Mehr Zeit, mehr Geld sowie Unterstützung durch mobile Expertenteams für kleine Krankenhäuser: Die Voraussetzungen für Organspenden in deutschen Kliniken sollen sich verbessern. Darauf zielt ein Gesetz ab, das der Bundestag am Donnerstag mit breiter Mehrheit beschlossen hat.
Ziel ist, die Zahl der Spender in Deutschland zu erhöhen. „Das gibt den 10.000 Patienten Hoffnung, die auf ein Spenderorgan warten“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Das Gesetz soll voraussichtlich Anfang April in Kraft treten. Die zentralen Punkte:
MEHR ZEIT: Seit 2012 müssen alle Kliniken Transplantationsbeauftragte benennen, die die Betreuung von Organspenden organisieren. Zu diesem Prozess zählt, mögliche Organspender zu identifizieren, melden, Angehörige zu begleiten und Ärzte sowie Pfleger regelmäßig im Hinblick auf das Thema auf dem Laufenden zu halten.
Damit die Beauftragten dieser Funktion nachkommen können, sollen sie künftig von anderen Aufgaben befreit werden. Die Vorgaben dafür richten sich nach der Bettenzahl in Intensivstationen. Außerdem sollen sie Zugangsrecht zu den Intensivstationen erhalten und eingeschaltet werden, wenn Patienten als Organspender infrage kommen könnten.
MEHR GELD: Kliniken sollen für Organspenden besser vergütet werden. Jetzige Pauschalen seien nicht kostendeckend, sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach. Das solle sich ändern, ohne dass Kliniken mit Organspenden Gewinne machten. Laut Entwurf dürften auf die gesetzlichen Krankenkassen dadurch geschätzte Ausgaben von mehr als 30 Millionen Euro im Jahr zukommen.
Für das Gesundheitssystem bedeute die bessere Vergütung zwar auf den ersten Blick Mehrkosten, langfristig aber auch Einsparungen, sagt Lauterbach. So seien Folgekosten ausbleibender Transplantationen teils höher, etwa bei dauerhafter Blutreinigung wegen schwerer Nierenerkrankungen.
MOBILE EXPERTENTEAMS: Geplant ist ein neuer Bereitschaftsdienst mit mobilen Ärzteteams. Dieser soll gewährleisten, dass alle Kliniken die medizinischen Voraussetzungen für Organspenden überprüfen können – also den endgültigen, nicht behebbaren Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Bis Ende 2020 soll dem Gesetz zufolge „eine geeignete Einrichtung“ mit der Organisation des Expertenteam beauftragt werden.
WEITERE PUNKTE: Erleichtert werden soll auch ein Austausch zwischen Betroffenen – mit Regeln für anonymisierte Schreiben, mit denen sich Organempfänger bei den Angehörigen von Organspendern bedanken können. Außerdem soll mit einem bundesweiten Dokumentationssystem in den Kliniken unter anderem erfasst und ausgewertet werden, warum ein Ausfall von Hirnfunktionen nicht festgestellt wurde.
Unabhängig von dem Gesetz läuft im Bundestag eine Diskussion über neue Organspende-Regeln. Bisher sind Entnahmen nur erlaubt, wenn der Spender oder Angehörige ausdrücklich zugestimmt haben. Spahn wirbt stattdessen für eine sogenannte „doppelte Widerspruchslösung“. Demnach gilt automatisch jeder als Spender, der nicht widerspricht. Als doppelte Schranke können auch Angehörige diesen Widerspruch noch abgeben.
Eine Gruppe um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock und Linke-Chefin Katja Kipping schlägt dagegen vor, die Bereitschaft zur Organspende immer wieder verbindlich abzufragen – etwa beim Abholen neuer Pässe.
Einen „Hoffnungsschimmer“ gibt es laut Ärzte und Politiker bereits, auch wenn noch weiterer Handlungsbedarf besteht: Die Zahl der Spenden ist nach langem Abwärtstrend wieder gestiegen. Im vergangenen Jahr überließen 955 Menschen nach ihrem Tod Organe für andere Patienten, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) mitteilte. Das war ein Plus von knapp 20 Prozent im Vergleich zu 2017 mit 797 Spendern und der erste größere Anstieg seit 2010.
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