Die Restaurants in Deutschland dürfen wieder öffnen. Doch Gastwirte müssen sich an strenge Auflagen halten, die sich je nach Bundesland unterscheiden. Ein Hygiene-Professor aus Berlin bemängelt, dass diese in den meisten Fällen lückenhaft und nicht ausreichend seien.
Endlich wieder essen gehen – die Freude über die Wiedereröffnung der Gastronomie im Land ist groß. Auch bei den Gastwirten, die durch die Schließzeit herbe Verluste hinnehmen mussten. Doch es gibt strenge Auflagen für die Betriebe zur Wiedereröffnung, die eins verdeutlichen – nichts ist so, wie es vorher war.
Dennoch sind die Regelungen in den einzelnen Bundesländern teilweise unterschiedlich. Ein Umstand, für den Hygiene-Professor Klaus-Dieter Zastrow aus Berlin kein Verständnis hat. „Es darf diesbezüglich überhaupt keine Unterschiede geben – es spielt doch keine Rolle, ob ich in Hessen oder in Nordrhein-Westfalen etwas esse oder trinke“, erklärt der Leiter des Hygiene-Institut der Regiomed-Klinken gegenüber FOCUS Online.
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„Alle Gastronomie-Mitarbeiter müssen eine Maske tragen“
So prangert der Fachmann, der unter anderem Hygiene-Konzepte für Krankenhäuser und Großkantinen entwickelt hat, an, dass viele Länderverordnungen lediglich einen Mund-Nasen-Schutz für das Servicepersonal vorsehen. Ob das ausreicht? „Nein, alle Gastronomie-Mitarbeiter müssen eine Maske tragen, das gilt insbesondere auch für das Küchenpersonal“, fordert der Hygiene-Experte. Dieser müsse außerdem alle paar Stunden mit einem frischen Mundschutz ausgetauscht werden.
In Bayern beispielsweise gilt laut Verordnung nur eine Maskenpflicht für Küchenmitarbeiter, wenn die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können. Davon hält Zastrow nicht viel: „Hustet ein Infizierter in der Küche aufs Essen, besteht ein Ansteckungsrisiko für Gäste – dagegen hilft die Abstandsregel nicht.“ Denn auf Speisen, die nicht erhitzt werden wie Salate und kalte Gerichte, könne sich das Virus durchaus halten.
Tische sollten unbedingt desinfiziert werden
Dass in den Verordnungen der Länder häufig nur auf die Anwendung „allgemeiner Hygienebedingungen“ hingewiesen wird, hält Zastrow ebenfalls für gefährlich. „Das ist viel zu unspezifisch, denn viele wissen gar nicht, was das eigentlich im Detail heißen soll“, erklärt er.
- Halten Sie Hygiene- und Abstandsregeln im Restaurant ein
- Speisekarten sollten eingeschweißt und für jeden Gast desinfiziert werden – oder auf Tafeln stehen
- Achten Sie darauf, dass Ihr Tisch für Sie gereinigt, aber am besten desinfiziert wurde
- Auf dem Tisch sollte sich nichts zur gemeinschaftlichen Nutzung befinden wie Salz- und Pfefferstreuer sowie Essig und Öl
- Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte auf rohe Speisen verzichten
- Desinfizieren Sie Ihre Hände vor dem Essen
- Durchgegarte Speisen sind unbedenklich – sofern keine infizierte Person kurz vor dem Servieren auf den Teller hustet
- Auch das Personal sollte Hygieneregeln penibel einhalten und Masken tragen
Es sei beispielsweise dringend nötig, dass Tische nicht nur nach jedem Gast gereinigt, sondern mit einem frischen Lappen desinfiziert werden. Dass manche Verordnungen dagegen eine Desinfektion der Sitzflächen vorsehen, erschließt sich Zastrow nicht. „Wozu soll das denn nützen, wir verbreiten das Virus ja nicht mit dem Hintern“, mokiert er sich.
Geschirr und Besteck muss bei mindestens 70 Grad gespült werden
Ganz dringend sei dagegen eine Desinfektion von Geschirr, Gläsern und Besteck notwendig. „Alles, was mit dem Mund der Gäste direkt oder indirekt in Berührung kommt, muss mit einem desinfizierenden Waschverfahren gereinigt werden.“
Das heißt, dass Gastronomiebetriebe ihre Spülmaschinen bei mindestens 70 Grad laufen lassen und darüber hinaus kein normales, sondern ein desinfizierendes Spülmittel verwenden sollten. „Das ist in Großküchen von Krankenhäusern, Pflegeheimen und Industriebetrieben schon dreißig Jahren der Fall“, erklärt Zastrow. In den meisten Verordnungen komme dies aber gar nicht vor.
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Ausschlaggebend für Gastronomie-Mitarbeiter sei auch die Handdesinfektion. „Ein häufiges Händewaschen reicht nicht aus, die Hände müssen regelmäßig desinfiziert werden“, sagt der Experte. Denn Seife und warmes Wasser töteten seiner Ansicht nach bestenfalls Keime ab, aber reichten gegen Viren nicht aus. Gerade in der Gastronomie, in der ein Verbreitungsrisiko besteht, müssten dafür "begrenzt viruzide" Mittel eingesetzt werden. Diese wirken gegen behüllte Viren wie das Coronavirus, erklärt der Hygiene-Professor.
Einen hundertprozentigen Schutz gibt es nicht
Auch wenn eine Nachbesserung der Corona-Regeln laut Zastrow in vielen Fällen dringend nötig wäre, einen hundertprozentigen Schutz gibt es dennoch nicht. Letztendlich müssten Gäste darauf vertrauen, dass Restaurants alle Auflagen zum Schutz der Mitarbeiter und der Gäste penibel einhalten.
"Ohne Kontrolle geht das aber nicht", mahnt Zastrow. "Die Gesundheitsämter müssen regelmäßig vorbeischauen und bei Verstößen hart durchgreifen", so der Experte.
Wer das Ansteckungsrisiko beim Restaurantbesuch minimieren will, sollte wenn irgendwie möglich einen Blick in die Küche werfen, ob auch dort Masken getragen werden, empfiehlt Zastrow. Außerdem rät er dazu, nur durchgegarte Speisen zu ordern. "Ein Steak medium rare ist kein Problem, aber Tartar würde ich jetzt nicht essen wollen", erklärt Zastrow.
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