Diäten verändern nicht nur unser Körpergewicht, sie beeinflussen auch unser Mikrobiom. Was passiert mit unserem Mikrobiom, wenn wir Kalorien einsparen? Wissenschaftler:innen der Berliner Charité fanden heraus, dass sich unser Mikrobiom reduziert, sich seine Zusammensetzung ändert – und sich ein Problemkeim, Clostridioides difficile, wohl besonders wohlfühlt. Kommt es damit bei Abnehmenden auch vermehrt zu Darmentzündungen?
Unsere Ernährung formt wesentlich unser Mikrobiom, also die Gesamtheit der Mikroorganismen in unserem Magen-Darm-Trakt. Doch was passiert eigentlich, wenn man die Ernährungsgewohnheiten ändert, wie bei einer Diät? Wie beeinflusst eine stark verminderte Kalorienaufnahme unser Mikrobiom – verändert es sich überhaupt? Diesen Fragen gingen Wissenschaftler:innen der Charité Universitätsmedizin Berlin und der University of California in San Francisco nach. Sie veröffentlichten ihre Arbeit im Fachjournal „Nature“.
Weniger Darmbewohner durch Diät
Für ihre Studie hatten die Forschenden 80 ältere Frauen mit leichtem bis starkem Übergewicht untersucht. Diese nahmen entweder durch eine Formuladiät ab (höchstens 800 kcal/Tag), oder sie hielten damit ihr Gewicht. Bei einer Formuladiät nehmen die Probanden Fertiggetränke zu sich, bekannte Produkte aus der Apotheke sind beispielsweise Almased oder Multan. Die Studie, also auch die Gewichtsabnahme, erfolgte unter ärztlicher Aufsicht und über 16 Wochen. Auch wurde der Stuhl der Studienteilnehmerinnen in regelmäßigen Abständen untersucht, um mögliche Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrobioms festzustellen. Beeinflusste die Kalorienrestriktion nun überhaupt das Mikrobiom?
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Ja. Die Wissenschaftler:innen fanden durch Analyse der Stuhlproben heraus, dass sich die Anzahl der Mikroorganismen im Darm der Frauen verringerte und sich auch die Zusammensetzung des Mikrobioms veränderte. „Man kann sagen, es entwickelte sich ein hungriges Mikrobiom“, sagt Dr. Reiner Jumpertz von Schwartzenberg, Wissenschaftler und Arzt an der Medizinischen Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin der Charité. So konnten die Forschenden beobachten, wie sich der Stoffwechsel der Bakterien umstellte, damit sie mehr Zuckerverbindungen aufnehmen konnten.
Welcher Erreger vermehrt sich besonders gut?
Und bei welchen Mikroorganismen ließen sich Veränderungen beobachten? Auch dem gingen die Wissenschaftler:innen nach, indem sie die Stuhlproben vor und nach der Diät genauer analysierten. Interessanterweise zeigte sich, dass vor allem ein bestimmtes Bakterium sich durch die Diät vermehrte: Clostridioides difficile. Der Erreger findet sich zwar in der Umwelt und auch im Darm von Gesunden, doch kann es nach Antibiotikabehandlungen zu Überbesiedlungen des Darms mit dem Erreger kommen. Das Problem: Clostridioides difficile produziert ein Toxin, das schwere Entzündungen der Darmwand verursacht, die wiederum zu schweren Durchfällen bis hin zum toxischen Megacolon führen können und spezielle Antibiotika (unter anderem Metronidazol, Fidaxomicin oder Vancomycin) oder gar eine Stuhltransplantation erfordern. Neuester Player bei CD-Infektionen ist der Toxin-Antikörper Bezlotoxumab (Zinplava®), der zur Prävention der Rekurrenz einer Clostridium-difficile-Infektion bei Erwachsenen mit einem hohen Rekurrenzrisiko angewendet wird.
Clostridioides difficile (früher Clostridium difficile)
Clostridioides difficile (CD) ist bei kleinen Kindern eigentlich ein relativ weit verbreiteter Darmkeim – bis zu 80 Prozent der Kleinkinder tragen ihn in sich, ohne dass dieser zu Beschwerden führt. Bei Erwachsenen liegt die „Durchseuchung“ nur noch bei rund 5 Prozent. Allerdings: Ein Krankenhausaufenthalt ändert dies meist rasch. Einmal in der Klinik, erhöht sich die Darmbesiedlung mit Clostridioides difficile bei den Patient:innen auf 20 bis 40 Prozent, wobei auch hier die meisten der Clostridioides-Träger unauffällig bleiben.
Die Patient:innen, bei denen Clostridioides difficile klinisch auffällig wird, leiden unter teils unstillbaren Durchfällen. Verantwortlich hierfür sind die von Clostridioides difficile produzierten Toxine, sie üben die eigentlich schädigende Wirkung auf den Darm aus. CD-Diarrhöen sind schwer, meist wässrig, in besonders kritischen Fällen sogar blutig. Charakteristisch ist der faulige Stuhlgeruch. Häufig klagen die Patient:innen über Schmerzen im Oberbauchbereich und fiebern. In besonders schweren Fällen können die Toxine die Darmzellen derart schädigen, dass eine pseudomembranöse Colitis bis hin zum toxischen Megacolon entsteht.
Clostridioides difficile zählt zu den Problemkeimen im Krankenhaus. Die Wissenschaftler:innen fanden nun heraus, dass dieser Erreger bei den diäthaltenden Teilnehmerinnen tatsächlich vermehrt im Darm vorkam und auch Toxine produzierte. Trotzdem zeigten die Teilnehmerinnen aber keine Anzeichen einer Darmentzündung.
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