Laborärzte gegen Apotheken-Diagnostik

Geht es nach Karl Lauterbach, sollen Apotheken künftig unter anderem Cholesterinwerte bestimmen und Blutzucker-Messungen vornehmen, um die Gefahren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Anfängliche Unstimmigkeiten mit Haus- und Fachärzten sieht der Minister seit einem Gespräch am vergangenen Montag gebannt – doch nun schlagen die Laborärzte Alarm: Präventionsdiagnostik in Apotheken sei unnötig und auch qualitativ kritisch.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich zum Ziel gesetzt, Herz-Kreislauf-Erkrankungen früher zu erkennen und dadurch teure medizinische Interventionen zu vermeiden. Zudem sollen Patienten, die die typischen Risikofaktoren aufweisen oder schon einmal einen Schlaganfall oder Herzinfarkt hatten, verlässlich medikamentös therapiert werden. Damit dies gelingt, müssen sich alle Beteiligten zusammentun – nicht zuletzt die Ärzte und Ärztinnen sowie Apothekerinnen und Apotheker. 

Den Apotheken will Lauterbach in diesem Zusammenhang neue Aufgaben „im Rahmen von Vorfelduntersuchungen“ zu den ärztlichen Check-ups zuteilwerden lassen. Das führte zu einem bekannten Abwehrreflex in der Ärzteschaft. Im ersten Impuls warnten die Bundesärztekammer und andere Ärzteverbände bereits vor „Arztpraxen-to-go“ und „Light“-Anlaufstellen. Doch als Lauterbach vergangenen Montag Vertreter:innen der Ärzte- und Apothekerschaft sowie der Kassen geladen hatte, um das weitere Vorgehen zu besprechen, zeigte er sich überzeugt, dass etwaige Missverständnisse ausgeräumt waren.

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Doch nun melden sich die Labormediziner zu Wort und machen deutlich, dass sie gar nichts davon halten, Apotheken als niedrigschwelligen Anlaufstellen für Präventionsdiagnostik zu etablieren. In einem offenen Brief an den Bundesgesundheitsminister erklärt Michael Müller, 1. Vorsitzender des ALM (Akkreditierte Labore in der Medizin e.V.), über drei Seiten hinweg, warum es nicht nur unnötig, sondern auch qualitativ kritisch sei, wenn Apothekerinnen und Apotheker wie derzeit geplant in die Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einbezogen würden.

Keine Qualitätskriterien für Apotheken

Die Früherkennung von wichtigen Stoffwechselerkrankungen gehöre in die Hand der Ärzteschaft, betont Müller in einer zugehörigen Pressemitteilung. Denn während der Gemeinsame Bundesausschuss in einer Richtlinie klar vorgebe, wie unter anderem Nüchternblutzucker- und Fettstoffwechselparameter zu bestimmen und welche Anforderungen dabei an die ärztliche Betreuung zu stellen sind, gebe es für die Apotheken keine Regelungen, die verbindlich einzuhalten seien. Zudem könnten in einer Apotheke zumeist nur In-vitro-Diagnostika zur patientennahen Untersuchung (POCT) verwendet werden. Und für die Laborärzte ist natürlich klar, dass diese in ihrer analytischen Qualität im Vergleich zu den in einem medizinischen Labor verwendeten Methoden nicht als gleichrangig angesehen werden können.

Und so heißt es im Brief an den Minister ganz deutlich: „Aus ALM-Sicht ist mit Blick auf eine bestmögliche Versorgung und insbesondere auch auf die Qualität und Sicherheit der Versorgung von einem POCT-basierten Präventionskonzept mit Einbindung von Apotheken Abstand zu nehmen“. 

Voucher als Alternative

Zudem betont Müller, dass Haus- und Fachärztinnen und -ärzte durchaus in der Lage seien, den Bedarf an Präventionsleistungen sicherzustellen. Falls man wirklich meine, die Arztpraxen entlasten zu müssen, schlägt der ALM vor, die Versicherten mit Vouchern auszustatten, die sie bei einer Blutentnahme in einem fachärztlichen Labor einlösen können.

Nicht zuletzt führen die Laborärzte an, es würde teurer, wenn Apotheken besagte Diagnostik anböten. Die Blutzuckerbestimmung unter POCT-Bedingungen würde von Apotheken in der Größenordnung von etwa 4,00 bis 5,00 Euro privat abgerechnet. Labore hingegen würden mit nur 0,25 Euro vergütet – und das bei optimaler Qualität.


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