Die Versorgung mit Medizinalcannabis muss sicherer und weniger bürokratisch werden. Das fordert ein Bündnis aus Cannabis-Fachverbänden, die sowohl Patient:innen, Ärzt:innen, Apotheker:innen und die Cannabiswirtschaft vertreten. Im Zuge der Legalisierung von Genuss fordern sie, das „Cannabis-als-Medizin Gesetz“ entsprechend zu novellieren.
Seit März 2017 können Ärztinnen und Ärzte unter bestimmten Voraussetzungen Medizinalcannabis auf Kassenkosten verordnen. Im März dieses Jahres hat dann der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in einem Beschluss zur Aufnahme von Medizinalcannabis in die Arzneimittel-Richtlinie die Details zu diesen Verordnungen geregelt. Dieser Beschluss fußt auf den Ergebnissen einer Begleiterhebung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zum Einsatz von Medizinalcannabis sowie den in einem Stellungnahmeverfahren gewonnenen Erkenntnissen. In Kraft getreten ist der Beschluss zwar noch nicht, aber dies dürfte in Kürze bevorstehen.
Schon anlässlich des G-BA-Beschlusses hatten sich acht Cannabis-Fachverbände zusammengetan und weiteren Reformbedarf angemeldet. Darunter der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA), der Bund Deutscher Cannabis-Patienten (BDCan), die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM), und der Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW).
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Die Verbände hatten im vergangenen März auch ein gemeinsames Positionspapier mit Handlungsempfehlungen angekündigt. Dieses haben sie nun vorgelegt. Ihre Basis ist dabei der G-BA-Beschluss sowie das im vergangenen Herbst vorgelegte Eckpunktepapier der Bundesregierung zur kontrollierten Cannabisabgabe an Erwachsene. Kürzlich war zwar auch ein Entwurf für ein Cannabis-Gesetz von Ende April bekannt geworden. Dieser sieht in dem neu zu schaffenden Gesetz ein eigenes Kapitel für Medizinalcannabis vor. Zudem sollen Medizinalcannabis, das pflanzlichen Ursprungs ist, sowie synthetisch hergestellte Cannabinoide, die der natürlichen Wirkstoffgruppe, der in der Pflanze vorkommenden Cannabinoide entsprechen, nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz unterfallen. Da dieser Entwurf nicht offiziell veröffentlicht wurde, beziehen sich die Verbände jedoch noch auf die Eckpunkte.
Fünf Kernforderungen
Das Positionspapier enthält fünf Kernforderungen für die aus Sicht der Verbände notwendige Novellierung des Cannabis-als-Medizin-Gesetzes:
● Der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei der Kostenübernahme für eine Therapie mit Cannabisarzneimitteln ist abzuschaffen oder anzupassen.
● Medizinalcannabis ist aus dem Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes herauszunehmen.
● Der rechtliche Rahmen für Cannabisarzneimittel muss bundesweit vereinheitlicht werden.
● Die nationale Förderung von Forschungsvorhaben für Cannabis-Therapien ist auszubauen.
● Die flächendeckende und vorrangige Versorgung von Patientinnen und Patienten mit qualitätsgesicherten Cannabisarzneimitteln ist sicherzustellen.
Keine Abwanderung in die „unbetreute Selbstmedikation“
Die Verbände sehen die Gefahr, dass durch die Legalisierung von Genusscannabis Patienten in den „Freizeitmarkt“ verdrängt werden könnten. „Eine medizinische Therapie sollte durch Ärztinnen und Ärzte durchgeführt werden“, betont Franjo Grotenhermen von der ACM in einer Pressemitteilung der acht Verbände. Allerdings: Solange der überwiegende Anteil bedürftiger Patientinnen und Patienten nicht über das Gesundheitssystem versorgt werde, sei die Möglichkeit des Eigenanbaus zu begrüßen – immerhin kämen die Betroffenen so aus der Illegalität. Armin Prasch vom Wirtschaftsverband BvCW erklärte, dass die Verschreibung von Medizinalcannabis deutlich erleichtert werden müsse, da sonst eine „Abwanderung in die unbetreute Selbstmedikation“ drohe.
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VCA-Geschäftsführerin Christiane Neubaur verspricht, sich für die Festlegung einer bundesweit anerkannten Identitätsprüfung von Medizinalcannabis einzusetzen. Ebenso müssten die mikrobiellen Qualitätsanforderungen von Medizinalcannabisblüten zum Schutze der Patient:innen festgelegt werden.
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