommt aktuell neue Unsicherheit hinsichtlich eines anderen Risikos auf. Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vergangenen Freitag berichtete, hat die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) eine Überprüfung des Meningeomrisikos bei nomegestrol- und chlormadinonhaltigen Arzneimitteln gestartet.
„Bei einem Meningeom handelt es sich um einen Tumor der Hirnhaut, die das Gehirn und das Rückenmark umschließt. In der Regel handelt es sich um einen gutartigen Tumor, der nicht als Krebs angesehen wird. Aufgrund seiner Lage im und um das Gehirn und das Rückenmark kann das Meningeom aber in seltenen Fällen ernste Probleme verursachen.“ [Quelle: BfArM, 01.10.2021]
Konkret handelt es sich dabei um „Pillen“, die eine der beiden Gestagenkomponenten allein oder in Kombination mit Estrogenen enthalten. Als Beispiele nennt das BfArM Handelsnamen wie Belara®, Zoely® und mehrere Generika. Mit Ausnahme der zentral zugelassenen Zoely® (Nomegestrolacetat/Estradiol) seien alle anderen betroffenen Arzneimittel über nationale Verfahren zugelassen worden.
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Die aktuelle Überprüfung auf europäischer Ebene wurde durch die französische Arzneimittelbehörde (ANSM) initiiert – „aufgrund neuer Daten aus zwei epidemiologischen Studien, die in Frankreich zur Untersuchung des Meningeomrisikos bei Frauen, die diese Arzneimittel einnehmen, durchgeführt wurden“, wie das BfArM erklärt. Demnach soll das Risiko für Meningeome mit der Dosis und Dauer der Behandlung zunehmen und bei Frauen, die nomegestrol- oder chlormadinonhaltige Arzneimittel über einige Jahre einnehmen, größer sein.
Eine eher gute Nachricht, die allerdings auch für einen kausalen Zusammenhang spricht, lautet dabei zudem: „Die Studien haben auch gezeigt, dass das Risiko für die Entwicklung dieser Tumore bei Frauen ein Jahr oder länger nach Absetzen nomegestrol- oder chlormadinonhaltiger Arzneimittel geringer war und mit dem Risiko bei Personen, die diese Arzneimittel nie eingenommen haben, vergleichbar war.“ Angesichts dieser neuen Daten prüft der Pharmakovigilanzausschuss der EMA (PRAC) nun die verfügbaren Erkenntnisse, um dann eine Empfehlung abzugeben – ob die Zulassungen nomegestrol- und chlormadinonhaltiger Arzneimittel in der ganzen EU angepasst werden sollten.
Tatsächlich seien bereits entsprechende Warnhinweise in der Fach- und Gebrauchsinformation einiger Arzneimittel enthalten. Allerdings könnten diese in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich ausfallen. In der Fachinformation (Stand August 2020) von „Chlormadinon 2 mg fem Jenapharm®“ heißt es beispielsweise bei den Gegenanzeigen, dass das Präparat nicht angewendet werden darf bei „bestehenden oder früheren gestagenabhängigen Tumoren bzw. einem entsprechenden Verdacht (z. B. Meningeom)“.
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