Mutter des Bottroper Zyto-Apothekers muss womöglich auf Millionen verzichten

Vor dem Landgericht Essen wurde am gestrigen Donnerstag die Klage des Insolvenzverwalters gegen die Mutter des Apothekers Peter S. verhandelt. Überraschenderweise erklärten sich beide Seiten spontan bereit zu einem Vergleich. Für diesen muss die Mutter Forderungen in Höhe von mehr als 20 Millionen Euro zurückziehen – der Insolvenzverwalter hatte diese als ungerechtfertigt angesehen. Doch der Vergleich könnte noch platzen.

Kurz nach der Inhaftierung des Bottroper Zyto-Apothekers Peter S. Ende 2016 erhob dessen Mutter Doris S. Forderungen gegen ihren Sohn und erwirkte Vollstreckungsbescheide gegen ihn, auch wurde beispielsweise die Apotheke an sie zurück übertragen. Inzwischen wurde S. zu zwölf Jahren Haft verurteilt – und ein Insolvenzverfahren eingeleitet. In diesem hatte Doris S. Forderungen in zweistelliger Millionenhöhe angemeldet. Der Insolvenzverwalter Klaus Siemon hatte Klage gegen Doris S. eingelegt, da die Forderungen seiner Ansicht nach ungerechtfertigt sind und er Übertragungen anfechten wollte: Mutter und Sohn hätten „offensichtlich kollusiv zusammengewirkt“, schrieb Siemon in der Klageschrift.

Mehr zum Thema

Unterdosierungen

NRW will Betroffene des Bottroper Zyto-Skandals unterstützen

Skandal um Unterdosierungen

Kein Gerichtsverfahren gegen PTAs von Zyto-Apotheker Peter S.

Falls beide in der Absicht gehandelt haben, andere Gläubiger zu schädigen, wären die Übertragungen anfechtbar. Am gestrigen Donnerstag verhandelte nun die neunte Zivilkammer des Landgerichts Essen in dieser Sache. Auch Doris S. war geladen – im Strafprozess gegen ihren Sohn hatte sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

Die Vorsitzende Richterin begann die Sitzung mit einer Güteverhandlung – „die wird heute etwas länger dauern“, sagte sie. Der Insolvenzverwalter als Kläger sowie die Beklagte Doris S. hatten sich außergerichtlich zuvor nicht auf ernsthafte Gespräche zur Beilegung des äußerst komplexen Rechtsstreites eingelassen. Darlehensverträge in Millionenhöhe, Übertragungen, Kauf von Kunstwerken, Kündigung von Darlehen und Rücknahme von Schenkungen: Die Richterin erläuterte zunächst den Ablauf der Vorgänge, um die es in dem Verfahren geht.

Forderungen in Höhe von rund 23 Millionen Euro habe Doris S. in dem Insolvenzverfahren geltend gemacht, erklärte sie. Unklar ist, welchen Wert die frühere Alte Apotheke nach Inhaftierung von Peter S. hatte: In den Jahren 2017 und 2018 habe sie jeweils mehr als eine halbe Million Euro Verlust gemacht, erklärte ein Anwalt von Doris S. Die Apotheke ist inzwischen wieder verpachtet – einen Teil der Pacht musste die Apothekerin zurückerstatten, erklärte der Anwalt. „Mit der Apotheke sind erhebliche Verluste erzielt worden – die ist tot“, sagte er. Laut der Vorsitzenden Richterin habe sie zuvor Umsätze von mehr als 1 Million Euro pro Jahr gemacht.

In den Erläuterungen zur vorläufigen rechtlichen Einschätzung der Zivilkammer erklärte die Vorsitzende, in Bezug auf den Vertrag zur Rückübertragung der Apotheke etwa bestünden keine Bedenken – auch wenn dieser nur umfasse, was zum Zweck der Apotheke gehöre. Nicht dazu gehörten Kunstwerke. Doch insgesamt spreche Verschiedenes dafür, dass Gläubiger benachteiligt worden sind, erklärte die Richterin – und es spreche auch „einiges wenn nicht viel“ dafür, dass die Beklagte hiervon Kenntnis hatte.

Die Kammer machte einen Vorschlag, der offenbar für alle Beteiligten überraschend war: Doris S. solle eine Summe von 1 bis 2 Millionen Euro in die Insolvenzmasse zahlen und ihre Forderungen fallen lassen – dafür bliebe „alles da, wo es ist“: So das Eigentum an der Apotheke oder die Kunstwerke. „Dass es keinem gefallen kann, ist klar“, sagte die Richterin. „Aber wie sollen wir aus der Geschichte rauskommen?“

Quelle: Den ganzen Artikel lesen