Nicht immer muss (nur) ein ungesunder Lebensstil für Krankheiten verantwortlich sein. Forscher verdächtigen nun einen Keim, an ihrer Entstehung beteiligt zu sein. Eigentlich löst er Parodontose aus – die Wissenschaftler konnten ihn aber auch mit Alzheimer, Herzinfarkt, Diabetes und Krebs in Verbindung bringen.
Was, wenn Mediziner in Zukunft mit einem einzigen Medikament beinahe alle Krankheiten heilen könnten? Einem internationalen Forscherteam zufolge könnte das tatsächlich mehr sein als eine Traumvorstellung. Seit Jahrzehnten haben verschiedenste Wissenschaftler aus der ganzen Welt das Bakterium „Porphyromonas gingivalis“ im Visier: ein Keim, der bekannterweise Parodontitis auslöst. Doch die Studien der Wissenschaftler zeigen, dass noch viele weitere Krankheiten ihren Ursprung in dem Keim haben könnten.
So brachten ihn bereits 1999 deutsche Forscher mit Herzinfarkten und Hirnschlägen in Verbindung. Patienten mit Entzündungen des Zahnbetts erkrankten fünf Mal häufiger an Arterienverengungen als Gesunde, sagte damals Wolf-Dieter Grimm, Professor für Parodontologie. Neunmal höher sei das Risiko, an Herzinfarkt oder Hirnschlag als Folge der Gefäßverengung zu sterben. In einer Langzeitstudie erforschte Grimm zusammen mit Zahnspezialisten der University of North Carolina die Zusammenhänge zwischen Zahnentzündungen und Gefäßkrankheiten.
Bakterium soll mit Alzheimer in Zusammenhang stehen
Anfang 2019 verkündete ein internationales Forscherteam eine weitere Entdeckung: Sie fanden heraus, dass der Keim in 90 Prozent der Gehirne von Menschen, die an Alzheimer gestorben waren, vorzufinden war. Auch im Gehirnwasser lebender Alzheimerpatienten wiesen sie den Keim nach.
Die Forscher vermuteten, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Krankheit und dem Keim geben muss. Diesen konnten sie in Tierversuchen bereits nachweisen. Eine orale Infektion mit dem Bakterium führte dazu, dass es sich im Gehirn von Mäusen ansammelte und dort Beta-Amyloid-Ablagerungen bildete. Diese stehen in Verbindung mit der Alzheimer-Krankheit.
An der Studie beteiligt war auch das Pharma-Unternehmen Cortexyme. Es hatte einen Wirkstoff entwickelt, der die Infektionen im Gehirn der Alzheimer-Mäuse aufhalten konnte. Auch klinische Studien haben bereits begonnen. Sie sollen das Mittel nun am Menschen testen.
Darmkrebs, Diabetes, Lungenentzündung: Der Keim kann fast überall nachgewiesen werden
Einer der Mitautoren der Studie, der polnische Mikrobiologe Jan Potemka, erklärte gegenüber der „Bild am Sonntag“, dass der Keim bei mehreren chronischen entzündlichen Krankheiten auftrete. Er halte es zum Beispiel auch bei rheumatoider Arthritis für sehr wahrscheinlich, dass das Bakterium sie auslösen könne. Auch Zusammenhänge zu Darmkrebs, Diabetes und Lungenentzündungen haben Wissenschaftler laut „Bild am Sonntag“ bereits entdeckt.
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Erster Schritt: Mundhygiene, nächster Schritt: Impfung
Da „Porphyromonas gingivalis“ über den Mund in den Körper gelangt, kann eine gute Mundhygiene hier bereits erste Vorsorge leisten. Das erklärten US-Forscher bereits 2005, als sie eine Studie veröffentlichten, die den Keim erneut mit der Entstehung von Herzinfarkten und Schlaganfällen in Verbindung brachte.
Laut „Bild am Sonntag“ tüfteln US-Forscher außerdem bereits an einer Impfung gegen das Bakterium. Die Immunologin Caroline Genco erklärte dem Blatt außerdem, dass es vielversprechende Versuche gebe, die Keime mit einer Blaulicht-Therapie zu bekämpfen.
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