Einfluss des Mondes auf den Menstruationszyklus?
Wird der Menstruationszyklus der Frau tatsächlich durch den Mond beeinflusst? Diese Frage wird auch in Wissenschaftskreisen bereits seit längerem diskutiert. Eine neue Studie liefert nun Hinweise für einen solchen Zusammenhang.
Hat der Mond wirklich Einfluss auf den Menstruationszyklus der Frau? Diese Frage wird seit Langem intensiv diskutiert. Eine neue Studie Würzburger Chronobiologinnen und -biologen spricht jetzt für solch einen Einfluss. Allerdings ist es kompliziert.
Veränderung durch moderne Lebensgewohnheiten
Wie es in einer Mitteilung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) heißt, ist sich der Blog „Ladyplanet. Natürlich Frau sein“ sicher: „Unser Zyklus ist an den des Mondes gekoppelt. Die offensichtlichste Verbindung ist die Länge der beiden Zyklen“, ist dort zu lesen.
Zum gegenteiligen Schluss kommt die Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel“: „Die Zykluslänge der Frauen ist ein Durchschnittswert, bei einigen dauert er länger, bei anderen ist er kürzer. Selbst ein und dieselbe Frau kann unterschiedlich lange Zyklen haben. Gäbe es tatsächlich eine Verbindung zum Mond, sollten alle Frauen ihre fruchtbaren Tage zugleich haben“, heißt es dort im Wissensteil.
Was also stimmt nun? Ein Team um die Würzburger Chronobiologin Charlotte Förster, Inhaberin des Lehrstuhls für Neurobiologie und Genetik der JMU, hat nun den Zusammenhang von Mond- und Menstruationszyklus von Frauen mit wissenschaftlichen Methoden unter die Lupe genommen.
Das Ergebnis: Vermutlich waren das menschliche Fortpflanzungsverhalten sowie der Zyklus der Frau noch in der Antike synchron mit dem Mondzyklus, doch moderne Lebensgewohnheiten und künstliches Licht haben diesen Gleichtakt heute weitgehend verändert.
Die Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Science Advances“ veröffentlicht.
Geburtenrate und Mondphase
„Wir kennen viele Tierarten, bei denen das Fortpflanzungsverhalten mit dem Mondzyklus synchronisiert ist, um so den Fortpflanzungserfolg zu erhöhen“, erläutert Charlotte Förster. Da der Menstruationszyklus von Frauen ähnlich lang ist wie der Mondzyklus mit seinen rund 29,5 Tagen, liege der Verdacht nahe, dass es auch bei ihnen einen Zusammenhang gibt.
Dafür sprechen auch eine Reihe weiterer Befunde: So zeigen verschiedene ältere Studien, dass Frauen, deren Zyklen im Gleichtakt mit dem des Mondes schwingen, die höchste Wahrscheinlichkeit haben, schwanger zu werden.
Zwei große Längsschnittstudien weisen laut den Fachleuten eine signifikante Korrelation zwischen Geburtenrate und Mondphase nach, mit einem leichten Anstieg der Geburtenrate bei Vollmond und einer entsprechenden Absenkung zu Neumond.
Und neuere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Geburten bei Vollmond eher in der Nacht stattfinden und bei Neumond eher tagsüber.
Neuer Auswertungsansatz
Um den Einfluss des Mondes auf die menschliche Fortpflanzung zu klären, haben Förster und ihre Kolleginnen und Kollegen aus München, Buenos Aires sowie den USA den Verlauf der Menstruationszyklen von 22 Frauen untersucht, die darüber Tagebuch geführt haben – teilweise über einen Zeitraum von 32 Jahren hinweg.
„Unseres Wissens nach wurde dieser Ansatz zur Auswertung solcher Langzeitdaten bisher noch nicht verwendet“, so Förster. Stattdessen hätten frühere wissenschaftliche Untersuchungen eine große Anzahl von Frauen in ihrer Gesamtheit analysiert, wobei die Ergebnisse verschiedener Frauen, Altersgruppen, Jahre und Jahreszeiten kombiniert wurden.
Drei verschiedene Mondzyklen
Das Team hat die Aufzeichnungen der 22 Frauen jeweils mit dem Mondzyklus korreliert. Wobei „Mondzyklus“ eigentlich eine unzulässige Vereinfachung darstellt. „Wissenschaftlich betrachtet, weist der Mond drei verschiedene Zyklen auf, die seine Helligkeit und die Schwerkraft, mit der er auf der Erde einwirkt, periodisch verändern“, erklärt Förster.
Zum einen gibt es da den Wechsel zwischen Voll- und Neumond, der sich – mit leichten Schwankungen – im Durchschnitt alle 29,53 Tage vollzieht. Zum zweiten kreist der Mond nicht auf einer festen Bahn um die Erde; seine Position schwankt stattdessen relativ zum Äquator. Mal steht er mehr im Norden und mal mehr im Süden. Dieser Zyklus dauert 27,32 Tage.
Der dritte Zyklus ist mit durchschnittlich 27,55 Tagen etwas länger. Dieser ergibt sich aus der Tatsache, dass der Mond auf einer elliptischen Bahn die Erde begleitet und ihr dementsprechend mal näher und mal ferner ist.
