Brandenburger Apotheker schreiben an Lauterbach

265 brandenburgische Apothekerinnen und Apotheker haben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in einem offenen Brief aufgefordert, auf die geplante Erhöhung des Apothekenabschlages zu verzichten. Zugleich luden sie den Minister zu einem Apothekenbesuch ein.

Der Kabinettsentwurf für das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz sieht vor, den von den Apotheken zu leistenden Kassenabschlag für zwei Jahre von 1,77 auf 2,00 Euro zu erhöhen. In einem offenen Brief fordern nun Brandenburger Apotheker:innen den Bundesgesundheitsminister auf, auf dieses Vorhaben zu verzichten. Obwohl sie in der Pandemie immer wieder die ihnen von der Politik zugewiesenen zusätzlichen Aufgaben trotz der Personalknappheit zuverlässig erfüllt hätten, um den Patientinnen und Patienten zu helfen, würden sie durch dieses geplante Gesetzesvorhaben nun existenziell bedroht.

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„Die aktuellen Planungen befremden uns umso mehr, weil bei den Apotheken definitiv keine Effizienzreserven mehr vorhanden sind“, erklärt der Vorsitzende des Apothekerverbandes Brandenburg Olaf Behrendt in einer Pressemitteilung. Schließlich sei die Arzneimittelpreisverordnung als Grundlage der Apothekenvergütung bis auf eine geringfügige Ausnahme seit nunmehr 18 Jahren nicht angepasst worden. Alle Preissteigerungen bei Mieten, Mitarbeitergehältern, Energiekosten, durch die Inflation etc. mussten und müssten demnach aus gleichbleibenden Vergütungen finanziert werden. „Dadurch ist der Anteil der Apothekenhonorierung an den Gesamtausgaben der GKV inzwischen auf nur noch 1,9 Prozent gesunken. Der Anteil des Staates durch die Erhebung des vollen Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel und der Anteil der Verwaltungsausgaben der Krankenkassen liegen dagegen ungleich höher“, so Behrendt.

Sinkende Apothekenzahl bedroht flächendeckende Versorgung

„Nichts belegt die Bedrohung der flächendeckenden Arzneimittelversorgung eindrucksvoller als die seit Jahren sinkende Zahl der Vor-Ort-Apotheken – auch und besonders in der Coronazeit“, ergänzte Kammerpräsident Jens Dobbert. „Während schon zum Ende des Jahres 2021 bundesweit netto 291 Betriebsstätten weniger zu verzeichnen waren, sank deren Zahl im ersten Halbjahr 2022 erneut um 205 Apotheken gegenüber dem Vorjahreszeitraum ab. Kumuliert sind so in nur eineinhalb Jahren netto fast 500 Apotheken aus der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung verschwunden.“

Das den Apotheken vorgerechnete Umsatzplus in den Pandemiejahren sei in der Praxis also nicht als Gewinnplus angekommen. Denn Apotheken würden immer nur dann geschlossen, wenn sie nicht verkauft werden könnten. Jede Schließung bedeute damit eine Pleite, für die letztlich die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen verantwortlich sind.

Mehr Arbeit für gleiches Honorar

Daran könnten auch die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen nichts ändern. Hierfür wurden zwar 150 Millionen Euro zusätzlich an Honorar zur Verfügung gestellt – mit der Anhebung des Kassenabschlages solle den Apotheken gleichzeitig jedoch ein vergleichbarer Betrag entzogen werden. Unter dem Strich bliebe ihnen damit mehr Arbeit für das gleiche Honorar.

In diesem Zusammenhang verweisen Behrendt und Dobbert ausdrücklich auf die mehrheitlich unterstützte Initiative des Landes Brandenburg im Gesundheitsausschuss des Bundesrates, die darauf abzielt, auf die Anhebung des Apothekenabschlages zu verzichten. Ob das Bundesratsplenum der Empfehlung folgt, wird sich bei seiner nächsten Sitzung am 16. September zeigen. Allerdings wäre eine solche Empfehlung der Länder auch nur ein Appell an das Parlament – denn das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig.

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Die brandenburgischen Apotheker:innen fordern den Bundesgesundheitsminister in ihrem Brief auch dazu auf, seinen Einfluss dahingehend geltend zu machen, in Brandenburg ein Pharmaziestudium zu etablieren. Denn das sei die einzig wirksame Möglichkeit, dem Personalmangel in den Apotheken ihres Bundeslandes entgegenzuwirken und die Versorgungslage dauerhaft zu stabilisieren. Dass Brandenburg weiterhin unsolidarisch auf die Studienabgänger anderer Bundesländer zurückgreife, müsse ein Ende haben.

Nicht zuletzt luden die Unterzeichner:innen des Briefes Minister Karl Lauterbach oder auch Mitglieder der Leitungsebene seines Hauses zu einem Besuch in ihre Apotheke ein. Am konkreten Beispiel vor Ort lasse sich wohl am besten erklären, wie bedroht die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch die Apotheken inzwischen sei. Das könnten die Besucher am fehlenden Personal, an nicht lieferbaren Arzneimitteln, an fehlentschiedenen Rabattverträgen zwischen Industrie und Krankenkassen, an unsinnigen bürokratischen Hürden oder nicht zuletzt an der Dankbarkeit und Wertschätzung der Patienten sehen.

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