SG Osnabrück: MS-Patient kann auf anderes Arzneimittel ausweichen
Eine medizinische Therapie mit Cannabis ist nur als letztes Mittel zulässig. Gibt es eine Alternativtherapie, sind Patienten darauf zu verweisen, entschied das Sozialgericht Osnabrück in einem am Mittwoch, 22. Mai 2019, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 46 KR 455/18).
Im konkreten Fall hatte der an einer Multiplen Sklerose erkrankte Kläger von seinem behandelnden Neurologen und Psychiater getrocknete Cannabis-Blüten verschrieben bekommen. Auf diese Weise sollten Symptome der MS-Erkrankung wie Schmerzen und Schlafstörungen verringert werden.
Die Krankenkasse des Mannes schaltete wegen der begehrten Kostenübernahme den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) ein. Dieser verwies darauf, dass ein anerkanntes herkömmliches Arzneimittel ebenfalls zur Behandlung geeignet sei.
Ohne Erfolg argumentierte der Kläger, dass die Cannabistherapie viel verträglicher sei.
Mit seinem Urteil vom 15. April 2019 wies das Sozialgericht die Klage des Mannes ab. Zwar liege eine „schwerwiegende Erkrankung“ vor, die eine Cannabis-Therapie rechtfertigen könne. Hier stehe jedoch eine Alternativtherapie zur Verfügung. Diese sei vorrangig anzuwenden. Auch habe der Kläger selbst eingeräumt, verschiedene anerkannte medikamentöse Therapien gegen Multiple Sklerose noch gar nicht ausprobiert zu haben.
Das Hessische Landessozialgericht stellte für die Verordnung von Cannabis mit Beschluss vom 4. Oktober 2017 ebenfalls hohe Hürden auf (Az.: L 8 KR 255/17 B ER, L 8 KR 366/17 B ER; L 8 KR 288/17 B ER; JurAgentur-Meldung vom 16. November 2017). Allein starke Schmerzen könnten noch keinen Anspruch begründen. Gleiches gelte für eine Fibromyalgie, einem nicht entzündlichen Schmerzsyndrom. Bei chronischen Bauchschmerzen, für die es keine schulmedizinische Alternative gab, wurde die Cannabis-Verordnung dagegen als zulässig angesehen.
Am 6. April 2016 hatte das Bundesverwaltungsgericht geurteilt, dass die eigentlich verbotene Droge im Einzelfall zur Eigentherapie auch selbst angebaut werden kann (Az.: 3 C 10.14; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Dies gelte dann, wenn die Einnahme von Cannabis zu einer erheblichen Linderung der Beschwerden führt, der Patient schwer erkrankt ist und ihm kein gleichsam wirksames und bezahlbares Medikament zur Verfügung steht. fle/mwo
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