Totgesagte leben länger: Das Rx-Versandverbot feiert Wiederauferstehung, bei Unionspolitikern! Und ein junger Pharmaziestudent kämpft mit einer Social-Media-Kampagne dafür. Gegenwind für die Spahn-Pläne kommt vom BKK-Dachverband: Der Kassenverband will das Apothekenhonorar kappen und die Apotheke light auf dem Land einführen. Und Nordrheins Kammerpräsident will DocMorris aus der GKV-Versorgung kicken. Großes Thema auf dem Kooperationsgipfel: Wie bieten die Vor-Ort-Apotheken dem Versandhandel und Amazon die Stirn? Mit dem Zauberwort: Same Day Delivery – die Stärke der Präsenzapotheken. Aber da steht noch unsere verkrustete Unterscheidung zwischen Botendienst und Versand im Weg.
18. Februar 2019
Späte Einsicht bei Unionspolitikern: Die Gleichpreisigkeit von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist ein grundlegender sozialrechtlicher Eckpfeiler, sie lässt sich nur durch ein Rx-Versandverbot erhalten – meint seit Kurzem der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, nachdem er Ende des vergangenen Jahres noch davon abgeraten hatte. Jetzt macht auf einmal auch Georg Kippels, Bundestagsabgeordneter aus dem Rhein-Erft-Kreis, mächtig Stimmung fürs Rx-Versandverbot, nachdem er noch vor einem Jahr den Apothekern empfohlen hatte, über Alternativen nachzudenken. Für ihn habe u. a. das Gutachten des Verfassungsrechtlers di Fabio den Ausschlag dafür gegeben, dass man wieder „zur harten Keule“ eines Versandverbots zurückkehren könne. Das Gutachten komme nämlich zu dem Schluss, dass es keine verfassungsrechtlichen Bedenken geben müsse. Außerdem seien nach Ansicht von Kippels die Spahnschen Pläne, vor allem die Rx-Boni, nicht zufriedenstellend. Und außerdem, so Kippels, gebe es in der AG Gesundheit der Unionsfraktion eine breite Mehrheit für das Rx-Versandverbot. Ach nee, mein liebes Tagebuch, vor Kurzem ist die gesamte Riege fast geschlossen umgekippt und auf einmal stehen sie wieder wie eine 1 hinter dem Rx-Versandverbot und halten es für die Zukunft der Apotheke. Welch ein Sinneswandel! Irgendwie erfreulich, aber möglicherweise zu spät. Hätten sie lieber auf das Hin-und-Her verzichtet und wären damals nicht so hasenfüßig umgekippt – vielleicht hätte Spahn nicht so viel Oberwasser bekommen, das Rx-Versandverbot fallen zu lassen. Und nun? Vermutlich hilft das alles nicht, denn der Koalitionspartner SPD wird auch jetzt nicht mitspielen. Und unsere ABDA hat sich vom Rx-Versandverbot bereits losgesagt und hat Euro-Zeichen in den Augen.
Im Koalitionsvertrag steht er noch, der gemeinsame Wille der Groko, am Rx-Versandverbot festhalten zu wollen. Doch in der Realität scheint dieser Wille schon Schnee von gestern zu sein, nachdem Spahn von diesem Verbot absolut nichts hält und es nicht verfolgt. Dem 19-jährigen Benedikt Bühler, CDU-Mitglied und Pharmaziestudent aus Karlsruhe, gefällt das allerdings gar nicht. Er schrieb der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer einen Brief, in dem er an die Umsetzung des Rx-Versandverbots erinnert. Die politischen Mehrheiten seien durch den Koalitionsvertrag gesichert, meint Bühler, außerdem stünden auch die Linke und die AfD hinter dem Verbot. Bühler spricht in seinem Brief an AKK auch Spahns Freundschaft zum DocMorris-Vorstand Max Müller an und regt an, Spahns Handeln vor dem Hintergrund der „alten Freundschaft zu Max Müller“ zu hinterfragen. Außerdem könne es nicht sein, so Bühler, dass sich Spahn über die eigene Partei und den Koalitionsvertrag hinwegsetze. Er, Bühler, wisse, dass er auf seine neue Bundesvorsitzende zählen könne. Mein liebes Tagebuch, seine Worte in AKKs Ohr.
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