„Das Generikum vertrage ich nicht“ – alles nur Einbildung?

Wohl jeder kennt die Diskussion mit Patientinnen und Patienten, die beim Wechsel auf ein generisches Präparat darauf beharren, dass nur ihre „richtigen Tabletten“ in der bekannten Packung helfen. Nur mühsam lässt sich vermitteln, dass der identische Wirkstoff enthalten und das Produkt bioäquivalent zum Original ist. In einem wissenschaftlichen Projekt sollte am Beispiel von Parkinson-Therapeutika untersucht werden, ob sich Patienten die schlechte Wirksamkeit nur einbilden oder ob es einen belegbaren Grund für die Unzufriedenheit gibt.

Kaum ein Generikawechsel geht geräuschlos über den HV-Tisch. Rational nachvollziehbar sind die Klagen oft nicht, und man fragt sich schon, warum eigentlich niemand auch mal zu einem vermeintlich besseren Generikum wechselt. Die Nachahmerprodukte entsprechen in Wirkstoff und Wirkstärke dem Original, können sich davon jedoch in den enthaltenen Hilfsstoffen unterscheiden. 

Als Generika aufkamen, galt „Bioäquivalenz“ als das Zauberwort. Zwei Arzneimittel gelten dann als bioäquivalent, wenn die Bioverfügbarkeiten hinsichtlich Geschwindigkeit und Ausmaß nach Gabe der gleichen molaren Wirkstoffdosis innerhalb akzeptierter vordefinierter Grenzen liegen. 

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Ein ganz anderer Ansatz wurde in einem Projekt am Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster in Zusammenarbeit mit dem „impac2t Institut für Pharmakotherapie“ verfolgt: Hier wird auf einen Generikawechsel aus der Perspektive der Pharmakotherapie und der pharmazeutischen Technologie geschaut. Das Projekt hat sich die Indikation Parkinson und den Wirkstoff Levodopa als Beispiel gewählt, denn Patienten mit Morbus Parkinson spüren besonders schnell Veränderungen beim Wirkstoffspiegel: ist er niedrig, treten Bewegungsblockaden auf, ist er hoch, kommt es unter anderem zu unwillkürlichen Muskelbewegungen.

Die Art der Generika-Einnahme entscheidet über die Wirkung

In drei aufeinander aufbauenden Studien wurde aus verschiedenen Blickwinkeln auf den Generikawechsel bei Morbus Parkinson geschaut: 

  • Es wurden systematisch eine Literaturrecherche nach Effekten eines Generikawechsels in neurologischen Indikationen durchgeführt
  • sowie individuelle Patienten befragt,
  • die Lösungsprofile für Präparate mit Levodopa, Carbidopa, Benserazid und Entacapon wurden unter Idealbedingungen aufgenommen und es wurden verschiedene physiologische Bedingungen nachgeahmt. Dazu wurde die Dissolution in Leitungswasser, simuliertem Magensaft und in Vollmilch bestimmt und so das Freisetzungsverhalten und die Stabilität der Wirkstoffe untersucht.

Neben der Erkenntnis, dass nahezu alle Patienten durch einen Wechsel ihres vertrauten Produktes verwirrt und verunsichert waren, konnte gezeigt werden, dass die Art der Einnahme (z.B. die Einnahme mit Nahrungsmitteln wie Milch) eine äquivalente Wirkung generischer Produkte verhindern und sogar zu mehr Nebenwirkungen führen kann. Die Autoren kommen in der aktuellen DAZ zu dem fast schon erschreckenden Fazit: „Hinsichtlich des unterschiedlichen, pH-Wert-abhängigen Freisetzungs- und Stabilitätsverhaltens der Wirkstoffe grenzt es eher schon an ein Wunder, dass die Kombinationstherapie mit Entacapon überhaupt funktioniert.“ 

Hier finden DAZ-Abonnenten den Artikel in voller Länge:

DAZ 2023, Nr. 2, S. 26-28

J. Weitzel, A. Wünsch, S. Erzkamp, O. Rose, K. Langer. Probleme beim Generikawechsel: Berechtigte Klagen oder nur Einbildung der Patienten?

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