Arzneimittel in der Umwelt – der Strategieansatz der EU

Schon im Jahr 2008 hatte die Europäische Kommission erkannt, dass Arzneimittel schädliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Doch erst 2019 wurde ein „Strategischer Ansatz für Arzneimittel in der Umwelt“ verabschiedet. Die Grünen-Abgeordnete und approbierte Apothekerin Jutta Paulus setzt sich im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments dafür ein, Regelungen zu schaffen, um Einträge von Arzneistoffen in die Umwelt zu vermindern. Ein Problem ist, dass es bisher nur sehr wenige Forschungsergebnisse über die Auswirkungen von Medikamenten in der Umwelt gibt.

„Insgesamt reden wir von über 3.000 aktiven Wirkstoffen, die in mehr oder weniger großen Mengen in der EU auf dem Markt sind“, berichtete Jutta Paulus, Mitglied des Europäischen Parlaments, beim Symposium „Verminderung von Arzneimittelrückständen im Abwasser“. Bei der Prüfung von Arzneimitteln habe die Auswirkung auf die Umwelt auch lange Zeit gar keine Rolle gespielt. Denn es herrschte grundsätzlich der Ansatz vor, dass Arzneimittel einen so überwältigenden Nutzen für die Menschen brächten, dass das Verhalten in der Umwelt vernachlässigbar sei. Doch Studien besagen inzwischen, dass Arzneimittel schon in geringen Mengen Auswirkungen auf die Tierwelt haben. 

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So sei zum Beispiel in Gewässern mit hohem Siedlungsdruck eine hohe Belastung mit Ethinylestradiol nachweisbar, das nachweislich die Fortpflanzung von Fischen beeinflusst. Auch das apothekenpflichtige Diclofenac kann in Fischen und Ottern nachgewiesen werden und hat in Indien zu einem Massensterben von Geiern geführt. Zudem steigt die Gefahr von antimikrobiellen Resistenzen mit der Menge an Arzneimitteln in der Umwelt. So komme ein Bericht der WHO zu dem Schluss, dass bereits geringe Konzentrationen von Arzneimitteln im Trinkwasser mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellten. In einem Initiativbericht des EU-Parlaments wurde daher im vergangenen Jahr angesprochen, dass auf europäischer Ebene mehr passieren müsse.

Warnung: „Umsichtig einsetzen, da klimawirksam“

Oft seien es auch die kleinen Maßnahmen, die einiges bewirkten. Paulus berichtet beispielhaft über den Einsatz des sehr klimawirksamen Narkosemittels Desfluran, das in einem Krankenhaus mit der Warnung „Umsichtig einsetzen, da klimawirksam“ etikettiert wurde. Dies führte zu einem 30-prozentigen Rückgang des Verbrauchs, alleine dadurch, dass die Anästhesisten das Mittel erst dann anfluteten, wenn sie es wirklich brauchten. 

Im gleichen Krankenhaus konnten die bei OPs anfallenden Medikamentenabfälle zu 40 Prozent reduziert werden, indem Mittel nicht schon vor der OP prophylaktisch geöffnet oder aufgezogen, sondern nur bereitgelegt wurden. Neben der Sensibilisierung von Menschen und der Förderung eines umsichtigen Umgangs mit Medikamenten müsse man allerdings viel weiter gehen. Es müsse, meint Paulus, schon bei der Entwicklung von Medikamenten angesetzt werden. 

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Es gebe bereits heute Möglichkeiten vorherzusagen, wie sich ein Molekül verhält, auch ob es biologische abbaubar sei. Dies müsse kein Widerspruch zur Wirksamkeit sein, wenn von vorneherein schon der Designansatz entsprechend entwickelt würde. „Wir brauchen eine Forschungsinitiative, denn die Wissenslücken sind noch sehr groß“, sagte Paulus. So forderte der EU-Ausschuss für Umweltfragen in einem Kommissionsvorschlag im vergangenen September die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission auf, Forschung, Entwicklung und Innovation auf dem Gebiet der Arzneimittel zu unterstützen, in neue Technologien zu investieren und die Umweltauswirkungen von Arzneimitteln in die Nutzen-Risiko-Bewertung von Humanarzneimitteln einzubeziehen.

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