All diese Zyklen beeinflussen die Intensität des Mondlichts und die Schwerkraft, die zum Beispiel in den Gezeiten sichtbar wird, auf unterschiedliche Weise.
Zusätzlich stehen sie in Wechselwirkung zueinander und können laut der Mitteilung in größeren Abständen zu besonderen Konstellationen führen, die mit besonderen Phänomen einhergehen, wie etwa einer Sonnenfinsternis, die Teil eines festen Zyklus ist, in dem sich rund alle 18 Jahre eine solche Verdunklung der Sonne wiederholt.
Einfluss auf das Einsetzen der Menstruation
„Alle drei Mondzyklen beeinflussen das Einsetzen der Menstruation bei Frauen“: So lautet das Urteil der Forschenden nach Auswertung der Aufzeichnungen der Studienteilnehmerinnen. Das nächtliche Mondlicht scheint dabei der stärkste Taktgeber zu sein, doch die Gravitationskräfte des Mondes tragen ebenfalls dazu bei.
Natürlich folgen nicht alle Frauen dem Wechsel von Hell und Dunkel am nächtlichen Himmel – und wenn, dann normalerweise auch nur für gewisse Zeiträume. Den Angaben zufolge verläuft die Menstruation im Durchschnitt bei Frauen unter 35 Jahren in knapp einem Viertel der aufgezeichneten Zeit synchron mit dem Voll- oder Neumond.
Bei Frauen jenseits der 35 ist dies im Durchschnitt aber nur noch in knapp einem Zehntel der Zeit der Fall. Doch nicht nur mit dem Alter nimmt die Übereinstimmung von Mond- und Menstruationszyklus ab: Sie scheint auch in dem Maß zu sinken, in dem Frauen des Nachts künstlichen Lichtquellen ausgesetzt sind
Typische „Nachteulen“, die erst spät zu Bett gehen und dementsprechend lange das Licht brennen lassen, zeigen jedenfalls keine offensichtliche Synchronisation mit dem Mond.
„Mit zunehmendem Alter und bei Einwirkung von künstlichem nächtlichem Licht verkürzten sich die Menstruationszyklen“, schreiben die Autorinnen und Autoren über die Studienergebnisse in „Science Advances“.
Und: „Wir nehmen an, dass das menschliche Fortpflanzungsverhalten in der Antike mit dem Mond synchron war, unser moderner Lebensstil jedoch die Fortpflanzungsphysiologie und das Fortpflanzungsverhalten verändert hat.“
Auch Einfluss durch die Schwerkraft
Dass die Synchronisation nur sporadisch auftritt, und sich die Frauen in den Verläufen ihrer Menstruationszyklen voneinander unterscheiden, spricht nach Ansicht des Forschungsteams dafür, dass der Hell-Dunkel-Zyklus des Mondes allein kein starker Taktgeber ist.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler halten es deshalb für wahrscheinlich, dass auch die Schwerkraft die Monatszyklen beeinflusst. „In den zweiten Hälften der Jahre 1961, 1979, 1997 und 2015 waren die Menstruationszyklen von sieben von neun Frauen synchron mit dem Wechsel von Voll- und Neumond“, erläutert Charlotte Förster.
Wie es in der Mitteilung heißt, entspricht dieser Intervall von 18 Jahren exakt dem Rhythmus, in dem sich die drei Mondzyklen zu ganz besonderen Konstellationen kombinieren. Diese Konjunktion könnte die Stärke des Mondes als Taktgeber demnach verstärkt haben.
Die Beobachtung, dass die Schwerkraft Menschen einen Rhythmus vorgibt, könnte erklären, warum bestimmte Zyklen, wie zum Beispiel Menstruation, aber auch Schlafbeginn und Schlafdauer, vorübergehend entweder an den Vollmond oder den Neumond gekoppelt sind: In beiden Phasen ist der Einfluss der Schwerkraft des Mondes auf die Erde ähnlich groß.
Effekte der Schwerkraft könnten auch die Beobachtung einer Studie erklären, der zufolge sowohl der Schlafbeginn als auch die Schlafdauer von Studierenden mit dem Mondzyklus synchron laufen – obwohl sie in Seattle leben, einer Stadt, die auch nachts so hell ist, dass das Mondlicht kaum wahrnehmbar ist.
Eingeschränkte Aussagekraft der Studie
Für Förster und ihre Kolleginnen und Kollegen legen all diese Beobachtungen den Schluss nahe, dass der menschliche Organismus nicht nur auf schnelle Änderungen der Schwerkraft, wie sie das Gleichgewichtssystem wahrnimmt, reagieren kann, sondern auch auf langsame, periodisch wiederkehrende Gravitationsänderungen.
Dabei sind sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler allerdings der eingeschränkten Aussagekraft ihrer Studie aufgrund der relativ geringen Anzahl der untersuchten Frauen bewusst.
Die Hoffnung der Forschenden richtet sich deshalb auf den Einsatz so simpler wie moderner Technik: einer Handy-App. Damit werde es möglich, die Beziehung von Menstruations- und Mondzyklen sowie den Einfluss von künstlichem Licht bei einer großen Anzahl von Frauen auf der ganzen Welt zu untersuchen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Quelle: Den ganzen Artikel lesen