Das Jahr 2021 war ein gutes für den Pharmastandort Deutschland: Der vfa rechnet mit einem Umsatzplus von 13 Prozent. Und auch für 2022 erwartet der Verband mit einem Zuwachs von 8 Prozent eine positive Entwicklung. Dennoch sieht vfa-Chef Steutel politischen Handlungsbedarf, was die Rahmenbedingungen für die Branche hierzulande betrifft.
Angetrieben von der starken Nachfrage nach Corona-Impfstoffen erwartet die deutsche Pharmaindustrie einen kräftigen Schub für ihr Geschäft. Im neuen Jahr dürfte der Umsatz der Branche um 8 Prozent und die Produktion um gut 3 Prozent wachsen, prognostiziert der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa). Damit dürfte auch die Zahl der Beschäftigten bis Ende 2022 um 3 Prozent auf mehr als 122.000 Menschen zulegen. „Die Pharmaindustrie in Deutschland zeigt sich in der Krise äußerst robust“, sagte vfa-Präsident Han Steutel der Deutschen Press-Agentur. Sie sei damit ein maßgeblicher Faktor für das Wirtschaftswachstum.
Biontech-Coup wirkt sich aus
Der Coup von Biontech, den weltweit ersten zugelassenen COVID-19-Impfstoff aus Deutschland auf den Markt zu bringen, habe direkt und indirekt positive Folgen für den hiesigen Pharmastandort, sagte Steutel. „Es ist nicht nur die Produktion deutscher Unternehmen gestiegen, auch ausländische Konzerne wie AstraZeneca und Johnson & Johnson lassen verstärkt hier produzieren.“ Der Impfstoff-Erfolg von Biontech sei eine riesige Chance. Schon dieses Jahr hat die Pharmabranche einen rasanten Aufschwung erlebt: Der Umsatz dürfte laut vfa um 13 Prozent steigen, die Produktion um 5 Prozent.
Allein am Vakzin von Biotech und Pfizer wirken in Deutschland 13 Betriebe mit. Vom Wachstum der deutschen Wirtschaft von 2,7 Prozent, das die Wirtschaftsweisen für 2021 prognostizieren, dürften allein 0,5 Prozentpunkte auf Biontech entfallen, errechnete der Verband. Er vertritt 45 Unternehmen mit rund 92.000 Beschäftigten.
Weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung
Damit der hiesige Pharmastandort wettbewerbsfähig bleibe, müsse Deutschland aber in Sachen Bürokratieabbau, Digitalisierung und klinische Forschung besser werden. Genehmigungen etwa dauerten zu lange, auch weil Datenschutz in Deutschland ein besonders sensibles Thema sei. „Bei Corona-Impfstoffen waren die Behörden schnell, das zeigt, dass es auch sonst zügiger gehen kann“, sagte Steutel.
Steutel vermisst zentrale Stelle für Genehmigung klinischer Studien
Wenn für die Erforschung von Arzneien klinische Studien mit Patienten durchgeführt werden müssten, sei derzeit eine Genehmigung in den betroffenen Bundesländern nötig – im schlimmsten Fall also bis zu 16. „Es fehlt eine zentrale Stelle“, monierte Steutel. In anderen europäischen Ländern dauere es 100 Tage, die Genehmigung für eine klinische Studie zu bekommen. „In Deutschland sind es 200 Tage.“ Deutschland habe einen guten Ruf in der Forschung, doch bei der Zahl der klinischen Studien lägen nicht nur die USA und China vor der hiesigen Pharmabranche, auch Spanien und Großbritannien seien vorbeigezogen. „Das muss für uns ein Warnzeichen sein.“
Auch bei der Zusammenarbeit zwischen Forschern, Kliniken und Universitäten sieht Steutel Nachholbedarf. Es gebe Lücken bei der Digitalisierung und Probleme beim Datenaustausch. „Pharmaunternehmen können nicht auf elektronische Patientendaten zugreifen, was faktisch überall auf der Welt geht. Für unseren Ruf ist das nicht gut.“ Druck für die Pharmabranche komme aus China. „Die Konkurrenz für Europa und die USA wird langfristig sein“, sagte Steutel. Chinas Pharmabranche sei stark bei Patentanmeldungen und schnell in der klinischen Forschung mit großen Patientengruppen.
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