Wird das im vergangenen Jahr im Rahmen der Geburtseinleitung medial heiß diskutierte „Problem Cytotec“ bald von der Bildfläche verschwinden? Vieles spricht dafür, denn das Präparat Angusta mit dem Wirkstoff Misoprostol wurde bereits letztes Jahr in der entsprechenden Indikation zugelassen. Offenbar muss jetzt nur noch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) über den Erstattungspreis entscheiden, bevor Angusta – und damit ein zugelassenes orales Misoprostolpräparat für die Geburtseinleitung – auch tatsächlich auf dem Markt verfügbar wird.
Seit Dezember 2020 gibt es eine neue gemeinsame S2k-Leitlinie der Deutschen, der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG, OEGGG, SGGG) zur Geburtseinleitung. DAZ.online berichtete darüber. Ersehnt worden war die Leitlinie (nicht nur) wegen einer zuvor medial geführten Diskussion rund um den Wirkstoff Misoprostol und insbesondere das diesen Wirkstoff enthaltende Arzneimittel Cytotec®, das über keine Zulassung zur Geburtseinleitung verfügt. Allerdings kann auch die neue Leitlinie zum Thema Geburtseinleitung und Misoprostol nicht alle Fragen abschließend beantworten.
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Neue Leitlinie zur Geburtseinleitung
Das „Problem Cytotec“: Optimale Dosierung von Misoprostol weiterhin unklar
So heißt es unter dem Abschnitt „Prostaglandin E1-Analoga (Misoprostol)“ beispielsweise: „Problematisch und weiterhin unklar ist die optimale Dosierung, da eine Erhöhung der Dosis zwar zu einer besseren Effektivität führt, jedoch die Nebenwirkungen (v.a. uterine Überstimulation) ebenso höher sind.“ DAZ.online hat sich bei der DGGG nach den Hintergründen erkundigt.
Keine Arzneimittelstudien zu erwarten
Professor Kehl vom Universitätsklinikum Erlangen erklärte gegenüber DAZ.online, dass der Vergleich verschiedener Dosisregimes Arzneimittelstudien erforderlich machen würde. Was aber nicht zur erwarten sei. Daraus kann man also schlussfolgern, dass es in naher Zukunft keine präzisierten Dosierungsangaben zu Misoprostol geben wird. Abgesehen davon gebe es aber zahlreiche Studien, in denen verschiedene Misoprostol-Dosierungen verwendet wurden, so Kehl. Er verweist dazu auf die Literaturangaben in der Leitlinie.
Entsprechende Studien sind also nicht zu erwarten, aber werden sie von manchen Ärzten nicht doch vermisst? Folgt man Kehls Erklärungen, scheint dem nicht so zu sein: „Da jede Schwangere individuell zu betrachten ist, es verschiedene Geburtssettings und verschiedene Versorgungsstufen gibt, sind rigide einheitliche Dosierungsregimes nicht immer sinnvoll. Es gibt permanent internationale und nationale Studien zur Geburtseinleitung mit verschiedenen Verfahren.“
Datengrundlage fehlt
Im Rahmen der „optimalen Dosierung“ ist auch weiterhin unklar, ob es eine Höchstdosis über 24 Stunden für Misoprostol in der Geburtseinleitung geben sollte. Ist auch dieser offene Punkt damit zu begründen, dass rigide Dosierungsregimes nicht immer sinnvoll sind? Nicht ganz: Laut Kehl gibt es dazu schlichtweg keine Datengrundlage. „Übliche Abstände bei Dosierungen von 25 µg sind 2 Stunden, bei höheren Dosierungen alle 4 Stunden“, erklärt er.
Für die Schweiz wird innerhalb der Leitlinie weiterhin prioritär auf den Expertenbrief der SGGG Nr. 63 verwiesen. Dort heißt es beispielsweise zusätzlich zur Dosierung: Bei oraler Verwendung von Misoprostol oral ist die Dosierung auf 20–50 µg alle 2-4 Stunden mit maximal 200-300 µg/d zu beschränken.
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