Reue ändert nicht das Verhalten beim Gelegenheitssex
Sogenannte One-Night-Stands werden von vielen Menschen im Nachgang bereut, was sie allerdings nicht davon abhält, denselben Fehler noch einmal zu machen, so das Ergebnis einer aktuellen Studie von Forschende der Norwegische Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU).
Grundsätzlich wird Reue oft als Gefühl bewertet, das einem dabei hilft, einen Fehler nicht zu wiederholen. Doch wenn es um Gelegenheitssex geht, scheint das Gefühl der Reue keinen großen Einfluss auf das Verhalten zu haben. So zeigt die neue Studie, dass „in den meisten Fällen die Menschen mit dem gleichen sexuellen Verhalten und dem gleichen Maß an Reue weiter machen“, betont Professor Leif Edward Ottesen Kennair von der NTNU. Veröffentlicht wurden die Studienergebnisse in dem Fachmagazin „Evolutionary Psychology“.
Ist Reue funktional?
Das Forschungsteam um Professor Kennair hat in seiner aktuellen Studie untersucht, ob die Reue im Zusammenhang mit sexuellem Verhalten funktional ist – also, ob sie zu einer Verhaltensänderung beiträgt. Die Teilnehmenden der Studie beantworteten hierfür im Abstand von rund 18 Wochen zweimal einen Fragebogen über ihr sexuelles Verhalten und damit verbundene Reue. Dieser Ansatz ermöglichte es, Veränderungen über kürzere Zeiträume zu untersuchen, erläutern die Forschenden.
Unterschiede bei Männern und Frauen
Die Ergebnisse zeigen zunächst auffällige Unterschiede in dem, was Frauen und Männer im Zusammenhang mit der Möglichkeit zum Gelegenheitssex bereuen. So neigen Frauen eher dazu, den Gelegenheitssex zu bereuen, während Männer es deutlich häufiger als Frauen bereuen, wenn sie die Option nicht wahrgenommen haben, berichtet das Forschungsteam.
Kein Lerneffekt feststellbar
Wenn das Gefühl der Reue tatsächlich mit einem Lerneffekt verbunden wäre, müssten die Männer demnach häufiger den Gelegenheitssex wahrnehmen, während Frauen tendenziell eher auf feste Partnerschaften setzen und auf den Gelegenheitssex verzichten müssten. Doch zeigen die Umfrageergebnisse, dass dies nicht der Fall war.
„Wenn Reue helfen würde, würden dann nicht die meisten Sünder irgendwann zu Heiligen werden? Was bereuen Sie am häufigsten? Hat es Ihr Verhalten verändert?”, fragt der Studienleier provokativ. Bisher sei einfach angenommen worden, dass Reue uns beim Lernen helfen würde, doch niemand habe dies bisher beispielsweise an dem sexuellen Verhalten untersucht.
Was bereuen wir im Alltag?
In der aktuellen Studie zeigte sich nun, dass die Reue keine wesentlichen Auswirkungen auf das Verhalten der Teilnehmenden hatte. Gleichzeitig werden auch im Alltag oft die Dinge, die man am meisten bereut, nicht geändert, betont Kennair.
Beispielsweise bereuen viele Menschen, dass sie nicht genug Zeit mit Sport verbringen, ändern dies jedoch nicht, oder sie bereuen, dass sie regelmäßig zu viel essen, und schaffen es dennoch nicht, ihre Ernährung umzustellen. Hier wäre es „vielleicht klug, darüber nachzudenken, was wir im Alltag bereuen“, resümiert Kennair.
Reue ist adaptiv
Bleibt die Frage offen, warum die Teilnehmenden nicht aus ihrer Reue lernen. Die Reue ist flexibel, nicht konstant – oder anders ausgedrückt: Reue ist adaptiv, erläutert Professor Kennair. Je nach den Bedingungen könne sich dieses Empfinden verändern. Das Verhalten hänge jedoch von ganz anderen und viel komplizierteren Parametern als dem Gefühl des Bedauerns ab. (fp)
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