Häufige Mutationen von SARS-CoV-2 erwartet
Ein deutsches Forschungsteam verglich eine repräsentative Auswahl von SARS-CoV-2-Proben aus deutschen, europäischen und nichteuropäischen Genomsequenzen. Ziel der Untersuchung war es unter anderem herauszufinden, wie hoch das Potenzial des Coronavirus SARS-CoV-2 ist, Mutationen zu bilden.
Forschende am Universitätsklinikum Jena verglichen das SARS-CoV-2-Genom aus Stichproben von COVID-19-Betroffenen aus Thüringen mit denen aus der gesamten Bundesrepublik, Europa und weltweit. „Das Virus verändert sich, wie es statistisch zu erwarten ist: Es mutiert fröhlich vor sich hin“, fasst Forschungsleiter Dr. Christian Brandt die Studienergebnisse zusammen, die kürzlich auf dem medizinischen Vorveröffentlichungsserver „medRxiv“ zur Verfügung gestellt wurden.
Großer Mutationsvergleich
Die Arbeitsgruppe verglich eine repräsentative Auswahl von weltweit verbreiteten SARS-CoV-2-Viruslinien aus rund 10.000 vollständig sequenzierten Genomen des Coronaviurs, die von renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt zur Verfügung gestellt wurden, darunter auch die in Großbritannien, Brasilien und Südafrika verbreiteten Mutationslinien, für die ein höheres Ansteckungspotential und eine schwächere Immunantwort vermutet werden.
Acht verschiedene SARS-CoV-2-Varianten in Deutschland
Wie die Forschenden berichten, umfasst das Genom von SARS-CoV-2 rund 30.000 Basen und weist somit das größte bekannte Genom aller RNA-Viren auf. Zu erwarten sind dem Forschungsteam zufolge etwa 23 SARS-CoV-2-Mutationen pro Jahr, die durch Fehler beim ständigen Kopieren der Virus-Erbinformationen entstehen. Derzeit ließen sich in Deutschland acht Hauptlinien von SARS-CoV-2 nachweisen, vier davon in Thüringen. Die in Großbritannien, Brasilien oder Südafrika verbreiteten und als gefährlicher eingestuften Varianten wurden in Thüringen derzeit noch nicht nachgewiesen.
Impfung erhöht den Selektionsdruck
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der vorliegenden Studie gehen jedoch davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sich die hochfrequenten Abstammungslinien auch in Deutschland ausbreiten. Die begonnene Impfkampagne erhöhe zudem den Selektionsdruck auf das Virus, wodurch die Mutationsformen bevorzugt werden, die die Immunisierung unterlaufen können. „Umso wichtiger ist bei den derzeitigen Inzidenzen eine engmaschige molekulargenetische Überwachung des Infektionsgeschehens“, unterstreicht Professor Dr. Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena.
Das Universitätsklinikum kündigte an, jede Woche mindestens 24 zufällig ausgewählte SARS-CoV-2-Proben aus Thüringen zu sequenzieren und zum internationalen Datenpool hinzuzufügen, um mögliche Mutationen aufzudecken und deren Verbreitung zu überwachen.
Coronavirus-Mutationen im Abwasser aufklären
Andere Forschungsteams schlagen zur Aufklärung von Coronavirus-Mutationen eine Analyse des Abwassers vor. In einer weiteren aktuellen Studie wird eine neue Methode vorgestellt, mit der Coronavirus-Mutationen im Abwasser aufdeckt werden könnten, noch bevor sie über die klinische Sequenzierung entlarvt werden. Mehr Informationen hierzu im Artikel: COVID-19: Abwasser-Untersuchungen zur Kontrolle von SARS-CoV-2. (vb)
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