Die Impfung gilt als wichtigstes Mittel, um das Coronavirus im Zaum zu halten. Umso mehr Leute geimpft sind, desto weniger Angriffsfläche findet das Virus, und es kann sich nicht weiter ausbreiten. Doch die Delta-Variante spielt nach eigenen Regeln. Es mehren sich die Hinweise, dass sich Delta auch über Geimpfte verbreitet und das weitaus häufiger als es bei anderen Varianten der Fall war. Genährt wird diese Vermutung durch Studienergebnisse, die Forschende der Universität Oxford am Donnerstag veröffentlichten.
Die frohe Botschaft zuerst: Menschen, die mit zwei Dosen des Impfstoffs von Biontech/Pfizer oder Astrazeneca geimpft wurden, sind gut gegen die Delta-Variante geschützt. Es gibt allerdings gleich zwei Wermutstropfen. Zum einen stellten die Forschenden fest, dass die Wirksamkeit nicht gleichbleibend gut ist, sondern mit der Zeit abnimmt. Dies ist schon länger bekannt. Beobachtet wurde das unter anderem in Israel. Bestimmte Personengruppen können daher in Deutschland eine sogenannte Booster-Impfung erhalten. (Mehr über Booster-Impfungen lesen Sie hier)
Nicht nur Trump-Anhänger und Fanatiker
Warum sich viele US-Amerikaner einfach nicht impfen lassen
Obendrein fanden die Forschenden bei Geimpften, die sich mit Delta infizierten, aber auch eine ähnlich große Viruslast wie bei Ungeimpften. Zwar sei die Wahrscheinlichkeit einer Infektion bei vollständig Geimpften immer noch geringer, kommt es aber dennoch zu einer Infektion, könnten diese Menschen ebenso ansteckend sein wie Ungeimpfte.
Die Hinweise mehren sich
Die Forschenden hatten im Rahmen der Studie Ergebnisse von mehr als drei Millionen Nasen- und Rachenabstrichen bei Erwachsenen in Großbritannien untersucht. Die Studie ist bislang nur als Preprint erschienen und wurde noch nicht von unabhängigen Gutachtern geprüft.
Fakten und Kurioses
Ob Biontech oder Astrazeneca – kennen Sie sich mit den Impfstoffen aus? Testen Sie Ihr Wissen im Quiz!
Dass ein Teil der Geimpften das Virus übertragen kann, darauf deuten auch Daten aus den USA hin. "Menschen, die ein Delta-Virus und zufällig eine Durchbruchinfektion haben, können wirklich hohe Virusmengen in sich tragen und das Virus unwissentlich an andere weitergeben", zitiert "Spektrum" David O'Connor, Virologe an der University of Wisconsin-Madison. O'Connor und Team führten im Juni und Juli eine Studie zu Viruslasten durch mit Werten von 719 Personen. Dabei kamen auch sie zu dem Ergebnis, dass Geimpfte das Virus verbreiten können. Unklar allerdings sei, wie groß deren Anteil an der Gesamtverbreitung in der Gesellschaft sei. Diese Studie wurde ebenfalls noch nicht von unabhängigen Gutachtern geprüft.
In Houston in Texas hat sich ein Forscherteam das Verhältnis von Geimpften und Ungeimpften unter den Delta-Fällen genauer angesehen. Der Anteil der infizierten Geimpften lag bei 17 Prozent und. Gezählt wurden fast dreimal so viele Impfdurchbrüche als bei allen anderen Varianten zusammen. Auch dort stellten die Forschenden vergleichbare Viruslasten bei Geimpften und Ungeimpften fest.
Weitere Schutzmaßnahmen nötig
Kein Impfstoff schützt zu 100 Prozent. Impfdurchbrüche sind daher immer möglich. (Mehr über Impfdurchbrüche lesen Sie hier) Dass die Risiko einer Infektion mit der Delta-Variante trotz Impfung höher sein könnte als bei anderen Corona-Varianten, darauf deutete bereits unter anderem eine Auswertung der "New York Times" hin mit Daten aus sieben US-Bundesstaaten. In den vergangenen Wochen machten Durchbruchinfektionen in sechs der Staaten zwischen 18 und 28 Prozent der gemeldeten Fälle aus, in Virginia waren es 6,4 Prozent. Der Anteil der Geimpften, die aufgrund der Infektion im Krankenhaus behandelt werden musste, lag zwischen 12 und 24 Prozent.
Die Corona-Impfung reduziert das Risiko, sich zu infizieren, in den meisten Fällen schützt sie vor schweren Verläufen und Todesfällen. Dennoch birgt jede Infektion eine Gefahr. Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken bleiben damit auch für Geimpfte weiterhin eine wichtige Säule im Kampf gegen das Virus – nicht nur für den Einzelnen, sondern auch um andere nicht anzustecken.
Quelle: Oxford-Studie, Wisconsin-Studie, Spektrum, New York Times
Quelle: Den ganzen Artikel lesen