Forschende Pharma-Unternehmen: Lagervorräte sind kein „Tabubruch“

Die Politik will endlich aktiv werden und Maßnahmen gegen die nicht nachlassenden Lieferengpässe ergreifen. Die jüngsten Vorschläge für einen Änderungsantrag zum Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz finden auch bei den forschenden Arzneimittelherstellern Anklang. Dass das BfArM künftig bei Problemen Lagervorräte bei Großhändlern und Herstellern anordnen können soll, sei „für uns kein Tabubruch“, sagt vfa-Präsident Han Steutel gegenüber DAZ.online

Die Große Koalition diskutiert derzeit mögliche Maßnahmen gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln. Die Fraktionen von Union und SPD haben bereits jeweils Positionspapiere mit verschiedenen Ideen erarbeitet – wobei das der SPD noch nicht abschließend abgestimmt ist. Vergangene Woche hat dann das Bundesgesundheitsministerium nachgelegt und Formulierungshilfen für Änderungsanträge zum Faire-Wettbewerb-Gesetz vorgelegt – eine davon widmet sich der „Bekämpfung von Lieferengpässen“. 

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Beim Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) treffen diese Vorschläge auf Zuspruch: „Wir begrüßen, dass der Gesundheitsminister jetzt ein gezieltes Maßnahmenbündel plant“, sagt vfa-Präsident Han Steutel gegenüber DAZ.online. „Denn Lieferengpässe von Arzneimitteln sind ein Problem, das beherzt angegangen werden muss!“ Auch forschende Pharma-Unternehmen wollten mit ihren Produkten „natürlich möglichst immer lieferfähig sein.“

Ja zur Lagerpflicht im Einzelfall, aber keine generell höhere Bevorratung

So ist es aus vfa-Sicht die „richtige Weichenstellung“, wenn nun das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gestärkt und zur zentralen Steuerungseinheit bei Lieferproblemen werden soll. Die Formulierungshilfe sieht vor, dass der bisherige Jour Fixe zu Lieferengpässen mit erweiterter Besetzung zu einem „Beirat“ beim BfArM weiterentwickelt werden soll – verankert im Arzneimittelgesetz und mit Handlungsmöglichkeiten ausgestattet. Für den vfa ist die angedachte Ermächtigung des BfArM, bei Problemen Lagervorräte bei Großhändlern und Herstellern anordnen zu können, „kein Tabubruch“. Steutel: „Gezielte Maßnahme mit Blick auf den Einzelfall sind durchaus wirksam“. Eine generelle – also höhere Bevorratung als eigentlich nötig – lehnt der vfa hingegen weiterhin ab. „Das wäre sehr aufwendig und ineffizient“.

Dass bei akuten Problemen auf die Pflicht zur deutschen Etikettierung von Arzneimitteln verzichtet werden kann, ist für Steutel ebenfalls „eine pragmatische Lösung“. Allerdings sollte dies nicht nur für direkt durch den Arzt anzuwendende Medikamente gelten, wie es die Formulierungshilfe derzeit vorsieht. Schließlich seine heutzutage die Produktinformationen für viele Medikamente bereits in den gängigen EU-Sprachen elektronisch verfügbar.  

Sollte sich die Koalition auf die nun ins Spiel gebrachten Maßnahmen einigen, werden sie Teil des Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz, das Ende November auf der Tagesordnung des Bundesrats steht und anschließend im Bundestag beraten wird. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Maßnahmen noch weiter gehen – die bisherigen Ideen von Union und SPD gehen jedenfalls bereits über die Vorschläge aus dem Ministerium hinaus.

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