Appell von Christian Drosten: "Jeder sollte ein Kontakt-Tagebuch führen"

Es wird kälter, die Infektionszahlen steigen – und wie es in diesem Coronavirus-Winter weitergehen wird, weiß niemand. Eines aber ist sicher: Auch in den kommenden Monaten werden wir die AHA-Regeln beachten müssen, um uns und andere zu vor einer Ansteckung mit dem Sars-CoV-2-Erreger zu schützen: Abstandhalten, Hygiene, Alltagsmasken. Dazu kommt in der kalten Jahreszeit nun noch L und – gewissermaßen als Dauerbrenner – das A: Lüften und die App.

Und noch ein Instrument kann uns nach Überzeugung von Virologe Christian Drosten helfen, gesund durch den Winter kommen. Unter anderem in der jüngsten Ausgabe des Podcasts "Coronavirus-Update" vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) und auch schon in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung "Die Zeit" im August warb der Charité-Wissenschaftler für das individuelle Aufzeichnen von Kontakten zu anderen Menschen. Er schlug vor, dass "jeder Bürger ein Cluster-Kontakt-Tagebuch führen sollte".

Christian Drosten empfiehlt Führen von Kontakttagebuch

"Man kann sich jeden Abend zum Beispiel ins Smartphone, in den Notizblock oder auch auf irgendeinen Papierzettel schreiben, wo war ich heute, wo es mir eigentlich nicht ganz geheuer war", erklärte Drosten im NDR die Idee dahinter. "Also: War ich heute in einer Situation, da hatte ich das Gefühl, hier sind eigentlich zu viele Leute in einem geschlossenen Raum zusammen, zu eng beieinander, auch wenn die meisten Maske getragen haben?"

Virologe

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Sollten Symptome einer Covid-19-Erkrankung auftreten, falle es Betroffenen oftmals schwer, sich an alle Aktivitäten und Kontakte in der jüngeren Vergangenheit zu erinnern. Das Kontakttagebuch könne hier Abhilfe schaffen und so den Gesundheitsämtern die Verfolgung der Infektionskette erleichtern – möglicherweise könnte auf diesem Wege auch ein die Fallverfolgung verbessert werden. "Durch die Fokussierung auf die Infektionsquelle wird der neu diagnostizierte Patient nämlich zum Anzeiger eines unerkannten Quellclusters, das in der Zwischenzeit gewachsen ist", erläuterte der Virologe in der "Zeit". "Die Mitglieder eines Quellclusters müssen sofort in Heimisolierung. Viele davon könnten hochinfektiös sein, ohne es zu wissen."

Und noch ein weiterer Punkt spricht Drosten zufolge für das Führen eines Kontakttagebuchs: "Der zweite Effekt ist aber auch, dass sich alle Leute in der Gesellschaft, im Alltag, mehr klarmachen würden, dass sie immer mal in solche Situationen reingeraten und dass sie diese Situation in Zukunft vermeiden, weil sie dafür empfindlicher und sensibler werden."

Weiterer Baustein im Umgang mit dem Coronavirus

Enthalten sollten die Aufzeichnungen in jedem Fall Ort und Zeit der Situation sowie – soweit bekannt – die Daten der Menschen, zu denen Kontakt bestand. Wer es detaillierter mag, kann auch die Art des Kontakts und vorhandene oder fehlende Schutzmaßnahmen in der jeweiligen Situation notieren. Krankenkassen bieten beispielsweise entsprechende Vorlagen zum Download an (zum Beispiel hier). Wer nicht auf Zettel und Stift zurückgreifen möchte, kann sein Kontakttagebuch auch digital führen. In den App-Stores finden sich entsprechende Programme, etwa "Coronika" oder "Doctorbox".

Der Aufwand des Führens eines Kontakttagebuchs ist überschaubar, der Nutzen kann potenziell groß sein. Christian Drosten zeigte sich überzeugt, dass es weitere positive Effekte auf die Virusbekämpfung hat: "Wir müssen doch alle auch mitmachen können als Alltagsmenschen", sagte er im Podcast. "Wir würden alle mehr aktiv an der ganzen Sache teilnehmen. Gesamtgesellschaftlich wären wir dann auch im Erkenntnis- und Vermeidungsprozess weiter." Zum Umschalten der Gesellschaft auf einen "aktiven Teilnahmemodus" im Umgang mit der Pandemie gehörten auch "solche Aufmerksamkeitsübungen wie das Führen eines Cluster-Kontakt-Tagebuchs".

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