COVID-19-Schnelltests erfüllen oftmals nicht die Erwartungen
Große Hoffnungen im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie beruhen auf den sogenannten Schnelltests, die eine möglichst frühe Feststellung von Infektionen ermöglichen und damit auch eine Ansteckung weiterer Personen vermeiden können. Begleitende Schnelltests sollen beispielsweise in den Schulen eine Rückkehr zum Präsenzunterricht ermöglichen. Doch wie sicher sind die Ergebnisse dieser Tests?
In einem aktuellen Cochrane-Review wurden die bisher verfügbaren Daten zur Genauigkeit der Schnelltests ausgewertet und dabei einige Schwächen der Tests deutlich. So zeigt die systematische Übersichtsarbeit, dass Schnelltests für den Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion (COVID-19) bei symptomatischen Verläufen zwar durchaus geeignet sein können, allerdings bei symptomfreien Infektionen eher unzuverlässig bleiben.
Auch waren deutliche Unterschiede zwischen den Schnelltests verschiedener Hersteller feststellbar und nur sehr wenige erfüllten die festgelegten Mindeststandards der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Veröffentlicht wurden die Ergebnisse des Reviews in der „Cochrane-Libary“.
Zuverlässige Schnelltests ein wichtiges Instrument
Da eine rasche Diagnose von Menschen mit SARS-CoV-2-Infektion wichtig ist, um Entscheidungen über die Behandlung und weitere Maßnahmen wie Isolierung und die Nachverfolgung der Kontakte zu treffen, ruhen viele Hoffnung auf den Schnelltests zum Nachweis von SARS-CoV-2. Von diesen stehen bisher zwei Arten zur Verfügung: Antigen-Tests und Molekular-Tests, berichtet die Cochrane Collaboration.
Bei beiden Formen der COVID-19-Schnelltests wird eine Probe aus Nase oder dem Rachen verwendet und die Antigen-Tests identifizieren Proteine des Virus, während die Molekular-Tests das genetische Material des Virus nachweisen.
Die Antigen-Tests werden – ähnlich wie Schwangerschaftstest – in Einweg-Plastikkassetten geliefert und innerhalb von 30 Minuten wird das Ergebnis angezeigt, während die Molekular-Tests Desktop-Analysegeräte oder kleine Handgeräte benötigen, auf denen die Ergebnisse in der Regel binnen 30 Minuten bis 2 Stunden abgelesen werden können, so die Mitteilung der Cochrane Collaboration.
Auswertung der verfügbaren Studien
Eine erste Auswertung von 22 Studien zur Genauigkeit von Schnelltests wurde bereits im August 2020 veröffentlicht und die aktualisierte Version umfasst nun die Ergebnisse von 64 Studien, wobei die meisten Studien aus Europa und den USA stammen, berichtet die Cochrane Collaboration. Nur drei Studien seien ausschließlich an Personen ohne Symptome durchgeführt worden und noch keine Studien zum Einsatz von Schnelltests in Schulen eingeschlossen.
Begrenzte Datenlage bei Molekular-Tests
Insgesamt zeige die Datenauswertung, dass bei den Molekular-Tests durchaus eine sehr hohe Genauigkeit erreicht werden kann. Allerdings sei angesichts der begrenzten Anzahl verfügbarer Studien bisher keine eindeutige Aussage und auch keine Unterscheidung zwischen symptomatischen und symptomfreien Testpersonen möglich.
Höhere Genauigkeit bei symptomatischem Verlauf
Bei den Antigen-Tests ist die Studienlage hingegen mittlerweile deutlich besser. So geht aus den Daten beispielsweise hervor, dass bei Menschen mit Symptomen die Antigen-Schnelltests zuverlässiger sind als bei symptomlosen Personen, um Fälle von COVID-19 korrekt zu identifizieren. „Bei Personen mit Symptomen wurden im Durchschnitt 72 Prozent der Personen, die COVID-19 hatten, korrekt als infiziert identifiziert“, berichtet die Cochrane Collaboration.
