Immer mehr RSV-Fälle – worauf Eltern achten müssen

Für Erwachsene ist die Krankheit ungefährlich – doch für Säuglinge und Kleinkinder kann RSV lebensgefährlich werden. Mediziner beklagen aktuell einen rapiden Anstieg der Fälle. Auf welche Symptome Eltern jetzt achten müssen.

Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) führen dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge insbesondere bei Kleinkindern vermehrt zu Erkrankungen und Krankenhauseinweisungen. In den kommenden Wochen sei mit weiter steigenden Zahlen zu rechnen, heißt es im RKI-Wochenbericht zur Entwicklung der Corona-Pandemie von Donnerstagabend. Zudem führten RSV-Infektionen insbesondere bei
Kleinkindern vermehrt zu Erkrankungen und Krankenhauseinweisungen.

Der Kinder-Intensiv- und Notfallmediziner Florian Hoffmann sagte bereits im November zur Entwicklung bei Kleinkindern: „Es ist keine Kurve mehr, sondern die Werte gehen senkrecht nach oben.“

Mit der jahreszeitbedingten Häufung von akuten respiratorischen Virusinfekten bei Säuglingen, einschließlich RSV, kämpft die Charité in Berlin ebenfalls. Die Verantwortlichen schrieben gerade auf Twitter: „Auch die Charité ist derzeit ebenso wie die anderen Kinderkliniken in Berlin deutlich belastet, die Zahl der zu versorgenden Säuglinge steigt. Unsere Stationen, einschließlich der Intensivstation, sind seit mehreren Wochen stark belegt.“ Die Folge: Alle Behandlungen und Operationen, bei denen es möglich ist, werden verschoben. Kinder aus der Notaufnahme in andere Kliniken von Berlin und Brandenburg verlegt.

„Katastrophenzustände“ wegen RS-Virus: In einigen Bundesländern sind die Betten knapp

In mehreren Bundesländern gab es schon Ende November kaum ein freies Kinderbett in Kliniken mehr, sagte Hoffmann, darunter

  • Bayern
  • Nordrhein-Westfalen und
  • Niedersachsen.

Der Generalsekretär der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und Oberarzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München sprach von „Katastrophenzuständen“: Familien mit kranken Kindern müssten teils in der Notaufnahme auf einer Pritsche schlafen. Das sei für Deutschland ein Armutszeugnis. Viele betroffene Kinder seien schwer krank und müssten beatmet werden.

Säuglinge und Kleinkinder sind vom RS-Virus besonders gefährdet

An RSV kann man in jedem Alter erkranken, aber vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern ist der Erreger bedeutsam. Für Erwachsene ist die Infektion meist ungefährlich, viele Kinder überstehen sie ebenfalls gut. Es kann sich um eine einfache Atemwegsinfektion handeln, aber auch schwere Verläufe bis hin zum Tod sind möglich.

Zu Risikopatienten zählt das RKI zum Beispiel

  • Frühgeborene
  • Kinder mit Lungen-Vorerkrankungen
  • Menschen mit Immunschwäche oder
  • Menschen mit unterdrücktem Immunsystem.

Beim RKI heißt es unter Berufung auf Schätzungen, dass RSV-Atemwegserkrankungen weltweit mit einer Inzidenz

  • von 48,5 Fällen pro 1000 Kinder und
  • 5,6 schweren Fällen pro 1000 Kinder

im ersten Lebensjahr vorkommen.

Innerhalb des ersten Lebensjahres hätten normalerweise 50 bis 70 Prozent und bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen waren viele solche Infektionen allerdings zeitweise ausgeblieben.

Diese Alarmzeichen sollten Eltern kennen

„Wenn ein kleines Kind offensichtlich Schwierigkeiten beim Atmen hat, schnell atmet und insbesondere beim Ausatmen giemende Atemgeräusche hat, sind das Alarmsignale“, sagt der Kinderarzt Ulrich Fegeler vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Giemen heißt: Beim Atmen zeigt sich ein pfeifendes, knisterndes oder zischendes Geräusch.

Neben Fieber und Husten ist laut dem Kinderarzt ein weiteres Anzeichen, wenn das Kind müder wirkt, als man es sonst kennt. Auch Probleme beim Füttern sollten Eltern ernstnehmen. So kann es laut Robert-Koch-Institut sein, dass das Kind Nahrung oder Trinken verweigert oder erbricht.

All diese Anzeichen sind Anlass genug, sie vom Kinderarzt oder der Kinderärztin oder gegebenenfalls auch in der Notfallambulanz abklären zu lassen, erläutert der BVKJ. Laut den Experten kann eine RSV-Infektion zu einer Bronchiolitis führen, einer Entzündung der kleinen Bronchien. Die Schleimhäute schwellen dann an, außerdem bildet sich Schleim, der dem Kind das Atmen schwer macht. Eine RSV-Infektion kann auch zu einer Lungenentzündung führen.

„Dramatisches epidemisches Geschehen“

Bereits im Spätsommer 2021 hatte es eine unüblich hohe RSV-Welle gegeben – die Lage aktuell sei aber schlimmer, sagte Hoffmann. Nicht nur in Deutschland, generell auf der Nordhalbkugel gebe es ein „dramatisches epidemisches Geschehen“. Betroffen seien viele Kinder von ein oder zwei Jahren, die – auch angesichts der Corona-Pandemie und der dagegen getroffenen Maßnahmen – bisher keinerlei Kontakt zum RSV hatten, erklärte Hoffmann.

Im aktuellen RKI-Wochenbericht heißt es, die Zahl akuter Atemwegserkrankungen generell sei nach Daten der Online-Befragung „GrippeWeb“ im Vergleich zur Vorwoche erneut deutlich gestiegen. In der Woche bis 27. November lag sie demnach mit gut acht Millionen deutlich über dem Bereich vorpandemischer Jahre.

Dies schlägt sich auch in der Erfassung der mit schweren akuten respiratorischen Infektionen (Sari) neu im Krankenhaus aufgenommener Patientinnen und Patienten nieder: Aktuell werden bedingt durch die ungewöhnlich starke RSV-Zirkulation deutlich mehr Sari-Fälle bei den bis Vierjährigen verzeichnet als in den vorpandemischen Jahren und im Vorjahr, wie es vom RKI hieß. Auch in den folgenden Altersgruppen bis 14 Jahre liegen die Sari-Werte demnach auf einem sehr hohen Niveau.

Mediziner: „Werden diesen Winter nicht mehr alle versorgen können“

Zur Situation in der Kinderintensivmedizin trifft sich die Divi derzeit in Hamburg. Sie diskutieren Forderungen und Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Versorgung schwerstkranker Kinder. „Wir werden diesen Winter nicht mehr alle versorgen können. Die Kollegen landauf landab wissen nicht wohin mit unseren kleinen Patienten“, sagte Hoffmann im Vorfeld. Strukturen zur Bewältigung der Situation seien nicht vorhanden und die vorhandenen Register zur Bettensituation aus Zeitmangel oft nicht aktuell. „Wir müssten nun eigentlich Notfall-Mechanismen aktivieren, zum Beispiel Pflegepersonal aus der Erwachsenenmedizin hinzuziehen.“ Ein Punkt, den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach inzwischen angestoßen hat.

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