Darmflora: Sind Darmtests für zuhause wirklich sinnvoll? – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

Darmtests für zuhause: Top oder Flop?

Vor allem im Internet wird häufig für Darmtests für zuhause geworben, die die Möglichkeit bieten sollen, die persönliche Darmgesundheit zu erforschen, ohne lange auf einen Arzttermin warten zu müssen. Diese Tests, die auch in Apotheken erhältlich sind, sind oft sehr kostenintensiv. Sind sie wirklich sinnvoll?

Egal ob bei Bauchschmerzen, Übergewicht oder permanenter Müdigkeit – seit einiger Zeit versprechen verschiedene Darmtests für zuhause, erhältlich in Apotheken oder dem Internet, Unterstützung bei der Diagnose und Behandlung von Beschwerden. Doch wie sinnvoll sind diese Tests?

Einfluss auf die Gesamtgesundheit

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass eine gesunde und vielfältige Darmflora einen wesentlichen Einfluss auf unsere Gesamtgesundheit hat. Wenn der Darm in Schieflage gerät, stellen sich oft Symptome wie permanente Müdigkeit, Bauchschmerzen oder Blähungen ein.

Darmtests aus Apotheken oder dem Internet sollen bei der Diagnose und Behandlung solcher Beschwerden helfen. Und das ganz bequem von zuhause.

Wie der VerbraucherService Bayern in einer aktuellen Mitteilung schreibt, soll das Ergebnis zu einer personalisierten Ernährungsempfehlung führen, welche die gesundheitsfördernden Darmbakterien stärkt und dadurch vor Krankheiten schützt oder vorhandene Beschwerden lindert. Die Fachleute erklären, ob diese Tests sinnvoll sind.

Zusammensetzung der Darmflora

Mikrobiota (Darmflora) bezeichnet die Gesamtheit der Darmkeime. Dies sind ungefähr 100 Billionen Keime, die etwa ein bis zwei Kilogramm wiegen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen seit einiger Zeit an der Zusammensetzung der Mikrobiota und versuchen, Zusammenhänge mit Krankheiten zu analysieren.

Aktuell gibt es zwar schon Hinweise, dass eine Vielzahl von Erkrankungen gleichzeitig mit einer Veränderung der Keimzusammensetzung einhergeht, allerdings sind sich die Fachleute noch uneinig, wie eine optimale Mikrobiota aussieht.

Artenvielfalt der Darmkeime verändert

„Durch Studien ist inzwischen bekannt, dass bei verschiedenen Krankheiten wie chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, dem Reizdarmsyndrom oder Adipositas die Artenvielfalt unserer Darmkeime, der sogenannten Mikrobiota, verändert ist“, erklärt Gisela Horlemann, Ökotrophologin beim VerbraucherService Bayern im KDFB e.V. (VSB) in einer Mitteilung.

„Bei Übergewicht ist oft das Verhältnis der Firmicutes zu den Bacteroidetes verschoben, sodass mehr der ‚schlechten‘ Firmicutes-Bakterien vorhanden sind, die mehr Kalorien aus der Nahrung abspalten“, so die Expertin.

Den Fachleuten zufolge kann sich hierdurch die Energieaufnahme bei gleicher Ernährung auf bis zu 150 Kalorien pro Tag steigern.

Kosten werden nicht von den Krankenkassen übernommen

Zahlreiche Hersteller werben damit, unabhängig von Arztbesuchen herauszufinden, wie die Zusammensetzung der eigenen Mikrobiota aussieht und wie es dem Darm geht. Angeboten werden unterschiedliche Tests, die entweder die Zusammensetzung der Mikrobiota, Pilze oder spezielle Marker untersuchen.

Zu letzteren zählt laut dem VerbraucherService der Botenstoff Zonulin, der herangezogen wird, um ein Leaky-Gut-Syndrom (Durchlässigkeit der Darmschleimhaut) zu erkennen.

Den Angaben zufolge stellt die Mikrobiomanalyse die aufwändigste und teuerste Untersuchung dar. Wie die Fachleute erklären, wird hier mithilfe der Molekulargenetik die Bakterien-DNA bestimmt, sodass sowohl die Anzahl als auch die Arten der Bakterien in der Stuhlprobe genau zu ermitteln sind.

Die Kosten für die Darmtests, die sich auf bis zu mehreren hundert Euro belaufen, werden nicht von den Krankenkassen übernommen.

Die Firmen weisen darauf hin, dass die Selbsttests keine ärztliche Diagnose ersetzen und die Anwendenden bei negativem Ergebnis in jedem Fall eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen sollen.

Vielfalt der Darmbakterien bestimmen

Wie der VerbraucherService weiter erklärt, lässt sich durch die Analyse die Vielfalt der Darmbakterien bestimmen. Bei geringer Artenvielfalt empfiehlt sich eventuell eine ballaststoffreichere Lebensmittelauswahl.

Die Forschungsergebnisse reichen allerdings noch nicht aus, um personalisierte Ernährungsempfehlungen auszusprechen, da die optimale Zusammensetzung der Mikrobiota noch nicht ausreichend bekannt ist.

Problematisch bei Selbsttests ist zudem die begrenzte Haltbarkeit der Probe. Zu achten ist auf die Zustellungsdauer zum Labor, weil das Probenmaterial nicht zu lange unterwegs sein darf.

Neben dem Ergebnis bewerben die Testfirmen oft auch passende Nahrungsergänzungsmittel oder Bakterienstämme und liefern Ernährungspläne mit.

Sinnvolle Untersuchungsmöglichkeiten

Einige Untersuchungsmöglichkeiten erweisen sich als durchaus sinnvoll, doch sollte sie eine Ärztin oder ein Arzt durchführen. Dabei übernimmt die Krankenkasse dann auch teilweise oder komplett die Kosten.

Zu sinnvollen Untersuchungen zählen unter anderem der pH-Wert, die Diagnose von Entzündungen der Darmschleimhaut wie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa).

Und im Rahmen der Darmkrebsvorsorge wird der Test auf okkultes, nicht sichtbares Blut im Stuhl durchgeführt. Bei Verdacht auf Parasiten oder Magen-Darm-Infekte gibt es ebenfalls geeignete Stuhluntersuchungen.

Fachgesellschaft rät von den Tests ab

„Nach aktuellem Wissensstand ist eine Mikrobiomanalyse derzeit nicht notwendig, um Krankheiten zu diagnostizieren und zu behandeln“, so das Fazit von Horlemann.

Zur Diagnostik und dem Empfehlen einer individuellen Ernährungsweise bei Erkrankungen, sind neben einer Mikrobiomanalyse weitere Laborwerte wie beispielsweise Cholesterin- oder Blutzuckerwerte notwendig.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) rät von Mikrobiomanalysen ab.

Diesen Tests fehle derzeit die wissenschaftliche Grundlage, so die Fachleute. (ad)

Autoren- und Quelleninformationen

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.

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