COVID-19-Patienten: häufiger und länger beatmet und mehr Todesfälle

COVID-19-Patienten müssen häufiger beatmet werden, ihre Beatmungsdauer ist deutlich länger und sie versterben häufiger als Patienten mit anderen schweren akuten Atemwegserkrankungen wie Grippe. Das Robert Koch-Institut hat schwere akute respiratorische Erkrankungen (SARI) der letzten fünf Grippewellen mit der SARS-CoV-2-Pandemie verglichen: COVID-19-Patienten wurden sechs Tage länger beatmet – ein Grund, warum das RKI das Vorhalten von ausreichend Beatmungskapazität anmahnt.

Verläuft eine schwere SARS-CoV-2-Infektion kritischer als andere schwere Atemwegserkrankungen? Das Robert Koch-Institut (RKI) hat COVID-19-Patienten mit Menschen mit schweren akuten Atemwegsinfektionen (SARI, severe acute respiratory infection) der letzten fünf Grippewellen in  deutschen Krankenhäusern verglichen. Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler Kristin Tolksdorf, Dr. Silke Buda, Dr. Ekkehard Schuler, RKI-Chef Professor Lothar Wieler und Professor Walter Haas im Epidemiologischen Bulletin 41/2020 veröffentlicht: „Eine höhere Letalität und lange Beatmungsdauer unterscheiden COVID-19 von schwer verlaufenden Atemwegsinfektionen in Grippewellen“. Als Datenquellen nutzte das RKI die ICOSARI (ICD-10-Code-basiertes Krankenhaussentinel für schwere akute respiratorische Erkrankungen).

Vergleich von COVID-19 mit anderen schweren akuten Atemwegsinfektionen – welche Daten nutzte das RKI?

Das Robert Koch-Institut griff für seine Auswertung „Eine höhere Letalität und lange Beatmungsdauer unterscheiden COVID-19 von schwer verlaufenden Atemwegsinfektionen in Grippewellen“ auf ICOSARI zurück. ICOSARI steht für „ICD-10-Code-basiertes Krankenhaussentinel für schwere akute respiratorische Erkrankungen“. Dieses erfasst (seit 2014, Kalenderwoche 40) Daten und Diagnosecodes von Patienten mit schweren akuten respiratorischen Infektionen aus 70 Akutkrankenhäusern und umfasst etwa 6 Prozent der stationär in Deutschland aufgenommenen Patienten. Dabei wurden Patienten mit akuter respiratorischer Erkrankung der unteren Atemwege (ICD-10-Codes J09-J22) und einer COVID-19-Diagnose (U07.1!, laborbestätigte SARS-CoV-2-Infektion) als SARI-COVID-Fälle bezeichnet. Patienten mit einer akuten respiratorischen Erkrankung der unteren Atemwege (ICD-10-Codes J09-J22), die während der Grippewellen (GW) in Deutschland stationär in einem der Sentinel-Krankenhäuser aufgenommen wurden, werden als SARI-GW-Fälle (69.573 Patienten) bezeichnet. Die Wissenschaftler werteten SARI-GW-Fälle für die Jahre 2015 bis 2019 mit je einem Aufnahmedatum in den Kalenderwochen drei bis elf aus, dieser Zeitraum berücksichtigt die Mehrheit der stationär aufgenommenen SARI-GW-Fälle (58 Prozent). SARI-COVID-Fälle (1.426 Patienten) wurden mit einem stationären Aufnahmedatum in den Kalenderwochen 10 bis 18 dieses Jahres erfasst (79 Prozent der stationär aufgenommenen SARI-COVID-Fälle (Datenstand: 18. August 2020).

Die Wissenschaftler um Kristin Tolksdorf interessierte unter anderem, wie häufig die jeweiligen Patienten beatmet wurden, ihre Beatmungsdauer, wie lange sie im Krankenhaus blieben sowie die Sterblichkeit. Dabei berücksichtigte das RKI verschiedene Schwere-Ebenen, die sich allerdings nicht gegenseitig ausschlossen: Behandlung auf der Intensivstation, Beatmung sowie Versterben des Patienten. Im Betrachtungszeitraum gehörten 17 Prozent der SARI-GW-Fälle (Patienten mit einer akuten respiratorischen Erkrankung der unteren Atemwege) zur Altersgruppe der Kinder unter 15 Jahren, aber nur 0,1 Prozent der COVID-19-Fälle entfielen auf diese Altersgruppe. Da Atemwegsinfektionen bei Kindern meist einen deutlich schwereren Verlauf nehmen als bei Erwachsenen und dies zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen würde, berücksichtigte das RKI Kinder unter 15 Jahren in der vorliegenden Auswertung nicht.

COVID-19: schwerere Verläufe, längere Beatmung, mehr Todesfällen

„Es wird deutlich, dass der Anteil schwerer Verläufe in allen Betrachtungsebenen bei SARI-COVID-Patienten deutlich höher ist als bei SARI-GW-Patienten“, erklärt das RKI.  Die Auswertung zeigt, dass  insbesondere der Anteil beatmungspflichtiger und der Anteil verstorbener Patienten bei stationär behandelten SARI-Fällen mit COVID-19-Diagnose im Vergleich deutlich höher liegt: 22 Prozent der COVID-19-Patienten waren beatmungspflichtig, während es „nur“ 14 Prozent der Patienten während der letzten fünf Grippewellen waren. 21 Prozent der COVID-19-Patienten verstarben, bei Patienten mit anderen schweren akuten Atemwegsinfektionen waren es 12 Prozent. Dagegen ist der Anteil Intensivpatienten bei SARI-COVID-Patienten nur leicht höher als bei SARI-GW-Fällen (37 Prozent vs. 32 Prozent) und der Anteil von Patienten, die keine Intensivbehandlung oder Beatmung erhalten haben und die nach Hause entlassen werden konnten, lag bei COVID-19 mit 43 Prozent unter dem Anteil der SARI-GW-Patienten mit 55 Prozent.

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