Sie sind selbst zwölf und 13 Jahre – und töteten offenbar eine andere 12-Jährige. Die Tat im nordrhein-westfälischen Freudenberg schockiert. Ein Psychologe erklärt, was mit den Täterinnen jetzt passieren muss.
Die Geschehnisse in Freudenberg machen fassungslos. Zwei Mädchen, selbst gerade einmal zwölf und 13 Jahre alt, töteten offenbar eine andere 12-Jährige. Können Kinder in diesem Alter überhaupt wissen, was sie tun? Und was passiert jetzt mit ihnen?
Wussten die beiden Mädchen, was sie taten?
Es sei „unklar, ob man in diesen jungen Jahren eine exakte Vorstellung von der Endgültigkeit des Todes hat“, sagte jetzt Kinder- und Jugendpsychiater Helmut Remschmidt dem „RND“ . Man könne daran zweifeln, ob die beiden tatverdächtigen Mädchen begriffen haben, dass das andere Mädchen stirbt. Dass es tot ist, für immer.
Der Experte habe bereits einen ähnlichen schockierenden Fall erlebt. Damals habe er einen 15-Jährigen betreut. Diese habe einen Gleichaltrigen durch Erwürgen getötet. Damals sei das Motiv jedoch ein sexuelles gewesen. Solche Fälle gebe es häufiger. In denen sehr junge Menschen andere töten, da sie sich sexuell belästigt, manipuliert fühlten. „Aber dass zwei Mädchen ein drittes Mädchen getötet haben, das habe ich in 40 Jahren Tätigkeit noch nicht erlebt.“
Gibt es eine Chance auf Resozialisierung?
Wie geht es mit den Mädchen weiter? Laut Remschmidt sollten nun zunächst einige Punkte geklärt werden. Etwa, ob es ein Vorbild für die Tat gebe, zum Beispiel aus der Presse oder einem Krimi. Auch in welcher Beziehung die drei Mädchen zueinander standen und was genau vor der Tat passiert sei. „Dass die beiden einfach so, ohne Vorgeschichte, getötet haben, nur, weil sie jemanden sterben sehen wollten, ist außerordentlich unwahrscheinlich“, so der Psychologe.
Strafunmündige Täter kämen in der Regel zunächst in ein therapeutisches Heim. Dort werde die Tat aufgearbeitet, sie könnten weiter zur Schule gehen. „Dass Täter und Täterinnen einfach so weiterleben, das kommt nicht vor, das wäre auch unmöglich.“ Zurückkehren in ihren Freundeskreis können die beiden Täterinnen wohl nicht. Es könne gut sein, dass ein Umzug notwendig sei. Gerade in kleineren Gemeinden gerate die Familie sonst schnell unter Beschuss. „Da gibt es keine Anonymität“.
Ausgeschlossen ist eine Resozialisierung laut Remschmidt jedoch nicht. Auch bei Kindern oder Jugendlichen, die schwere Gewalttaten begingen. Sie würden betreut, teils in Haft, aber auch therapeutisch. „Diese Jugendlichen können sich völlig normalisieren.“ Resozialisierung sei möglich – aber sie gehe nicht von selbst. „Es sind Anstrengungen seitens der Gesellschaft erforderlich“, resümmiert der Psychologe.
Verurteilte Straftäter haben in Deutschland ein Recht auf Resozialisierung, schreibt das Portal der Kinder und Jugendhilfe. Das bedeute, dass sie schon während ihrer Zeit im Gefängnis mit verschiedenen Maßnahmen dabei unterstützt werden, später wieder zurück in die Gesellschaft zu finden und ein straffreies Leben zu führen.
Mädchen leben vorerst nicht mehr bei ihren Eltern
Nach ihrer Tat leben die beiden Mädchen vorerst nicht mehr bei ihren Eltern. Sie seien „außerhalb des häuslichen Umfeldes untergebracht“. Das teilte der zuständige Kreis Siegen-Wittgenstein mit. „Das ist auch damit verbunden, dass die Kinder nicht ihre bisherigen Schulen besuchen.“
Allerdings hätten sie weiterhin Kontakt zu ihren Eltern. „Der Kontakt zur Familie ist aufgrund des jungen Alters der Mädchen für die Entwicklung einer gelingenden Unterstützung sehr bedeutsam und wird insofern unterstützt“, teilte der Kreis mit. Auch für die beiden Tatverdächtigen handele es sich um eine „ganz außergewöhnliche Situation, die viel Empathie und umsichtiges Agieren erfordert“, sagte Kreis-Jugenddezernent Thomas Wüst.
Die beiden Mädchen hatten gestanden, die zwölfjährige Luise mit zahlreichen Messerstichen getötet zu haben. Die Täterinnen und das Opfer sollen sich gekannt haben. Wegen ihres Alters sind sie noch nicht schuldfähig und können deshalb nicht vor Gericht angeklagt werden. Zum Motiv machten die Ermittler keine Angaben.
Die zwölfjährige Luise war seit Samstag vermisst worden und am Sonntag tot in der Nähe eines Radweges auf rheinland-pfälzischem Gebiet unmittelbar an der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen gefunden worden. Bei der Obduktion wurden zahlreiche Messerstiche festgestellt. Das Mädchen war nach Angaben der Ermittler verblutet.
Auch mit der Familie der getöteten Zwölfjährigen stehe der Kreis in Kontakt. „Sobald die Familie von Luise dies wünscht, steht das Kreisjugendamt der Familie jederzeit zur Unterstützung zur Verfügung“, teilte die Kreisverwaltung mit.
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