Nach dem Erfolg der mRNA-basierten Corona-Impfung läuft die Entwicklung weiterer mRNA-basierter Vakzine gegen Problempathogene wie zum Beispiel das Eppstein-Bar-Virus auf Hochtouren. Nun meldet Moderna, dass die erste klinische Studie mit Impfantigenen gegen das humane Immundefizienz-Virus (HIV) auf Basis von Boten-RNA angelaufen ist. Das könnte der erste Schritt für die Entwicklung eines mehrstufigen Impfschemas sein.
Am 27. Januar wurden im Rahmen einer Phase-1-Studie die ersten Dosen eines mRNA-basierten HIV-Vakzins gesunden Freiwilligen appliziert. Das meldete Moderna in einer Pressemitteilung. Mittels der Studie möchte man herausfinden, ob es durch die sequenzielle Verabreichung von zunächst sogenannten Priming-Immunogenen und anschließend Booster-Immunogenen (siehe Kasten) gelingt, eine spezifische Immunantwort der B-Zellen dahingehend zu lenken, dass sogenannte breit-neutralisierende Antikörper (= broadly neutralizing antibody, bnAB) entstehen.
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„Die Induktion von bnAB wird allgemein als Ziel bei HIV-Vakzinen erachtet, und das ist der erste Schritt in diesem Prozess“, so das Biotechnologie-Unternehmen Moderna in der Pressemitteilung. Diese speziellen Antikörper können viele verschiedenen Stämme des rasch mutierenden HI-Virus neutralisieren, indem sie wichtige Regionen der Oberfläche binden. Für eine erfolgreiche HIV-Impfung kann es jedoch nötig sein, eine Sequenz-Immunisierung mit verschiedenen Immunogenen durchzuführen. Die jetzt getesteten Immunogene könnten als initiales Priming in einem mehrstufigen Impfschema („germline-targeting vaccine design“, siehe Kasten) dienen.
Breit-neutralisierende Antikörper und „germline-targeting vaccine design“
Nur eine Minderheit der Patienten mit HIV-Infektion bilden breit-neutralisierende Antikörper (bnABs) aus. Diese besonderen Antikörper entstehen durch eine hohe Anzahl somatischer Hypermutationen, also zufällige Veränderungen der Antikörpergene während der B-Zell-Reifung. Dadurch können sie effektiv an konservierte Epitope des HIV Envelope-Spikeprotein (Env) binden. Durch Gen- und Strukturanalysen identifizierten Forscher Eigenschaften, die für ihre potente und breite Neutralisationsfähigkeit nötig sind. Eine wesentliche Rolle spielen dabei B-Zell-Rezeptoren (BCRs). Doch nur wenige der beim Menschen vorkommenden B-Zellen besitzen die passenden BCRs, um potenziell bnABs bilden zu können. Die gewünschten Vorläufer-Zellen müssen also durch geschickte Impfstoffentwicklung direkt adressiert werden. Allerdings verfügen viele Vorläufer von potenten HIV-bnABs nur über eine geringe Affinität gegenüber dem Wildtyp HIV Env – und Wildtyp-Env-Immunogene konnten keine bnAb-Antworten hervorrufen.
Ein theoretischer Weg, um die Bildung von potenten bnAB durch eine Impfung zu erreichen, besteht im ersten Schritt aus der primären Immunisierung
- („Priming“) mit einem Immunogen mit außergewöhnlich hoher Affinität zu bnAB-Vorläufern. Im nächsten Schritt
- („Booster“) kann dann durch sequenzielle Immunisierung mit Antigenen, die eine zunehmende Ähnlichkeit zum nativen Env haben, an der Affninität gefeilt werden.
Diese Strategie wird auch als „germline-targeting vaccine design“ bezeichnet.
Die Vakzin-Antigene der aktuellen Studie wurden in jahrelanger Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der Nonprofit-Organisation IAVI und Sccripps Research entwickelt. 2021 veröffentlichten sie vielversprechende Ergebnisse einer klinischen Studie mit einer Protein-basierten Version des Immunogen eOD-GT8 60mer. Dabei entwickelten 97 Prozent der Teilnehmer die erforderliche B-Zell-Antwort. Das Immunogen wird nun für die Grundimmunisierung (Priming) auf Basis von Modernas mRNA-Technologie verwendet.
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