Angst vor Covid-19: Fünf Wege aus der Corona-Phobie

Nicht nur in den Medien und bei Demonstrationen scheiden sich gerade die Geister darüber, wie viel Vorsicht in Bezug auf das derzeit noch angebracht ist.

Auch im eigenen Bekanntenkreis finden Aufteilungen in verschiedene Grüppchen statt.

Da gibt es diejenigen, die am liebsten sofort wieder jedem um den Hals fallen würden. Dann gibt es Menschen, die Spazierrunden auf 1,5 Meter Abstand als neues Hobby gefunden haben und dann noch diejenigen, die man irgendwie gar nicht mehr zu Gesicht bekommt, weil sie sich seit Wochen mehr oder weniger verschanzt haben.

Gerade bei diesen letzten Personen trifft man dabei immer häufiger auf ein neues Phänomen, das inzwischen Psychologen auf der ganzen Welt besorgt: die Corona-Phobie.

Wenn man sich nicht mehr zum Arzt traut

Weil sich viele Patienten vor einer Ansteckung fürchten, sind viele Praxen und Kliniken so leer, wie lange nicht mehr.

Laut einer Befragung der Ärztegewerkschaft Marburger Bund befinden sich zehn Prozent der angestellten Ärzte durch diese Situation inzwischen sogar in Kurzarbeit, berichtet die ‚Heidenheimer Zeitung‘.

Das sei besorgniserregend, denn mehr als die Hälfte der Patienten in den Praxen sei schließlich chronisch krank und auf regelmäßige Behandlung angewiesen, bemerkt Stephan Hofmeister, Vizechef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Dennoch scheint es so, als wenn diese Patienten über die Angst vor Corona ihre eigenen Gesundheitsprobleme gerade lieber einfach aussitzen.

Ist das noch verhältnismäßig?

Wann sind die Sorgen übertrieben?

Der Frage nach der Verhältnismäßigkeit beim Umgang mit der Sorge um Corona, sind die beiden Psychologinnen Jill Newby und Aliza Werner-Seidler aus Sydney nachgegangen.

Auf der akademischen Online-Plattform ‚The Conversation‘ listen sie einige Anzeichen dafür auf, wann die eigene Beklommenheit in Bezug auf das Virus allmählich außer Kontrolle gerät.

Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die eigenen Ängste in keinem Verhältnis mehr zur tatsächlichen Gefahr stehen.

Wer beispielsweise jung ist, keine gesundheitlichen Vorerkrankungen hat und sich grundsätzlich an die empfohlenen Hygienevorschriften hält, aber trotzdem vor Sorge kaum zur Ruhe kommen kann, hat sich möglicherweise in eine Phobie verrannt.

Aufmerksam sollte man vor allem auch dann werden, wenn sich daraus sogar schon abgewandelte Verhaltensmuster entwickelt haben: Wenn bestimmte, eigentlich abgesicherte Situationen mit anderen Personen bereits vermieden werden oder man viel Zeit damit verbringt, den eigenen Körper auf Symptome zu überwachen.

Auch eine übermäßige Besessenheit beim Händewaschen, Desinfizieren und Reinigen von Gegenständen kann in der Kombination mit einigen zuvor genannten Punkten dafür sprechen, dass die Sorge vor einer Ansteckung neurotisch geworden ist.

Fünf Tipps gegen die Corona-Phobie

Wie jede psychische Belastung, kann auch eine übermäßig stark ausgeprägte Corona-Phobie zu negativen Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben führen.

Damit es im besten Fall aber erst gar nicht so weit kommt, geben die beiden Angst-Expertinnen fünf psychologische Tipps:

1. Nachrichten-Detox

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, auf dem Laufenden bleiben zu wollen.

Wenn allerdings Zeit, die man damit verbringt, Schreckensnachrichten über COVID-19 zu lesen, an Überhand gewinnt, kann das die eigene Angst ungünstig zusätzlich befeuern.

Sich zwischendurch immer mal wieder auf positive Neuigkeiten, Geschichten oder Aktivitäten zu konzentrieren, hilft dagegen, sich von den eigenen Ängsten abzulenken.

2. Verstand über Gefühle setzen

Unbestritten hat das Coronavirus in vielen Familien zu Tragödien geführt. Dennoch darf man darüber nicht vergessen, dass sich über 90 Prozent der in Deutschland mit dem Coronavirus infizierten Menschen bereits erholt haben.

