Dem Mann ist oft übel, er hat ein starkes Völlegefühl, sein Bauch schmerzt. Mehrmals sucht er deshalb ärztliche Hilfe. Doch weder ein Ultraschall, noch eine Endoskopie noch diverse Bluttests liefern einen Befund.
Als er bereits vier Jahre mit den Beschwerden lebt, erhält er bei einem Gastroenterologen, also einem Facharzt für Magen-Darm-Erkrankungen, eine Diagnose: funktionelle Dyspepsie, umgangssprachlich Reizmagen. Der Arzt verordnet dem 38-jährigen Patienten Medikamente mit den Wirkstoffen Pantoprazol und Levosulpirid, wie ein Team indischer Ärzte im Fachblatt „Psychosomatics“ berichtet.
Kribbeln im Bein
Die Medikamente helfen, die Symptome werden etwas schwächer. Doch innerhalb einer Woche plagen den Mann neue Probleme. Nachts kribbeln seine Beine so stark, dass es ihm den Schlaf raubt. Er massiert sie oder läuft umher, um das Kribbeln irgendwie zu ertragen. Tagsüber fühlt er sich müde und kann sich kaum konzentrieren. Seine Beine bereiten ihm allerdings während des Tages keine Probleme.
Der Patient sucht ein weiteres Mal den Gastroenterologen auf, um von den neuen Beschwerden zu berichten. Der Arzt überweist ihn in die psychiatrische Abteilung des Medical College der indischen Stadt Rewa, damit die Kollegen dort die Ursache seiner Schlafstörung ergründen.
In der Klinik macht der Mann einen neurologischen Test. Die Ärzte untersuchen zudem die Funktion von Schilddrüse, Leber und Nieren. Auch ermitteln sie verschiedene Blutwerte und suchen so unter anderem nach einem möglichen Mangel an Vitamin B12. Doch sämtliche Testergebnisse sind unauffällig.
Der Patient nimmt keine Drogen. Er litt nie unter einer psychischen Erkrankung und auch aus seiner Familie sind keine Fälle bekannt.
Die Ärzte schließen aus, dass der Mann an einer sogenannten Akathisie leidet. Der Begriff beschreibt eine Unruhe, bei der Betroffene Bewegungen mit den Händen oder den Füßen ständig wiederholen und kaum oder gar nicht still sitzen oder liegen können. Hätte der Patient eine Akathisie, die unter anderem bei der Parkinson-Erkrankung auftreten kann, müssten die Probleme auch tagsüber bestehen. Ebenso unwahrscheinlich ist, dass der Mann nächtliche Wadenkrämpfe hat: Dann würde er stärker über Schmerzen klagen und weniger über Unruhe, vermutet das Team um Dheerendra Mishra.
Stattdessen gehen die Ärzte davon aus, dass der Patient unter dem sogenannten Restless-Legs-Syndrom leidet. Bei Betroffenen juckt, kribbelt oder zieht es in den Beinen oder den Armen, wenn sie sich entspannen. Die unangenehmen Gefühle treten also vor allem auf, wenn sich jemand ins Bett legt und schlafen will. Aufstehen und Umhergehen lindert die Beschwerden etwas, wie es auch bei dem Mann der Fall ist.
Verdächtiges Medikament
Die Ursachen für das Syndrom sind noch nicht vollkommen ergründet. Bekannt ist aber, dass manche Menschen eine genetische Veranlagung dafür in sich tragen. Auch kann es als Nebenwirkung bestimmter Medikamente auftreten oder sich durch die Einnahme der Mittel verschlimmern.
Die Mediziner bitten den Mann deshalb, den Wirkstoff Levosulpirid abzusetzen, den sie als Auslöser in Verdacht haben. Das Pantoprazol nimmt er indes wegen seiner Magenprobleme weiter.
Die Vermutung war korrekt: Nach nur einer Woche ist das Restless-Legs-Syndrom verschwunden und auch bei einem Kontrolltermin drei Monate später sind die Beschwerden nicht zurückgekehrt.
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