Pharmagipfel im Bundeskanzleramt

Die Bundesregierung hat gegenüber der Pharmaindustrie eine Charmeoffensive gestartet. An diesem Donnerstag lud das Bundeskanzleramt zum Gespräch. Minister Lauterbach ließ schon etwas durchblicken, worum es gehen wird: ein Medizinforschungsgesetz. Aus Bayern gibt es bereits Kritik an den Umständen des Treffens.

Mehr Geld ins Gesundheitssystem, ohne dass sich etwas ändert? Dieses „Muster“ will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auch gegen den Widerstand von „Lobbygruppen“ mit seiner „Modernisierungsstrategie“ und einer „Runderneuerung im Gesundheitswesen“ durchbrechen. Das verriet er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in einem an diesem Mittwoch online veröffentlichten Interview. Teil dieser Strategie ist ein Pharmagipfel, der an diesem Donnerstag im Bundeskanzleramt stattfindet.

Vorgestellt werden soll dabei sein neues „Medizinforschungsgesetz“, das er laut eigenen Angaben gemeinsam mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) herausgearbeitet hat. „Es soll klinische Studien vereinfachen, ­beschleunigen, entbürokratisieren. Damit wollen wir dafür sorgen, dass der ­Forschungs- und Produktionsstandort Deutschland in einigen Jahren an die Vereinigten Staaten anschließen kann“, sagte er im Interview.

Eine wichtige Rolle kommt in diesen Plänen dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu. Es soll als „zentrale Anlaufstelle für alle überregionalen klinischen Studien“ dienen, wobei dies sowohl für Studien von Universitäten als auch der Pharmaindustrie gilt. Wie auch mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) soll die Datenlage verbessert werden, damit Hersteller Standorte in Deutschland eröffnen.

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Es ist allerdings kaum vorstellbar, dass es bei dem Gipfel nicht auch die Probleme der Pharmaindustrie wie die Kostensteigerungen durch die hohen Energiepreise angesprochen werden – wobei das jüngste Karlsruher Urteil zum Klima- und Transformationsfonds noch einmal für zusätzliche Verunsicherung sorgte. Auch die Arzneimittelengpässe dürften Thema sein. Hierzu sagt Lauterbach in dem Interview, dass mit Blick auf die Knappheiten die Situation „nicht problemlos, aber deutlich besser als im vergangenen Jahr“ sei. „Die Zukunft wird dann noch sicherer, die Pharmafirmen sind dann zur Bevorratung von rabattierten Arzneimitteln verpflichtet, und der Aufbau der Herstellungskapazitäten beginnt ja ohnehin gerade erst“, so Lauterbach.

Gerlach: Korrektur an GKV-Finanzstabilisierungsgesetz nötig

Bayerns neue Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) forderte in diesem Zusammenhang an diesem Donnerstag eine „deutliche Stärkung des Pharmastandorts Deutschland“. Es sei „wichtig, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die Arzneimittelversorgung in Deutschland jetzt endlich zur Chefsache macht. Das ist angesichts der teilweise dramatischen Versorgungsengpässe schon lange überfällig. Es muss jetzt aber auch rasch für eine wirklich zukunftsfähige Pharmastrategie gesorgt werden“, so Gerlach laut einer Pressemitteilung.

Bayern habe seit Monaten auf die Wiederbelebung des Pharmadialogs zwischen Bund, Ländern und Pharmaindustrie gedrängt. Sie monierte allerdings, dass die Länder bei dem Gipfel im Kanzleramt nicht dabei seien. „Der Bund sollte die pharmapolitische Expertise der Länder nicht länger ausblenden.“

Darüber hinaus kritisierte Gerlach allerdings auch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz und forderte dessen Korrektur. Es trage dazu bei, dass „der Pharmastandort Deutschland im internationalen Vergleich unattraktiver wird“. Gegen einige Bestimmungen des Gesetzes als auch das Engpass-Gesetz gibt es beim Verfassungsgericht bereits Beschwerden von Unternehmen.

Lauterbach-Pressekonferenz am Freitag

An diesem Freitag will Lauterbach sein Medizinforschungsgesetz übrigens auf einer Pressekonferenz im Bundesgesundheitsministerium vorstellen. Besser gesagt, es wird nur ein „Strategiepapier“ dazu vorgestellt. Man darf gespannt sein, ob das der Industrie reichen wird.


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