Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Arzneimittelherstellern fallen unter das Geschäftsgeheimnis. Unbeteiligte, zum Beispiel Apotheker, haben damit keinen Anspruch zu erfahren, wie hoch die gewährten Rabatte sind. Das hat jetzt das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Seit es Rabattverträge zwischen Krankenkassen und Pharmaunternehmen gibt, ärgern sich Apotheker, dass die tatsächlichen Einsparungen der Kassen geheim bleiben. Zwar veröffentlicht das Bundesgesundheitsministerium regelmäßig eine Gesamt-Einsparsumme aller Krankenkassen durch diese Rabatte – aber wie hoch die Nachlässe im Einzelnen sind, bleibt im Dunkeln.
Das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt entschieden, dass Unbeteiligte nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) kein Recht auf Auskunft haben, wie viel Rabatt ein Arzneimittelhersteller einer Krankenkasse für ein Arzneimittel gewährt. Die Klage eines Apothekers, der von einer Betriebskrankenkasse erfahren wollte, wie viel Rabatt ihr der Originalhersteller von Prograf 1 mg Kapseln 100 Stück (Astellas) für dieses Arzneimittel gewährt, ist endgültig gescheitert. In erster Instanz war ihm der Auskunftsanspruch noch gewährt worden.
In ihrem Urteil führen die Bundesverwaltungsrichter aus, dass dem klagenden Apotheker zwar grundsätzlich ein Informationszugangsanspruch zustehe. Denn die beklagte Krankenkasse sei eine Behörde des Bundes im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG und als solche verpflichtet, Informationen zu erteilen. Allerdings: Es gibt Ausschlussgründe.
Geschäftsgeheimnis mit Wettbewerbsrelevanz
Zum einen ergebe sich der Ausschluss aus § 6 Satz 2 IFG. Danach darf der Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Bei der hier begehrten Auskunft zur Höhe des Rabattes handelt es sich zunächst um ein Geschäftsgeheimnis – und zwar sowohl der Krankenkasse als auch des in dem Verfahren beigeladenen Pharmaunternehmens. Das Gericht nimmt hier ein berechtigtes und wettbewerbsrelevantes Geheimhaltungsinteresse an. Die Höhe des vereinbarten Rabattes lasse für Wettbewerber nämlich Rückschlüsse auf die Gewinnmarge des Pharmaunternehmens und seine kalkulatorischen Grundlagen zu.
Die Wettbewerbsrelevanz entfalle auch nicht dadurch, dass der Wirkstoff Tacrolimus seit dem Jahr 2014 auf der Substitutionsausschlussliste steht. Denn zumindest mit Reimporteuren, die das Tracolismus-Präparat ebenfalls vertreiben, stehe Astellas weiterhin im Wettbewerb. Und nicht zuletzt: Hätten dritte Krankenkassen Kenntnis von der vereinbarten Rabatthöhe, wüssten sie, zu welchen Konditionen das Unternehmen bereit gewesen sei, eine individuell ausgehandelte Rabattvereinbarung abzuschließen. Auch die zweite Bedingung der Ausschlussnorm ist erfüllt: Weder die Krankenkasse noch das Pharmaunternehmen haben eingewilligt, dem Apotheker Zugang zu ihrem „Geheimnis“ zu gewähren.
Ein weiterer Ausschlussgrund ergibt sich aus § 3 Nr. 6 Alt. 2 IFG: Denn das Bekanntwerden eines zwischen einer Krankenkasse und einem pharmazeutischen Unternehmer vereinbarten Rabattes wäre auch geeignet, wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen. „Müsste die nach § 130a Abs. 8 SGB V zwischen einer gesetzlichen Krankenkasse und einem Arzneimittelhersteller vereinbarte Rabatthöhe auf der Grundlage des IFG preisgegeben werden, stellte dies die Funktionsfähigkeit des Systems von Rabattvereinbarungen zwischen gesetzlichen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen insgesamt in Frage“, so die Leipziger Bundesrichter.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2020, Az.: 10 C 22.19
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