Am zuverlässigsten seien die Antigen-Tests in der ersten Woche nach Beginn der Symptome, „dann identifizierten sie 78 Prozent der Personen mit COVID-19.“ Bei symptomfreien Personen erreichten die Tests hingegen nur eine Genauigkeit von durchschnittlich 58 Prozent bei der korrekten Erkennung einer vorliegenden SARS-CoV-2-Infektion.
Zuverlässiger Ausschluss von Infektionen
Jedoch war die Genauigkeit der Antigen-Tests laut dem Cochrane-Review beim korrekten Ausschluss einer Infektion wesentlich höher: 99,5 Prozent bei nicht infizierten Personen mit COVID-19-ähnlichen Symptomen und 98,9 Prozent bei nicht infizierten Personen ohne Symptome.
Unterschiede bei den Testmarken
Eine detaillierte Betrachtung der Antigen-Tests verschiedener Hersteller machte zudem deutlich, dass hier erhebliche Unterschiede in der Genauigkeit bestehen. „Bei Personen mit COVID-19-Symptomen reichte die korrekte Identifizierung über die verschiedenen Testmarken hinweg von 34 Prozent (Coris Bioconcept Assay) über 58 Prozent (Innova Assay) bis hin zu 88 Prozent (SD Biosensor STANDARD Q Assay) der infizierten Personen“, so die Mitteilung der Cochrane Collaboration.
Vorgaben der WHO oft nicht erfüllt
Laut WHO sollten geeignete Schnelltests mindestens 80 Prozent der Menschen mit einer Infektion korrekt identifizieren und eine Infektion bei 97 Prozent der nicht infizierten Menschen korrekt ausschließen. Diese Vorgabe wird von vielen Antigen-Tests nicht erreicht, wobei die Forschenden jedoch ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Genauigkeit der Tests auch von der Einhaltung der Gebrauchsanleitungen der Hersteller abhänge.
Antigen-Tests können nützlich sein
„Unsere Übersichtsarbeit zeigt, dass einige Antigen-Tests nützlich sein können, wenn bei Menschen mit Symptomen ein Verdacht auf COVID-19 besteht“, betont die Erstautorin des Cochrane-Reviews Jacqueline Dinnes von der University of Birmingham. Jedoch scheinen diese Tests bei Menschen, die keine Symptome von COVID-19 haben, nicht so gut zu funktionieren, so Dinnes weiter. Die Bestätigung positiver Schnelltest-Ergebnisse mit einem RT-PCR-Test könne hier helfen, unnötige Quarantäne-Maßnahmen zu vermeiden.
Da alle Antigen-Tests einige Personen mit einer Infektion übersehen, sollten Personen mit einem negativen Schnelltestergebnis sich zudem der Tatsache bewusst sein, dass sie dennoch infiziert sein können, betont die Expertin. Außerdem gebe es einige neue Hinweise darauf, dass die Genauigkeit des Tests davon beeinflusst wird, wer ihn durchführt. Dies müsse in künftige Studien überprüft werden.
Erfreulich sei, dass einige Testmarken die von der WHO festgelegten minimalen Leistungsstandards für die Untersuchung von Menschen mit Symptomen erfüllen, „allerdings machen diese nur einen sehr kleinen Teil der kommerziell erhältlichen Tests aus“, so der Koautor Professor Jon Deeksvond von der University of Birmingham. Zudem sehe die Situation beim Testen von Menschen ohne Symptome anders aus.
Screening mit Schnelltests
Inwiefern die Verwendung von wiederholten Antigen-Schnelltests zum Screening auf SARS-CoV-2-Infektionen in Schulen, Kliniken und Pflegeheimen sinnvoll ist, lässt sich anhand der bisher verfügbaren Daten nicht eindeutig bewerten. Zu der Genauigkeit dieser Tests, wenn sie beim wiederholten Screening von Personen ohne bekannte Exposition gegenüber SARS-CoV-2 eingesetzt werden, liegen laut Angaben der Cochrane Collaboration noch nicht genug belastbare Studienergebnisse vor. (fp)
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