Natürlich ist Vorsicht geboten, aber selbst wenn es zu einer Ansteckung kommen sollte, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der eigene Körper mit dem Virus gut fertig wird, wesentlich höher, als dass es zu ernsthaften Komplikationen kommt.

3. Dem Körper Ruhe gönnen

Oh, oh ein einmaliger Husten? Und könnte das Halskratzen sein?

Auf den eigenen Körper zu hören, ist einerseits gut. Andererseits kann gerade in diesen Zeiten zu viel Fokus auf ihn dazu führen, dass man schnell zum Hypochonder wird.

Auch hier gilt wieder das Prinzip der Ablenkung: Indem der Geist mit Aktivität bei Laune gehalten wird, verliert er leichter den überkontrollierenden Blick auf den eigenen Körper.

4. Sorgen in Aktionismus umwandeln

Die Entwicklung von Corona fällt leider nur bedingt in den eigenen Wirkungskreis. Dagegen kann es hilfreich sein, sich auf das zu konzentrieren, was in dem Bereich der eigenen Kontrolle liegt.

Dazu zählt zum Beispiel für genug Schlaf, Sport, oder das Kontakthalten mit Freunden und Familie zu sorgen.

Das stärkt nicht nur das Immunsystem, sondern sorgt auch für einen gesunden Geist – der nebenbei dann weniger Zeit hat, sich mit Sorgen zu quälen.

5. An einen Psychologen wenden

Hilft alles nichts? Auch okay, jeder kennt seine eigenen Grenzen am besten. In diesem Fall ist es in keinster Weise merkwürdig, sich professionelle Hilfe zu holen.

Schon ein Anruf bei der Krankenkasse kann dabei manchmal helfen, da diese nicht selten eigene Gesundheitskurse im Bereich Mental Health anbieten.

Daneben stellt der eigene Hausarzt eine gute Anlaufstelle dar, um sich beraten zu lassen.

Zudem gibt es auf Angstzustände spezialisierten Psychologen, denen das Phänomen der Corona-Phobie übrigens inzwischen schon vertraut ist.

Akzeptanz der Beschränkungen lässt nach

Auch wenn es einen Teil in der Bevölkerung gibt, der von der anhaltenden Angst vor Corona dominiert wird, wächst in Deutschland zurzeit vor allem der Anteil derer, die der Gefahr durch das Virus immer entspannter gegenüber stehen.

Wie sich in den wöchentlichen Ergebnissen desCorona-Monitors des Bundesinstituts für Risikobewertung ablesen lässt, werden nicht nur gesundheitlichen Auswirkungen des Coronavirus zunehmend kleiner eingeschätzt, sondern auch die Akzeptanz für die Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung sinkt bei den Deutschen.

So ergaben die letzten Umfragen im Rahmen des BfR Corona-Monitors vom 19.05., dass inzwischen nur noch 78 Prozent der repräsentativen Gesamtbevölkerung eine Maskenpflicht für angemessen halten. Einen Monat zuvor hatte dieser Wert am 21.04. noch bei 86 Prozent gelegen.

Auch Kontakt- und Reisebeschränkungen finden inzwischen bereits um zehn Prozent weniger Anklang in der befragten Bevölkerung.

So wie ein gesunder Respekt vor dem Virus in eine übertriebene Phobie umschlagen kann, zeigt dies, dass leider auch eine Tendenz in die andere Richtung zu beobachten ist – und schnell in Leichtsinnigkeit umschwingen kann.

Letztlich gilt es wohl, genau dazwischen die richtige – wenn auch schwer definierbare – Balance für sich zu finden in diesen Zeiten.

Quellen

  • BfR-Monitor (2020): BfR-Corona-Monitor vom 21. April, abgerufen am 25.05.20: https://www.bfr.bund.de/cm/343/200421-bfr-corona-monitor.pdf
  • BfR-Monitor (2020): BfR-Corona-Monitor vom 19. Mai, abgerufen am 25.05.20: https://www.bfr.bund.de/cm/343/200519-bfr-corona-monitor.pdf
  • HZ (2020): Coronavirus Deutschland. Gefährliche Angst vor dem Virus, abgerufen am 25.05.20: https://www.hz.de/politik/coronavirus-deutschland-gefaehrliche-angst-vor-dem-virus-46462050.html
  • The conversation (2020): 7 ways to manage your coronaphobia, abgerufen am 25.05.2020: https://theconversation.com/7-ways-to-manage-your-coronaphobia-138120

Larissa Hellmund

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