Diese Darmbakterien verhindern Salmonellen-Infektionen
Magen-Darm-Infektionen infolge des Verzehr verunreinigter Lebensmittel sind ein relativ weit verbreitetes Beschwerdebild. Nicht selten sind dabei Salmonellen die Auslöser der Infektion, wobei aber nicht jeder Mensch, der die Erreger aufnimmt, erkrankt. Den entscheidenden Unterschied macht hier die Darmflora der Betroffenen. So konnte ein Forschungsteam der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in einer aktuellen Studie Darmbakterien identifizieren, die vor einer Salmonelleninfektionen schützen.
Welche Bakterien in der Darmflora die schützenden Effekte gegenüber Salmonellen-Infektionen bieten, war bislang weitgehend unbekannt, erläutert das Forschungsteam um Prof. Bärbel Stecher vom Max von Pettenkofer-Institut der LMU den Ausgangspunkt der aktuellen Studie. In tierexperimentellen Untersuchungen an Mäusen konnten die Forschenden nun ein Bakterium identifizieren, „das im Mausmodell vor Infektionen mit Salmonella enterica serovar Typhimurium – eine der beiden in Deutschland häufigsten Subspezies – schützt“, berichtet die LMU. Die Studienergebnisse wurden in dem Fachjournal „Cell Host & Microbe“ veröffentlicht.
Risikogruppen für schwere Infektionen
Verunreinigungen mit Salmonellen sind bei Lebensmittel durchaus keine Seltenheit und nach Aufnahme der stäbchenförmigen Bakterien können schwere Magen-Darm-Erkrankungen in Form der sogenannten Salmonellose die Folge sein. Mehr als 16.000 solcher Erkrankungen wurden beispielsweise im Jahr 2014 in Deutschland an das Robert Koch-Institut gemeldet. Besonders häufig betroffen waren dabei Kinder im Alter unter zehn Jahren, insbesondere Kleinkinder. Vor allem bei „Angehörigen von Risikogruppen wie Säuglingen, Kleinkindern, älteren oder immungeschwächten Menschen kann eine Salmonelleninfektion schwer verlaufen“, warnen auch die Forschenden der LMU.
Gesunde Darmflora bietet Infektionsschutz
Für Menschen mit einer intakten Darmflora stellen die Erreger jedoch meist keine Gefahr da. So erleiden nur etwa zehn bis 20 Prozent derer, die die Keime aufnehmen, überhaupt eine Infektion. Die natürliche Darmflora könne „vor Infektionen mit Salmonellen schützen, weil insbesondere die kommensalen Bakterien dort Inhibitoren produzieren, alle Nischen besetzen und relevante Nährstoffe wie Zucker oder Proteine, aber auch Sauerstoff verbrauchen“, erläutern die Forschenden. Wie eine gesunde Darmflora zusammengesetzt sein muss, damit sie optimal vor Infektionen schützt, haben die Forscherinnen Sandrine Brugiroux und Debora Garzetti im ersten Schritt der Studie anhand eines Vergleichs des Mikrobioms diverser Mausgruppen untersucht.
Welches Bakterium entfaltet die Schutzwirkung?
Sie unterteilten die Tiere in zwei Gruppen: Gegenüber Salmonellen-Infektionen geschützte Mäuse und nicht vor Infektionen geschützte Mäuse. Die Analyse der Darmbakterien beider Gruppen ergab, dass bei den geschützten Mäusen Bakterien der Art Mucispirillum schaedleri vorkamen, welche in der anderen Gruppe fehlten. Das Bakterium „gehört zu einer Bakteriengroßgruppe, deren Vertreter hauptsächlich in Schlamm oder Sedimenten leben – nur Mucispirillum kommt im Darm von Warmblütern vor, bei Mäusen wie Menschen“, berichtet die LMU.
Der Studienleiterin Prof. Stecher zufolge, galt bisher die Annahme, dass das Bakterium Mucispirillum schaedleri bei Menschen nicht so häufig vorkommt. Doch dies war offenbar ein Fehleinschätzung. Denn „bei Stuhluntersuchungen wird M. schaedleri oft nicht entdeckt, da sich diese Bakterien in der Schleimschicht des Darms anreichern“ und „in Studien, in denen die Darmschleimhaut untersucht wurde, hat man die Bakterien bei 50 Prozent der Probanden gefunden“, so die Professorin der LMU.
Kausaler Zusammenhang des Infektionsschutzes nachgewiesen
Um den schützenden Effekt der Bakterien genauer zu untersuchen, hat Simone Herp vom Max von Pettenkofer-Institut im nächsten Schritt ein sogenanntes gnotobiotisches Modell verwendet. Hierbei handelte es sich um Mäuse, deren Darm zunächst keimfrei war und anschließend gezielt besiedelt wurde, sodass sie eine genau definierte Darmflora in sich trugen. So generierte das Forschungsteam eine Gruppe Mäuse mit Mucispirillum im Darm und eine andere ohne diese Bakterien. „Beide Gruppen haben wir experimentell mit Salmonellen infiziert und konnten tatsächlich zeigen, dass Mucispirillum kausal mit einem Schutz vor Salmonelleninfektionen in Verbindung steht“, berichtet Prof. Stecher.
Virulenzfaktor der Salmonellen geblockt
In weiteren Untersuchungen konnten die Forschenden nachweisen, „dass die Schutzwirkung von Mucispirillum darauf beruht, dass die Bakterien mit den Salmonellen um bestimmte Nährstoffe konkurrieren, zum Beispiel um Nitrat“, berichtet die LMU in einer Pressemitteilung von den Studienergebnissen. Zwar hemme diese Konkurrenz nicht unbedingt das Wachstum der Salmonellen, aber sie können ihren wichtigsten Virulenzfaktor nicht mehr bilden. Der Virulenzfaktor ist die Eigenschaft, auf dem die pathogene Wirkung beruht – in diesem Fall ein sogenanntes Typ-III-Sekretionssystem. Dies fungiere als eine Art molekulare Nadel, mit der die Salmonellen Toxine in die Epithelzellen spritzen. Nur so können die Erreger in die Epithelzellen eindringen und letztlich eine Entzündung und Gastroenteritis verursachen.
Neue Möglichkeiten der Prävention?
Dem Forschungsteam um Professorin Stecher zufolge könnten die aktuellen Ergebnisse langfristig möglicherweise zur Entwicklung neuer Präventionsmethoden führen, doch sei bis dahin ist noch viel Forschung nötig. Beispielsweise bleibe bisher unklar, ob das Bakterium M. schaedleri auch negative Effekte im Darm hat. Mit der aktuellen Arbeit haben die Forschenden jedoch einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Schutzwirkung einer gesunden Darmflora gegenüber Salmonellen-Infektionen geleistet. (fp)
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