In der Apothekenbranche dreht sich derzeit sehr viel ums E-Rezept: Apotheker, Softwarehersteller, Rechenzentren, Versender und andere Akteure bereiten sich auf die technischen Umstellungen vor und hoffen auf neue Marktchancen. Damit eine digitale Verordnung überhaupt in der Apotheke landet, muss sie vom Arzt aber erst einmal erzeugt werden. Und KBV-Experte Sebastian John stellte bei einer Fachkonferenz am gestrigen Mittwoch in Berlin klar: So richtig sehen die Ärzte noch keinen Mehrwert im E-Rezept, insbesondere die elektronische Signatur könnte zur „Sollbruchstelle“ werden.
Damit die Apotheker in Deutschland flächendeckend das E-Rezept und andere digitale Anwendungen empfangen, abrufen und bearbeiten können, müssen sie sich bis zum 30. September 2020 an die Telematikinfrastruktur (TI) anschließen. Die Ärzte mussten dies bereits bis zum 30. Juni dieses Jahres erledigt haben, wobei nur etwa 120.000 der rund 170.000 Vertragsärzte und -psychotherapeuten die TI-Anbindung bislang vollzogen haben. Rein technisch gesehen haben zumindest die meisten Arztpraxen in Deutschland damit aber schon den größten Schritt zum E-Rezept bewältigt.
Doch in der Ärzteschaft gibt es andere Probleme mit den digitalen Verordnungen, wie Sebastian John, Leiter des Bereichs Sicherstellung bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), am gestrigen Mittwoch bei einer Fachkonferenz des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH) klarstellte. Für den Patienten sieht John einen klaren „Gewinn an Versorgungsmöglichkeiten“. Was die Ärzteschaft betrifft, ist sich der KBV-Experte aber nicht so sicher. Man müsse „ein Fragezeichen setzen“, ob es in den Praxen überhaupt zu einer Entbürokratisierung führe, so John.
KBV: Die elektronische Signatur könnte zur Sollbruchstelle werden
Denn der Gedanke, dass es ab dem 1. Juli 2020, also nach Veröffentlichung der Gematik-Spezifikationen zum E-Rezept, keine Papierrezepte mehr gebe, sei falsch. Es werde weiterhin viel „Zettelwirtschaft“ geben in den Arztpraxen, so John. Die größte Sorge der KBV dreht sich aber um die Signaturen. Das Problem: die sogenannte „Qualifizierte elektronische Signatur“, also die digitale Signatur, mit der die Mediziner die Verordnungen unterzeichnen müssen. Beim derzeitigen Technik-Stand müsse sich der Arzt für jede Signatur mit einer sechsstelligen PIN-Nummer neu ins System einloggen und jede Verordnung einzeln unterzeichnen. Das koste bis zu 20 Sekunden pro Vorgang, erklärte John.
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John beschwerte sich darüber, dass die technischen Alternativen dazu noch zu lange auf sich warten lassen. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2020 solle es die „Stapelsignatur“ geben, bei der die Mediziner sich einmal einloggen und im Nachhinein, also nach dem Patientenbesuch, bis zu 250 Rezepte auf einmal signieren. Wirklich entspannen könne sich die Lage laut John nur mit der „Komfortsignatur“, bei der sich der Arzt einmal einlogge und die elektronische Signatur ohne erneute PIN-Eingabe für die nächsten 250 Rezepte möglich sei. Laut John ist aber offen, wann die Komfortsignatur eingeführt werden kann. Offenbar hängt die Bewertung des E-Rezeptes durch die Ärzteschaft unmittelbar mit dieser Komfortsignatur zusammen. John nannte das Thema eine „Sollbruchstelle“. Die Komfortsignatur werde „zentral für die Akzeptanz in der Ärzteschaft“ sein.
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