Der Fall Tamoxifen aus Sicht einer Patientin und Journalistin

Vergangene Woche meldete Hexal, dass mittlerweile erste Tamoxifen-Chargen einer Sonderproduktion über den Großhandel verfügbar sind. So könne angesichts des bestehenden Lieferengpasses die Tamoxifen-Versorgung derzeit gesichert werden. Doch der Fall Tamoxifen steht sinnbildlich für Probleme im Pharma-Bereich, die damit nicht behoben sind. Das schildert die Journalistin Tanja Stelzer, die selbst Tamoxifen-Patientin ist, anschaulich auf „Zeit online“.

„Warum sind meine Tabletten knapp?“ – dieser Frage ist Tanja Stelzer, die Mitglied der Chefredaktion der „Zeit“ ist, als Autorin und vor allem als selbst betroffene Patientin nachgegangen. Erschienen ist ihre Recherche vergangenen Samstag auf „Zeit online“. 

Ihre unscheinbaren Tamoxifen-Tabletten scheinen „zur Hamsterware geworden zu sein, die unterm Ladentisch weggeht“ schreibt sie, deshalb begann sie zu recherchieren. Viele Ergebnisse ihrer Recherche dürften Apotheker:innen gut bekannt sein. So erklärt sie zwar: „Zu Beginn der Corona-Krise, als man sich sorgte, ob die Intensivstationen genug Medikamentennachschub aus dem Ausland bekommen, geriet das Thema Lieferengpässe in die Nachrichten. Seitdem ist es in Vergessenheit geraten.“ Wirklich vergessen können Apotheker:innen Lieferengpässe aber natürlich nicht, sind sie doch Teil ihrer täglichen Arbeit. Allerdings stellt Stelzer den Fall Tamoxifen umfassend dar, und die verschiedenen Interessen im Arzneimittelmarkt gegenüber. Sie ist sogar extra nach Texas, zum „Vater des Tamoxifen“ gereist.

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Hexal: Tamoxifen-Versorgung derzeit gesichert

Wie die DAZ bereits vergangene Woche berichtete, sind laut Hexal dank einer Sonderproduktion jetzt wieder erste Chargen „Tamoxifen 20 mg Hexal® Filmtabletten“ für Großhandel-Bestellungen lieferbar. „Zusammen mit den importierten Produkten ist somit die Versorgung von Patient*innen in Deutschland derzeit gesichert“, erklärte Peter Stenico, Leiter von Sandoz Deutschland und CEO Hexal, in einer Mitteilung. Allerdings hieß es auch, dass die Auslieferung in den nächsten Wochen weiterhin kontingentiert erfolge, die Sonderproduktion aber weitergehen solle. Voraussichtlich ab Mai soll dann die Lieferfähigkeit von Tamoxifen wieder uneingeschränkt bestehen. Doch die gesamte Lieferengpass-Problematik – über Tamoxifen hinaus – wird auch damit nicht gelöst sein.

Hersteller und Krankenkassen – zwei gegensätzliche Sichtweisen

Die „Zeit“ hat länger mit Stenico gesprochen, der nicht nur die Meinung von Hexal, sondern auch von Pro Generika vertritt. Er ist Vorstandsvorsitzender des Verbands. Laut ihm sollen „Ausschreibungen von Kassen bei lebenswichtigen Medikamenten wie Tamoxifen und bei Arzneimitteln, für die es nur wenige Hersteller gibt, verboten werden“. So seien die Firmen nicht mehr gezwungen, nur bei dem einen billigsten Hersteller einzukaufen. Bei der Politik jedoch, „gingen solche Forderungen ins eine Ohr rein, aus dem anderen wieder raus“, erklärte Stenico der „Zeit“.

Durch die Journalistin Stelzer mit solchen Schilderungen konfrontiert, regen sich die Gesprächspartner bei den Krankenkassen allerdings sehr auf: „Die Hersteller nutzten die Lebenssituation der Patientinnen schamlos aus und wollten in Wahrheit ihre Renditen erhöhen. Zu behaupten, für 8,80 Euro könne man keine Dreimonatspackung Tabletten produzieren, sei doch Quatsch – das müsse man ja in Relation zu den Kosten sehen. Die Hersteller hätten einfach zu spät reagiert.“ Bei der Barmer habe man mitgeteilt, dass es nicht sinnvoll sei, bei versorgungsrelevanten Medikamenten auf das erfolgreiche Rabattsystem zu verzichten. Vielmehr garantierten die Rabattverträge die Versorgungssicherheit. Die Techniker Krankenkasse erklärte: „Es gingen weiter Gebote ein. Also lohne sich das Geschäft doch.“ Bei der AOK habe man für Tamoxifen aktuell jedoch gar keine Rabattverträge.

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