Rückgang der kognitiven Fähigkeiten bei Babyboomer-Generation
Über Jahrzehnte ist die kognitive Leistungsfähigkeit der Menschen kontinuierlich gestiegen, doch könnte sich nun ein Trendwende abzeichnen. Laut einer aktuellen Studie aus den USA hat die Generation der Babyboomer bei einem Test der kognitiven Fähigkeiten erstmals weniger Punkte erzielt als frühere Generationen.
Die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten über die Generationen hinweg war bisher von einem positiven Trend geprägt, der mit der Generation der Babyboomer jedoch erstmals durchbrochen wird, so das Ergebnis der Untersuchung von Professor Hui Zheng von der Ohio State University. Veröffentlicht wurden die Studienergebnisse in dem Fachmagazin „The Journals of Gerontology: Social Sciences“.
Kognitive Fähigkeiten zuvor stets gestiegen
Bisher sind die durchschnittlichen Kognitionswerte von Erwachsenen im Alter von 50 Jahren und älter von Generation zu Generation gestiegen, beginnend mit der Generation, die zwischen 1890 und 1923 geboren wurde und bis hin zu der Generation der Kriegsgeborenen (geboren 1942-1947), erläutert Prof. Zheng. Wie es sich mit der Generation der Babyboomer verhält, hat der Forscher nun anhand der Daten von 30.191 Amerikanern aus der „1996-2014 Health and Retirement Study“ untersucht.
Babyboomer mit einer Trendumkehr
Die Teilnehmende im Alter ab 51 Jahre wurden alle zwei Jahre befragt und getestet, wobei auch kognitive Tests Teil der Untersuchungen waren. Anhand der Datenauswertung wurde deutlich, dass die ermittelten Kognitionswerte in der frühen Baby-Boomer-Generation (geboren 1948-1953) erstmals zu sinken begannen und in der mittleren Baby-Boomer-Generation (geboren 1954-1959) noch weiter zurückgingen.
Alle Bevölkerungsgruppen betroffen
„Es ist schockierend, diesen Rückgang der kognitiven Funktionen bei den Babyboomern zu sehen, nachdem die Testergebnisse über Generationen hinweg gestiegen sind“, betont Prof. Zheng. Besonders auffällig sei zudem, „dass dieser Rückgang bei allen Gruppen zu beobachten ist: bei Männern und Frauen, bei allen Rassen und Ethnien und über alle Bildungs-, Einkommens- und Vermögensniveaus hinweg.“
Andere Forschungsarbeiten hatten bereits gezeigt, dass die allgemeinen Sterblichkeits- und Krankheitsraten bei den Babyboomern zugenommen haben, wobei jedoch hochgebildete und wohlhabende Personen meist verschont blieben. So sei es besonders überraschend, in der neuen Studie „kognitive Rückgänge in allen Bevölkerungsgruppen zu sehen“, berichtet Prof. Zheng. Die Rückgänge seien bei den Wohlhabendsten und am höchsten Gebildeten nur geringfügig geringer gewesen.
Was ist der Grund für den Rückgang?
Es bleibt die Frage, was bei den Babyboomern den Rückgang der kognitiven Fähigkeiten bewirkt hat. Auch dies hat Prof. Zheng versucht anhand der vorliegenden Daten zu klären.
„Die relevantesten Faktoren, die in der Studie mit niedrigeren kognitiven Werten bei den Babyboomern in Verbindung gebracht werden konnten, waren geringerer Wohlstand, ein höheres Maß an Einsamkeit und Depression sowie mangelnde körperliche Aktivität und Fettleibigkeit“, berichtet die Ohio State University in einer Mitteilung zu den aktuellen Studienergebnisse.
Weitere signifikante Faktoren, die zu einem Rückgang der kognitiven Fähigkeiten beigetragen haben, waren psychische Probleme und kardiovaskuläre Risikofaktoren wie ein Schlaganfall, Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Diabetes. Nichts zuletzt wurde ein eheloses Leben mit geringeren kognitiven Fähigkeiten in Zusammenhang gebracht, allerdings galt dies auch für Personen mit mehr als einer Ehe im Leben.
Weiterer Rückgang in kommenden Generationen?
Die Sorge von Professor Zheng ist, dass sich der festgestellte Trend auch in den kommenden Generationen fortsetzen wird. Zudem könnten die kognitiven Funktionen der 50- bis 60-jährigen Menschen mit der Wahrscheinlichkeit einer Demenzerkrankung im Alter zusammenhängen, so dass die Erkrankungsraten in der Generation der Babyboomer steigen würden. Damit würde der ohnehin erwartete Anstieg der Demenzerkrankung noch deutlich höher ausfallen, als bisher prognostiziert. Zumindest für die USA deute die aktuelle Studie „darauf hin, dass es in kommenden Jahrzehnten schlimmer kommen wird, als wir erwartet haben“, resümiert Professor Zheng. (fp)
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