Erst warnte Amerikas Arzneimittelbehörde, dass Schnelltests Omikron weniger zuverlässig identifizieren als bisherige Varianten. Jetzt gibt es Hinweise auf eine weitere Fehlerquelle: Laut einem US-Epidemiologen sind Rachenabstriche bei Omikron besser als Tests über die Nase.
Die meisten Corona-Schnelltests werden über die Nase gemacht – sowohl solche, die medizinisches Personal durchführt, als auch die vielen Selbsttests, die es in Supermärkten, Apotheken und Drogerien zu kaufen gibt. Der US-amerikanische Epidemiologe Eric Feigl-Ding fordert nun allerdings, wieder verstärkt auf Rachenabstriche zu setzen.
Der Grund: Tests auf Basis von Rachenabstrichen seien deutlich besser geeignet, eine Omikron-Infektion festzustellen als Tests auf Basis einer Probe aus der Nasenschleimhaut. Das habe mit der unterschiedlichen Virenlast in den Atemwegen zu tun. Während ein Test über die Nase noch negativ ausfalle, könne ein Abstrich aus dem Rachen bereits ein positives Ergebnis auslösen, schreibt der ehemalige Harvard-Wissenschaftler auf Twitter. Er erklärt weiter: "Omikron unterscheidet sich stark von den anderen Varianten. Wir müssen uns daran anpassen, indem wir unsere Teststrategien anpassen."
Diese These stützt eine Studie aus Südafrika mit 382 untersuchten Proben. Sie ist bislang zwar lediglich als Preprint veröffentlicht worden – also noch nicht von unabhängigen Experten geprüft. Doch auch sie liefert erste Hinweise, dass Omikron besser über Rachen- als über Nasenabstriche nachgewiesen werden kann.
So identifizierten selbst PCR-Tests die Omikron-Variante in der Studie nur zu 100 Prozent, wenn sie auf einer Probe aus dem Rachenbereich basierten. Bei Nasenabstrichen blieben 14 Prozent der Omikron-Fälle unentdeckt.
RKI und PEI geben keine Auskunft zu Rachenabstrich-These bei Schnelltests
Bisher empfehlen die Hersteller der üblichen Schnelltests einen Nasenabstrich. Ob es bei Omikron tatsächlich sinnvoller sein könnte, eine Probe aus dem Rachenbereich zu nehmen, ist bisher unklar. Das Robert-Koch-Institut (RKI) verweist auf Nachfrage von FOCUS Online auf das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Dies sei für die Qualität der in Deutschland zugelassenen Tests verantwortlich.
Doch auch beim PEI fühlt man sich für eine Aussage zur Rachenabstrich-These nicht zuständig. Anwendungsempfehlungen für Schnelltests gehörten demnach nicht zum Aufgabenfeld des PEI.
Zu generellen Fragen in Sachen Omikron und Schnelltests hatte sich das Institut erst vor wenigen Tagen geäußert. Demnach seien die meisten der in Deutschland angebotenen Corona-Schnelltests auch zum Nachweis der neuen Variante geeignet. Davon jedenfalls sei "auf der Grundlage der aktuellen Datenlage auszugehen", schreibt das PEI auf seiner Internetseite.
Hintergrund: Wie funktionieren Schnelltests?
In der Medizin gibt es Schnelltests auf bestimmte Viren schon lange, zum Beispiel für Streptokokken- oder Dengue-Viren. Der Mechanismus dahinter ist vergleichbar mit dem der Corona-Schnelltests. Sie weisen virales Protein nach, sogenannte Antigene. „Dafür sind die Teststreifen mit spezifischen Antikörpern beschichtet, an die das Virusprotein bindet, sofern es in der Probe enthalten ist“, erklärt Friedemann Weber, Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Gießen. „Im letzten Schritt löst das eine Enzymreaktion aus, die wiederum einen Farbstoff freisetzt. Das wird dann in Form eines Strichs auf dem Test-Kit als positives Ergebnis sichtbar.“ Ist in der genommenen Probe kein Virusprotein enthalten oder zu wenig davon, bleibt genau diese Reaktion aus. Das Ergebnis des Tests: negativ.
Bis Mitte Dezember hätten insgesamt 245 verschiedene sogenannte Antigen-Schnelltests ein allgemeines Prüfverfahren durch ein PEI-Labor durchlaufen, 199 hätten die Untersuchung bestanden. Von diesen 199 könnten wiederum die allermeisten eine Omikron-Infektion nachweisen. Denn: Die große Mehrheit der in Deutschland angebotenen Tests schlage auf ein Protein des Virus an, das von den Omikron-Mutationen vergleichsweise wenig betroffen sei.
Das PEI schränkt aber ein: "Für eine endgültige, qualitative und quantitative Aussage sind allerdings weitere Untersuchungen, insbesondere Vergleichsstudien mit Proben von Omikron-infizierten Personen erforderlich."
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FDA warnt vor weniger zuverlässigen Schnelltests bei Omikron
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte zuvor mitgeteilt, dass vorläufige Daten einer Studie mit Lebendviren von Patienten darauf hindeuteten, "dass Antigentests die Omikron-Variante erkennen, aber möglicherweise eine verringerte Sensitivität aufweisen". Die Sensitivität oder Empfindlichkeit ist ein Maß dafür, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Test bei einer bestehenden Infektion ein positives Ergebnis anzeigt – und wie hoch das Risiko im Umkehrschluss ist, dass das Ergebnis falsch-negativ ausfällt.
Die FDA betonte dabei jedoch, dass die Untersuchungen weitergingen und noch kein abschließendes Ergebnis vorliege. Die Behörde verwies außerdem darauf, dass es bereits Untersuchungen mit Proben gegeben habe, die durch Erhitzung unschädlich gemacht wurden. Bei dieser Studie hätten die Schnelltests Omikron mit ähnlicher Leistung erkannt wie andere Varianten. Versuche mit Lebendviren seien aber die beste Option, um die Eignung von Tests bestimmen zu können.
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