Rx-Boni-Verbot: „Keine negativen Signale“ der EU-Kommission

Die ersten Gespräche zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission über das Apotheken-Stärkungsgesetz verliefen offenbar besser als gedacht. Obwohl die EU-Kommission in einem Vertragsverletzungsverfahren von der Bundesrepublik derzeit verlangt, die Rx-Preisbindung für EU-Versender aufzugeben, soll es bezüglich des Rx-Boni-Verbots im SGB V zunächst „keine negativen Signale“ aus Brüssel gegeben haben, erfuhr DAZ.online aus Kreisen der Unionsfraktion. Man wolle nun wie geplant in die parlamentarische Beratung des Gesetzes einsteigen.

Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Apotheken-Stärkungsgesetz steht schon seit Wochen auf wackeligen Beinen. Denn dem Vernehmen nach kam der Kabinettsbeschluss des Gesetzes nur zustande, weil Spahn dem Justizministerium zusichern musste, das Vorhaben vorab mit der EU-Kommission abzustimmen. Schließlich hatte die Kommission gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren intensiviert, um zu erwirken, dass die Rx-Festpreise für Versandhändler aus anderen EU-Staaten aufgegeben werden. Spahn will in seinem Gesetz mit einem im SGB V verankerten Rx-Boni-Verbot und der Streichung der „alten“ Rx-Preisbindung für EU-Versender aus dem Arzneimittelgesetz reagieren. Das Justizministerium hielt diesen Schachzug aber für juristisch angreifbar und bat den Gesundheitsminister um eine Abstimmung mit Brüssel.

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BMG: Gespräche sind konstruktiv

Nach Informationen von DAZ.online reisten in der vergangenen Woche zwei Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums nach Brüssel, um das Vorhaben mit der Kommission abzustimmen. Das BMG selbst will sich nicht zu Inhalten und weiteren Gesprächsterminen äußern. Nur so viel: „Die Bundesregierung steht in einem konstruktiven Austausch mit der EU-Kommission“, sagte ein BMG-Sprecher. Die Gespräche würden fortgesetzt.

Aus Spahns Unionsfraktion heißt es indes, dass die ersten Gespräche mit der Kommission besser gelaufen seien als gedacht. Es habe „keine negativen Signale“ hinsichtlich des Rx-Boni-Verbots im SGB V gegeben. Die BMG-Vertreter, darunter offenbar auch Arzneimittelabteilungsleiter Thomas Müller, sollen der Kommission gegenüber zwei Kernargumente vorgebracht haben: Erstens ging es dem Vernehmen nach – wie schon in der Begründung des Apotheken-Stärkungsgesetzes aufgeführt – um das Solidaritätsprinzip, auf dem das gesamte SGB V aufbaut und das eine der wichtigen Säulen der GKV-Versorgung ist.

Die Gesundheitsexperten der Unionsfraktion messen der Abstimmung mit Brüssel gerade wegen dieses Argumentes eine große Bedeutung bei: Schließlich wäre es ein kritisches Zeichen, wenn Europa signalisierte, dass selbst Regelungen im Sozialrecht unionsrechtlich angegriffen werden könnten. Fraglich wäre dann, ob nicht auch andere Strukturen und Vorschriften in anderen Versorgungsbereichen juristisch hinterfragt werden könnten. Zweitens hört man, dass das BMG auch den Vergleich mit dem Rx-Versandverbot ins Spiel gebracht haben sollen. Im Vergleich zum kompletten Rx-Versandverbot sei das Rx-Boni-Verbot im SGB V das „mildere Mittel“, schließlich könnten die EU-Versender ihr Geschäft so weiterhin betreiben, mit einem Verbot sei eine Weiterführung der Rx-Belieferung gar nicht mehr möglich, so das Argument.

Unklar ist es allerdings, wie und wann die Gespräche mit der EU weitergehen. Erst gestern war bekannt geworden, dass Ursula von der Leyen die Zypriotin Stella Kyriakides zur neuen EU-Gesundheitskommissarin und die Französin Sylvie Goulard zur Kommissarin für den Binnenmarkt ernennen will. Natürlich wäre es möglich, dass sich die Ansichten der Kommission nach dem Personalwechsel nochmals ändern. 

Union: Rx-Boni sind weiterhin ein No-go

Für die Unionsfraktion ist aus inhaltlicher Sicht eine Sache klar: Eine Öffnung der Rx-Preisbindung, beispielsweise mit einem Rx-Boni-Deckel, sei ein „No-go“. Spahn hatte ursprünglich vorgeschlagen, als Reaktion auf das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung einen Boni-Deckel bei 2,50 Euro festzulegen. Damals war er jedoch auf heftigen Widerstand innerhalb seiner Fraktion gestoßen. Gegenüber DAZ.online erklärten mehrere Unionsabgeordnete, dass sie Rx-Boni weiterhin verhindern werden. Auch wenn Spahn diese wegen möglicher negativer Signale aus Brüssel einführen wollte.

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