Vergangene Woche wurde einem jungen Mann ein Schadenersatz von 8 Milliarden Dollar (7,3 Mrd. Euro) zugesprochen. Verklagt hatte er den Pharmakonzern Johnson & Johnson (J&J), dem vorgeworfen wird, verschwiegen zu haben, dass beim Antipsychotikum Risperdal (Risperidon) Gynäkomastie als Nebenwirkung auftreten kann. Doch verursacht der Wirkstoff diese Nebenwirkung überhaupt und machen das alle Antipsychotika gleichermaßen?
Hat Johnson & Johnson Ärzte tatsächlich nicht umfassend über die Nebenwirkungen von Risperdal, einem atypischen Neuroleptikum mit dem Wirkstoff Risperidon, informiert? Eine Geschworenenjury war der Ansicht, das sei nicht der Fall gewesen und sprach einem Kläger deswegen vergangene Woche in Philadelphia Schadenersatz von in Höhe von 8 Milliarden Dollar (7,3 Milliarden Euro) zu. Der Mann, der heute 26 Jahre alt ist, hatte das Arzneimittel im Alter von neun Jahren off-Label verschrieben bekommen. Es sollte gegen Schlafstörungen helfen, an denen er im Zusammenhang mit Autismus litt. Bei ihm war aber eine Gynäkomastie aufgetreten. Über dieses Risiko sah sich der Kläger nicht ausreichend informiert. Johnson & Johnson hingegen bezeichnete das Urteil als „in grober Weise unangemessen“ und kündigte an, es anzufechten. Die Anwälte des Klägers hätten nicht bewiesen, dass die Probleme wirklich auf das Medikament zurückzuführen sind, kritisierte der Pharmakonzern unter anderem.
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Hyperprolaktinämie verursachen alle klassischen und einige atypische Antipsychotika
Diesen Beweis endgültig zu erbringen, wird wohl kaum gelingen. Allerdings gibt es gute Evidenz dafür, dass das Antipsychotikum für die Vergrößerung des Drüsengewebes an der Brust verantwortlich sein könnte, was der Gynäkomastie zugrunde liegt. Ursächlich ist eine Erhöhung des Prolaktin-Spiegels und für die sind Antipsychotika bekannt – bei den klassischen gilt das für alle. Aber auch einige der atypischen, darunter neben Amisulprid auch Risperidon und dessen aktiver Hauptmetabolit Paliperidon sowie Olanzapin, verursachen eine Gynäkomastie, aber nur zu Beginn der Behandlung. Diese Wirkstoffe haben eine ausgeprägte Blockade der D2-Dopamin-Rezeptoren gemeinsam. Die ist maßgeblich verantwortlich für die antipsychotische Wirkung, aber eben auch für Nebenwirkungen, wie die bei den Antipsychotika gefürchteten extrapyramidal-motorischen Störungen (EPMS), aber eben auch die Hyperprolaktinämie. Über viele Jahre hinweg galt gar der Grundsatz, dass eine gute antipsychotische Wirkung unweigerlich mit diesen beiden unerwünschten Wirkungen verknüpft sein muss. Lange Zeit war Clozapin das einzige Antipsychotikum, das sich mit diesem Grundsatz nicht vereinbaren ließ – heute kennt man auch einige andere.
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